Mit dem Pride Day auf dem Nellinger Campus (Kreis Esslingen) setze die Schulsozialarbeit ein Zeichen für mehr Toleranz. Das kam bei betroffenen Jugendlichen gut an.
Regenbogenfahnen, bunte Armbänder und schrille Verkleidungen waren beim Pride Day auf dem Nellinger Schulcampus zu erleben. „Es ist wichtig, dass queere Menschen Aufmerksamkeit bekommen“, findet Leni. Die 13-Jährige besucht die Erich-Kästner-Schule. Sie kam mit ihren Klassenkameraden, um sich an den Ständen über die queere Community zu informieren. Auf den Lehrplänen seien diese Themen nicht zu finden, sagt die Sozialarbeiterin Ingrid Weiss, die den Schülertreff im Kubino leitet.
Mit dem Pride Day, der bereits zum vierten Mal in Nellingen stattfand, wolle man die Kinder und Jugendlichen stärken. Außerdem geht es nach den Worten von Ingrid Weiss darum, die Kinder und Jugendlichen für queere Themen zu sensibilisieren. Mit Sorge betrachtet die Sozialpädagogin der Kinder- und Jugendförderung Ostfildern, „dass der Umgang miteinander im Schulalltag aggressiver wird.“ Bei dem kunterbunten Fest am Kubino verkleideten sich die Schülerinnen und Schüler. Sie tranken bunte Cocktails. An den Infoständen gab es Informationen zu Beratungsstellen und Aufkleber.
Den jungen Menschen Selbstbewusstsein geben im Kreis Esslingen
„Pride“ heißt Stolz. Den jungen Menschen Selbstbewusstsein zu geben, ist Ingrid Weiss ein großes Anliegen. Als Transperson freut sich Luan, „dass unsere Themen und Probleme gesehen werden.“ In der Schule sei es schwer, sich zu outen. Das gilt aber nicht für alle Mitschüler. „Wir sind einfach da, um Luan zu bestärken“, sagt Tessa. Die Gymnasiastin wünscht sich, dass Schwule, Lesben und Transpersonen „ganz selbstverständlich dazugehören“ und man gar nicht mehr über das Thema reden müsse. Die 14-Jährige wünscht sich mehr Diversität. „Wir sind doch alle einfach Menschen.“
Rat und Hilfe bekommt Luan beim Stuttgarter Verein Weissenburg. Vicky und Mik arbeiten ehrenamtlich für die Organisation. „Ich will meine eigenen Erfahrungen weitergeben“, sagt Vicky. Junge Transpersonen auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität zu begleiten, hat sich der Verein zur Aufgabe gemacht. „Es ist wichtig, dass man nicht allein ist.“ Am Stand gab es Informationen über Gruppen wie die „Gender*nauts“ – in diesem geschützten Raum tauschen sich junge Leute aus, die auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität sind.
Schüler wünscht sich mehr Toleranz im Schulalltag
Mehr Toleranz im Schulalltag für queere Menschen wünscht sich Torben. Dass homosexuelle Schülerinnen und Schüler diskriminiert werden, werde im Schulalltag zunehmend zur Realität. Rocco beobachtet, dass die LGBTQ-Community zunehmend isoliert ist.
„Jede Gruppe macht ihr eigenes Ding.“ Die 17-jährigen Gymnasiasten wünschen sich mehr Verständnis. Unter den Vorurteilen litten sie sehr, sagen sie. Rocco berichtet von Mitschülern, „die befürchten, dass sie nach dem Sport in der Umkleidekabine von Männern angemacht werden.“ Vom Pride Day wünschen sich die Gymnasiasten Aufklärung, „und mehr Offenheit wäre schön.“
Viele der Jugendlichen, die sich bislang wenig mit queeren Themen beschäftigt hatten, nutzten die Chance, sich zu informieren. Beim gemeinsamen Verkleiden, einer der fantasievollen Aktionen beim Pride Day, entwickelt sich so manches ernsthafte Gespräch über sexuelle Identität.
Schulleiter Fritz: Toleranz als Beitrag zur Demokratie stärken
Das freute den Realschüler Finn, der oft unter dem aggressiven Ton mancher Mitschüler leidet. Über die Offenheit freute sich auch Schulleiter Markus Fritz. „Eine Veranstaltung wie diese trägt nicht nur zu mehr Toleranz an unserer Schule bei“, findet der Rektor der Riegelhof-Realschule. Er will Verständnis für die Probleme aller seiner Schülerinnen und Schüler wecken, und stellt sich gegen Diskriminierung. Leider gebe es da immer wieder Gegenwind, „aber da stellen wir uns als Schule hinter die Kinder und Jugendlichen.“ Das ist nach Fritz’ Worten „ein wichtiger Beitrag zur Demokratie“.