Auch gegen Faschismus haben die Menschen in Nürtingen ihre Stimme deutlich erhoben. Foto: Corinna Meinke

Zum ersten Mal hat die CSD-Gruppe Nürtingen den Christopher Street Day in der Stadt gefeiert. Mehrere hundert Menschen unterstützten die Vielfalt.

Vielfalt und Solidarität hat die Nürtinger CSD-Gruppe bei ihrem allerersten Christopher Street Day an diesem Samstag unter dem Motto „Politisch, flauschig, militant. Queers against Facism“ gefeiert. Gekommen waren rund dreihundert Menschen, die auf dem Nürtinger Marktplatz gemeinsam für Queerness und Selbstbestimmung demonstrierten, aber auch immer wieder den Druck von rechts und die Sorge vor Übergriffen formulierten.

Vor der Kundgebung stimmte eine Performance der Gruppe Politisches Theater Nürtingen die Menschen auf das Thema Geschlechterrollenstereotype ein, bei dem das Schubladendenken angeprangert wurde.

Frauen sehen gut aus und Männer haben Muskeln

„Du lächelst gerne, du kümmerst dich immer um andere. Ich sehe gut aus, ich bin eine Frau“, lautete der Part einer weiblich gelesenen Person, während ihr männlich gelesenes Pendant erklärte, er sei stark, habe Muskeln und sei erfolgreich.

Der Waschbär ziert das Logo der Nürtiner CSD-Gruppe Foto: Corinna Meinke

Die Agierenden in dem Stück machten deutlich, dass auch Männer Gefühle zeigen können und Frauen selbstbestimmt handeln, zumal die Grenzen zwischen den Geschlechtern fließend seien.

Menschen in Nürtingen und der Region Stuttgart versammeln sich

„Wir sollen uns schämen und verstecken, wir sollen nett, freundlich, angepasst und normal sein“, erklärte Miika aus Nürtingen, die Teil des CSD-Teams ist. Aber Scham erzeuge Trauma und Lähmung. Es schmerze sie, wenn Cis-Frauen benutzt würden, um gegen Transfrauen zu hetzen. „Die Lage ist schlimm und sie könnte noch schlimmer werden“, so Miika mit Blick auf die Bedrohung von queeren Menschen: „Die Bedrohung ist real“, im Wohnumfeld und bei CSD-Veranstaltungen.

Dabei gehe es vor allem um Gewalt von jungen rechten Gruppen, denn rechte Ideologie sei immer queerfeindlich, so Miika. Sie forderte die Versammelten auf: „Bleibt laut, bleibt stolz, bleibt solidarisch“.

Körperliche Angriffe bei CSD-Veranstaltung in London

„Euch gilt unsere Bewunderung“, ergänzte CSD-Redner Robin aus Reutlingen. Jedes Coming-out sei ein Akt von Mut. In Russland, Uganda und seit Trump auch in den USA seien die Rechte von queeren Menschen stark eingeschränkt worden, teils würden Menschen mit der Todesstrafe bedroht, wie beispielsweise Homosexuelle in Saudiarabien. Selbst bei CSD-Paraden in Europa, wie bei London Pride 2024, habe es körperliche Angriffe auf queere Menschen gegeben.

Demozug durch die Innenstadt und Drag Show

Aber fest stehe auch: „Wir haben nichts zu verbergen, nicht unsere Körper und nicht die Art, wie wir lieben. Habt Mut euch zu zeigen“, forderte Miika und erklärte: „Wenn wir uns nicht gegenseitig ausspielen würden, stellt euch vor, welche Kraft dann frei würde.“

Auch an dem anschließenden Demozug, der durch die Nürtinger Innenstadt führte, nahmen viele Menschen aus der queeren Community teil , aber ebenso zahlreiche Menschen, die sich mit der Bewegung solidarisieren wollten. Der bunte Zug, der Rufe skandierte wie „Nie wieder still“, setzte sich zusammen aus Menschen verschiedener Generationen, Freundesgruppen, Familien, Singles und Paaren.

Moderiert wurde der Nürtinger CSD von den Drag Artists Sapphiretoniq und Logan Steele, die auch den Demozug auf dem Lautsprecherwagen anführten. Bei hochsommerlichen Temperaturen trafen sich Veranstaltende und Publikum schließlich wieder vor dem Nürtinger Rathaus, wo Logan Steele und Sapphiretoniq mit weiteren Drag Artists wie Silur und Lucy de Lulu ihre Showacts ablieferten.

Vor Neonazis wird gewarnt

Informationen rund um die Themen Beratung, sexuelle Orientierung, Diskriminierung und Neonazis wurden an den Ständen der Antidiskriminierungsstelle Esslingen, des Offenen Solidarischen Netzwerks und anderer angeboten. Geworben wurde außerdem für den Nürtinger Queertreff JAB, der sich immer dienstagabends im Jugendhaus am Bahnhof zusammenfindet.