Der Fall der mutmaßlichen Linksextremistin Lina E. hat bundesweit Schlagzeilen gemacht. Im Plädoyer der Bundesanwaltschaft war von einer Spirale der Gewalt die Rede. Was Lina E. getan hat.
Das Oberlandesgericht Dresden hat die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextreme zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Trotzdem kommt die 28 Jahre alte Studentin nach zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft vorerst frei: Der Haftbefehl wurde unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die Reststrafe muss sie erst verbüßen, falls das Urteil rechtskräftig ist – das Gericht ließ Revision zu.
Was hat Lina E. getan?
Nach Ansicht des Gerichts sind Lina E. und ein gleichaltriger Mann der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung schuldig; ein 37-Jähriger und ein weiterer 28-Jähriger wegen deren Unterstützung. E. und zwei der Männer mussten sich zudem wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten, der andere wegen einer Beihilfe dazu.
Der Generalbundesanwalt warf den Beschuldigten vor, zwischen 2018 und 2020 tatsächliche oder vermeintliche Anhänger der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach brutal zusammengeschlagen zu haben. Ein Kronzeuge hatte sie belastet.
Er berichtete von regelmäßigen Trainings für die Angriffe. Laut Anklage wurden 13 Menschen verletzt, zwei davon potenziell lebensbedrohlich. Die Beschuldigten hätten den demokratischen Rechtsstaat ebenso abgelehnt wie das staatliche Gewaltmonopol, lautete eine weitere Anschuldigung.
Was war die brutalste Tat?
In seinen Vorbemerkungen ging der Richter auf die brutalste Tat ein: Im Januar 2019 traf es einen Kanalarbeiter, der im Leipziger Szene-Viertel Connewitz arbeitete und nur „die falsche Mütze am falschen Ort trug“, wie es der Richter ausdrückte. Denn das Label der Mütze ist bei Rechtsextremen beliebt. Der Mann erlitt schwerste Kopfverletzungen. Die Tat zeige, wohin militanter Antifaschismus führe könne, sagte der Vorsitzende Richter.
Welche Strafen bekamen die Mitbeschuldigten?
Gegen die drei Mitbeschuldigten von Lina E. verhängte die Staatsschutzkammer Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren fünf Monaten und drei Jahren drei Monaten.
Welche Reaktionen gab es auf das Urteil?
In mehreren Städten gab es am Mittwochabend Proteste gegen das Urteil So zogen einige Hundert Demonstranten durch Dresden, auch in Berlin und Hamburg gab es Solidaritätsdemos von Sympathisanten aus der linken Szene. Die Polizei bezifferte die Teilnehmerzahl in der Bundeshauptstadt auf rund 500. Die Demonstration sei weitgehend friedlich verlaufen, es habe auch einige Rangeleien gegeben, hieß es.
In Leipzig kamen am Abend ebenfalls rund 500 Demonstranten zusammen. Die Versammlung wurde gegen 21.40 Uhr beendet, nachdem Flaschen und Pyrotechnik in Richtung von Polizisten geflogen waren. In der Nähe des Versammlungsortes musste die Polizei außerdem eine Barrikade räumen. In Bremen kam es am Abend zu Ausschreitungen.
Für kommenden Samstag war bundesweit zu Demos aufgerufen worden. Im Internet tauchten Drohungen auf, wonach für jedes Jahr Haft in Leipzig ein Sachschaden von einer Million Euro angerichtet werden soll.