Wenn jemand anruft und Geld will, am besten sofort auflegen. Das rät die Polizei. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Mit konstruierten Lügengeschichten gelingt es Kriminellen auch auf den Fildern immer wieder, gerade ältere Menschen um Geld und ihre Wertsachen zu bringen. Ihre Maschen werden immer perfider.

Leinfelden-Echterdingen - Ihre Vorgehensweise wird immer durchtriebener, „bereits bekannte Maschen werden munter miteinander gemischt“, wie Martin Raff, ein Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen sagt, um vorzugsweise alte Menschen doch noch an den Haken zu bekommen. Die Rede ist von Telefonbetrügern, die auch vom Ausland aus ihr Spiel in ganz Deutschland treiben und dabei vor nichts zurückschrecken.

Auch in Leinfelden-Echterdingen gab es im vergangenen Jahr „eine Vielzahl“ solcher Anrufe, wie Stephan Körber, der Leiter des örtlichen Polizeipostens, unlängst im Gemeinderat bekannt gab. Die Anrufer geben sich nicht mehr nur als der Enkel oder der Sohn in Not aus, der beispielsweise wegen eines Autounfalls dringend Geld brauche, sie klingeln vielmehr auch als angeblicher Polizeibeamter, als vermeintlicher Staatsanwalt oder verdeckter Ermittler erneut durch.

Was die Täter erreichen wollen

Sie geben vor, helfen zu wollen, und erschleichen sich so Vertrauen. Selbst mit einer angeblichen Coronaerkrankung eines nahen Verwandten, der nun in einem Krankenhaus liege und Geld für ein sehr wirksames, aber noch nicht zugelassenes Medikament brauche, werde mittlerweile getrickst. Es gibt auch sogenannte Schockanrufe, bei denen die Täter bewusst darauf setzen, den Angerufenen in Angst zu versetzen. „Sinn und Ziel dieser Geschichten ist es, Druck aufzubauen, damit das Opfer doch noch sein Geld rausrückt“, sagt Raff.

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In allen vier Landkreisen, für die das Polizeipräsidium Reutlingen zuständig ist, hat die Polizei im Jahr 2020 insgesamt 2877 Betrugsversuche dieser Art erfasst, wobei nur 108 vollendet wurden. Die Schadenssumme liegt dennoch bei mehr als 2,2 Millionen Euro. Im Vergleich zum Jahr zuvor ist „die Schadenssumme bei nur leichtem Anstieg der Fallzahlen weiter angewachsen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Und: „Obwohl die allermeisten Angerufenen den Betrugsversuch erkennen, finden die Täter immer noch Opfer, die bereit sind, ihr Geld und andere Wertsachen den vermeintlichen Polizeibeamten oder angeblichen Boten ihrer Angehörigen zu übergeben.“

Wie viele dieser Anrufe in Leinfelden-Echterdingen im vergangenen Jahr genau eingingen, lässt sich laut Polizeisprecher Raff nicht sagen. In der örtlichen Polizeistatistik werden für 2020 zwar 185 Vermögens- und Fälschungsdelikte im Stadtgebiet ausgewiesen, allerdings falle unter diese Kategorie weit mehr, als der Telefonbetrug, erklärt er. Beispielsweise auch der Warenkreditbetrug oder andere Straftaten. Zudem erfasse diese Statistik jene Fälle nicht, die vom Ausland aus gesteuert werden.

Was die Polizei dagegen unternimmt

Fest steht: Mit konstruierten Lügengeschichten gelingt es Betrügern auch auf den Fildern immer wieder, gerade ältere Menschen um hohe Geldbeträge oder auch ihre Wertsachen zu bringen. Und das, obwohl die Polizei nicht nachlässt, hier Präventionsarbeit zu leisten, die zentral vom Reutlinger Polizeipräsidium aus gesteuert wird, wie der Filderstädter Revierleiter Steffen Schmidt im Gemeinderat ausführte. „Es ist hier schon eine Vielzahl an Maßnahmen ergriffen worden“, sagte er. So wurden beispielsweise auch Bankangestellte geschult. Sie wurden ermutigt, gerade ältere Menschen beim Abheben hoher Geldbeträge auf einen möglichen Betrug anzusprechen. Mit Aufdrucken auf Bäckertüten hat man vor den Betrugsmaschen gewarnt. Apotheker bekamen Plakate und Infobroschüren überreicht, um ihre Kunden zu informieren.

Martin Raff rät derweil gerade älteren Mitbürgern: „Wenn jemand anruft und Geld will, am besten sofort auflegen.“