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Das Gymnasium war zwar auch in den Vorjahren die beliebteste Schulart in Esslingen. Die Zuwachsraten hatten zuletzt aber die Realschulen. Das hat sich geändert.

EsslingenJeder zweite Fünftklässler, der im Sommer seine Esslinger Grundschule verlassen hat und seit dem Schuljahr 2019/20 eine weiterführende Schule besucht, sitzt in einem Gymnasium. Knapp jeder dritte hat sich für eine Realschule, fast jeder fünfte für eine Gemeinschaftsschule entschieden. Das Ergebnis der amtlichen Schulstatistik 2019/20 bestätigt damit den Trend, der sich schon nach den Anmeldetagen im März zeigte: Der Andrang auf die Realschulen, der in den Vorgängerjahren vor allem die Realschule Oberesslingen überlaufen ließ, hat zugunsten der Gymnasien und Gemeinschaftsschulen nachgelassen.

Jedenfalls sind 29 Prozent der insgesamt 739 erfassten Schülerinnen und Schüler 2019 auf eine Realschule gewechselt (2018: 34 Prozent). 50 Prozent der ehemaligen Viertklässler besuchen seit Herbst ein Gymnasium (2018: 47 Prozent). Mit 19 Prozent am Kuchen konnten die Gemeinschaftsschulen um fünf Prozentpunkte zulegen (2018: 14 Prozent). Ein Werkrealschulangebot für Fünftklässler gibt es in Esslingen seit ein paar Jahren nicht mehr.

Als die Anmeldezahlen vom März diesen Trend bereits ankündigten, war man im Rathaus zwar froh, der Realschule Oberesslingen nicht erneut sechs Eingangsklassen ins schon übervolle Nest legen zu müssen. Zugleich fragten sich die städtische Schulverwaltung und die Stadträte jedoch, ob sie ihre Pläne für zwei neue Realschulen angesichts der schwächeren Anmeldezahlen nicht noch einmal überdenken sollten. Dazu kamen die PCB-Funde vor allem an der Zollberg-Realschule. Die hatten zwar bei den Anmeldetagen im März noch keine Rolle gespielt. Dass das Haupthaus auf dem Zollberg aber so stark belastet sein würde, dass man einen Neubau braucht, hatte die Diskussion über Anzahl, Größe und Lage der Esslinger Schulhäuser dann noch einmal zusätzlich befeuert. Letztendlich ist es aber – nicht zuletzt in Anbetracht steigender Schülerzahlen – dabei geblieben, dass die Stadt jetzt erst einmal mit einer neuen Realschule in der Pliensauvorstadt startet, sich die Möglichkeit einer weiteren neuen Realschule aber offen hält. Der städtische Schulamtsleiter Bernd Berroth geht trotz des gesteigerten Andrangs auf die Gymnasien davon aus, dass sich die Schüler an den weiterführenden Schulen auch künftig zu jeweils 50 Prozent auf die Gymnasien und zu weiteren 50 Prozent auf die Real- und Gemeinschaftsschulen verteilen werden.

Diskussion über Grundschulempfehlung ploppt wieder auf

Pünktlich zur lokalen und landesweiten Verkündigung der Übertrittszahlen ploppt auch wieder die Diskussion auf, ob alle Schüler auch an einer Schule gelandet sind, die ihrem Leistungsvermögen entspricht. Zum zweiten Mal nach Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung haben sich die Schulleitungen im vergangenen Jahre bei der Anmeldung wieder die Empfehlungen zeigen lassen dürfen. Die zumindest in Esslingen eher mageren Abweichungen werden je nach politischer Couleur gedeutet.

85,8 Prozent der 367 Esslinger Kinder, die 2019 auf ein Gymnasium gewechselt sind, haben auch die Empfehlung für diese Schulart. 2018 waren es 85,9 Prozent. 2017, als die Eltern die Empfehlung noch nicht vorzeigen mussten, lag die Quote bei 84 Prozent.

Lediglich 1,4 Prozent der Esslinger Fünftklässler in einem Gymnasium haben nur eine Empfehlung für die Haupt-/Werkrealschule mitgebracht. Das entspricht fünf von 367 Schülern. 2018 waren es 0,9 Prozent, 2017 1,7 Prozent. „Alle Gymnasien beraten die Eltern intensiv, wenn es zu Abweichungen gegenüber der Empfehlung kommt“, weiß Berroth. Der Anteil der Kinder mit Realschulempfehlung, die das Gymnasium gewählt haben, ist von 14,3 (2017) auf 12,8 Prozent 2019 gesunken. Berroth: „Da sind ja auch immer Grenzfälle darunter“, zumal sich die Kinder ja auch noch entwickelten. Etwa 70 Kinder kehren jedes Jahr den Esslinger Gymnasien wieder den Rücken. Vor allem in den Klassenstufen sechs, sieben, acht und neun. Ob das vor Abschaffung der verbindlichen Grundschulen weniger waren, kann das städtische Schulamt nicht sagen. Berroth: „Wir wollen aber künftig diese Zahlen jedes Jahr erheben.“

Mehr Kinder mit Gymnasialempfehlung auf einer Real- oder Gemeinschaftsschule

Nicht alle, die einen Fahrschein fürs Gymnasium haben, setzen sich auch in diesen Zug. In diesem Schuljahr besuchen mehr Fünftklässler mit einer Gymnasialempfehlung als im vergangenen Jahr eine Realschule (plus 4,2 Prozentpunkte) oder eine Gemeinschaftsschule (plus 5,4 Prozentpunkte). Das tut vor allem den Gemeinschaftsschulen gut, die sich noch um einen leistungsmäßig ausgewogeneren Schülermix bemühen. Auch der Anteil der Kinder mit Realschulempfehlung hat in der noch jungen Schulart zulegen können (plus 9,4 Prozentpunkte), während der Anteil der Werkrealschulempfehlungen um 13,4 Prozentpunkte gesunken ist.

Dafür haben sich noch etwas mehr Eltern als im Jahr zuvor dafür entschieden, ihre Kinder mit einer Werkrealschul-Empfehlung auf eine Realschule zu schicken. 37,8 Prozent waren es 2019, 36 Prozent 2018 und 32,8 Prozent 2017. Die Realschulen haben sich seit ein paar Jahren auch für Hauptschüler geöffnet – allerdings werden die Kinder in der zweijährigen Orientierungsstufe ausschließlich auf mittlerem Niveau geprüft. Dass das für alle Beteiligten schwierig ist, sieht auch Berroth. Bestrebungen, diese Kinder aus der Schulart wieder auszugrenzen, könne aber nicht die Lösung sein: „Die Realschulen haben den gesetzlichen Auftrag, die Schüler auch zu einem Hauptschulabschluss zu führen." Und sie hätten mittlerweile auch fast so viele zusätzliche Stunden wie die Gemeinschaftsschulen bekommen.