Dieses Buch hat an Wucht gewonnen. Gedacht war es als Erinnerung, als Mahnung. Doch nun, wo wieder Juden massakriert werden, sie ihren Glauben verstecken müssen, ist die Lebensgeschichte der Holocaust-Überlebenden Emmie Arbel von schrecklicher Aktualität. Zeichnerin und Autorin Barbara Yelin stellt ihre Graphic Novel in Stuttgart vor.
Schwarz. Das ist die Antwort auf die titelgebende Frage des Buchs „Welche Frage hat die Erinnerung.“ Schwarz. Sagt Emmie Arbel, die 1937 als Emma Kallus in Den Haag geboren wird. Eine Überlebende. In vielerlei Hinsicht.
Wieder müssen sie sich verstecken
Schwarz. So ist sie heute wieder. Nicht die Erinnerung, sondern die Gegenwart. Nach dem schlimmsten Massaker an Juden seit der Shoah. In Israel müssen sie sich der Terroristen der Hamas erwehren, aber auch in den USA, in England, in Frankreich, in Deutschland zeigt der Antisemitismus wieder seine Fratze. Deutsche jüdischen Glaubens verstecken sich, tragen keine Kipa, unterhalten sich nicht auf Hebräisch, Polizisten müssen Synagogen schützen.
Wie erinnert sich ein Kind?
Als 2019 die Zeichnerin und Autorin Barbara Yelin die ersten Gespräche mit Emmie Arbel führte, schien dies undenkbar. Es ist Teil eines kanadischen Projekts, das Holocaust-Überlebende in Kontakt mit internationalen Comickünstlern brachte, um deren Geschichten zu erzählen, zu bewahren und in einer Forum aufzuarbeiten, „die möglicherweise auch für Menschen lesbar und vermittelbar sind, die Emmie nicht mehr persönlich werden treffen können“, sagt Yelin. In welcher Form erinnere sich ein Kind? „Emmie sagt, ihre früheren Erinnerungen sind Bilder. Die Sichtbarmachung der Erinnerung durch Zeichnung war uns ein wichtiges Anliegen.“
Was für ein Leben
Und was ist das für eine Lebensgeschichte. Emma Kallus ist viereinhalb Jahre alt, als Nazis sie deportieren . Sie überlebt 15 Monate im KZ-Sammellager Westerbork, danach ein Jahr im KZ Ravensbrück. Befreit wird sie 1945 im KZ Bergen-Belsen. Ihr Vater und ihre Großeltern sind schon ermordet worden, ihre Mutter stirbt völlig entkräftet kurz nachdem britische Soldaten im KZ eintreffen. Damit endet Emmas Leidenszeit nicht. Bis 1950 wird sie hin und hergeschoben, in vier verschiedenen Ländern lebt sie, in Heimen und in einer Pflegefamilie. der Pflegevater vergewaltigt das an Tuberkulose leidende Kind.
Eine starke Frau
Emmie Arbel heißt sie heute. Sie lebt in der Nähe von Haifa. In den vergangenen Jahren war sie immer wieder in Deutschland, hat ihre Lebensgeschichte erzählt. Barbara Yelin hat diese nun zu Papier gebracht. Sie zeigt, „Dass Emmie eine starke Frau ist, die im Hier und Jetzt steht“. Sie habe sie nicht nur auf die Schrecken, auf die traumatischen Erlebnisse reduzieren wollen. Ihr Humor, ihre Familie, ihre Eigenständigkeit sollten sichtbar werden. Yelin: „An Emmies Geschichte wird allzu deutlich, wie nah Geschichte und Gegenwart zusammen liegen.“ Gerade in diesen Zeiten.
Die Farbe der Erinnerung
Lesung
Barbara Yelin stellt ihre Graphic Novel „Die Farbe der Erinnerung“ am Montag, 13. November, um 19.30 Uhr, im achten Stock der Stadtbibliothek am Mailänder Platz vor. Der Eintritt beträgt 4 Euro, 2,50 Euro reduziert.
Das Buch
„Farbe der Erinnerung“, erschienen bei Reprodukt.