Assistenzhunde können auch Menschen im Rollstuhl helfen. Foto: dpa/Talpa Germany

Hunde dürfen eigentlich nicht ins Krankenhaus oder in den Supermarkt. Außer, es sind Assistenzhunde. Aber das weiß noch nicht jeder Mitarbeiter. Da gibt es schnell mal Ärger.

Annette Schwab (Name geändert) liegt mit gebrochenen Beinen in der Unfallchirurgie des Ludwigsburger Krankenhauses und freut sich schon seit Tagen auf den Besuch einer Freundin aus Stuttgart. Diese ist blind, mit ihrem Blindenführhund aber dennoch mobil. Doch statt des erwarteten Besuchs kommt ein Anruf übers Handy. Schwabs Freundin steht vor dem Krankenhaus und wird nicht reingelassen – weil sie einen Hund dabeihat. Und Hunde, so sagt man ihr, seien in einem Krankenhaus nicht zugelassen.

Der Fall ist schon ein paar Jahre her. Heute dürfte so etwas zum Glück kaum noch vorkommen. Claudia Lychacz, die Beauftragte des Landkreises Ludwigsburg für Menschen mit Behinderung, erklärt die Sachlage: „Ein Blindenführhund gilt rechtlich als Hilfsmittel und darf überallhin mitgenommen werden, auch in Supermärkte, Arztpraxen, die Notaufnahme, Restaurants oder andere öffentlich zugängliche Bereiche. Man nimmt einer gehbehinderten Person ja auch nicht am Eingang den Rollstuhl weg.“

Assistenzhunde müssen in öffentlichen Bereichen geduldet werden

Mehr noch: Seit dem 1. Juli 2021 dürfen außer Blindenführhunden auch sogenannte Assistenzhunde in Bereiche mitgenommen werden, wo normale Hunde draußen bleiben müssen. Grundlage ist der §12 e des Behindertengleichstellungsgesetzes, wonach Menschen mit Behinderung der Zutritt nicht wegen der Begleitung durch den Assistenzhund verweigert werden darf.

Nun haben viele schon von Blindenführhunden gehört, Assistenzhunde sind hingegen weniger bekannt. Denn Hund und Mensch wirken meist nicht nicht anders als normale Hunde und ihre Halter, weil die Vierbeiner oft nur ein Halstuch umhaben, das sie kennzeichnet, und auch ihren Besitzern sieht man ihre Erkrankung wie etwa Diabetes oder Epilepsie nicht an. Doch ihre speziell ausgebildeten und geprüften Hunde können warnen, wenn eine Unter- oder Überzuckerung oder ein epileptischer Anfall drohen, und sind daher unverzichtbare Begleiter. Eine Sonderstellung innerhalb der Assistenzhunde nimmt der Autismushund ein, der zugleich Therapie- und Assistenzhund ist.

Über Assistenzhunde wissen die wenigsten Bescheid

Die RKH-Kliniken, zu denen das Krankenhaus in Ludwigsburg gehört, stünden hinter dieser Gesetzesvorgabe, sagt Pressesprecher Alexander Tsongas. Dennoch könne es im Einzelfall vorkommen, dass nicht jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin diese auch kenne. Die Regel sei das aber nicht und solle es auch nicht sein.

Dass das Wissen über Assistenzhunde fehlt, ist generell nicht ungewöhnlich. Auch in der Presseabteilung des Klinikums Stuttgart war zunächst nicht bekannt, dass es außer Blindenführhunden noch andere Assistenzhunde gibt. Doch sie sind in den zum Klinikum gehörenden Häusern erlaubt, sagt Professor Jan Steffen Jürgensen, Vorstandsvorsitzender des Klinikums Stuttgart. „Auch in die Notaufnahme können Assistenzhunde, wenn erforderlich, den Patienten begleiten.“ Ausnahmen würden für besonders sensible Bereiche wie beispielsweise Intensivstationen gelten. Außerdem lege der Hygieneplan fest, dass Räume, in denen Lebensmittel verarbeitet werden, ebenso tabu für die Vierbeiner sind wie welche mit Teppichboden.

Die speziell ausgebildeten Tiere sind kein Hygienerisiko

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat sich eindeutig zum Thema geäußert. Durch die speziell ausgebildeten und geprüften Hunde bestehe kein Hygienerisiko. Das haben auch das Robert-Koch-Institut und das Bundesgesundheitsministerium bestätigt. Selbst das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat festgestellt, dass Assistenzhunde eine Ausnahme von der europäischen Lebensmittelhygiene-Verordnung darstellen. In Operationssäle oder spezielle Bereiche wie Radiologie dürfen die Vierbeiner natürlich trotzdem nicht – aber da ist es auch nicht nötig.

Abgesehen von der Frage der Hygiene, die sich auch einige Patienten stellen dürften, wenn sie einen Hund im Krankenhaus sehen: Solche Assistenzhunde gehören eher zu den größeren Vierbeinern. Und es gibt durchaus Menschen, die Angst haben vor Hunden oder auch eine Allergie. Mit respektvollem Dialog auf beiden Seiten und Rücksichtnahme lässt sich aber auch das regeln, bestätigt Sonja Molet, die mit ihrem Blindenführhund schon mehrfach im Klinikum Ludwigsburg war.

Am RKH-Klinikum legt man jedenfalls nun großen Wert auf die Feststellung, dass Assistenzhunde willkommen seien. Und Brigitte Belzhuber, die für inklusive Fragen zuständig ist, verspricht: „Zum ambulanten Bereich gehören künftig Assistenzhunde mit dazu.“

Assistenzhunde und Therapiehunde – wo ist der Unterschied?

Assistenzhunde
 Die Tiere lernen in einer besonderen Ausbildung speziell für einen Menschen Aufgaben, die sie für diesen übernehmen, beispielsweise das Anzeigen von Türklingeln oder das Aufheben von Gegenständen. Manche Hunde bemerken auch, wenn sich ein Anfall anbahnt, etwa bei Menschen, die unter Asthma oder Epilepsie leiden, oder merken rechtzeitig, wenn bei Diabetikern der Blutzuckerspiegel gefährlich aus der Norm bewegt. Es gibt auch Hunde, die die Mobilität unterstützen oder die Betreuung von Demenzkranken zu Hause ermöglichen. Außerdem dürfen sie zum Beispiel in der Öffentlichkeit nicht schnüffeln und müssen andere Hunde und Menschen ignorieren.

Therapiehunde
 Auch sie werden speziell ausgebildet, müssen aber nicht so hohe Standards erfüllen und auch keine Aufgaben lernen. Sie werden oft in Altenheimen, Schulen oder Kindergärten eingesetzt.