Ehemalige Kreisklinik auf dem Stumpenhof in Plochingen. Foto: Carsten Riedl - Carsten Riedl

Auf dem Gelände der ehemaligen Kreisklinik Plochingen soll ein neues Gebäude entstehen. Das lässt sich der Landkreis einiges kosten.

PlochingenEs geht um viel Geld und letztlich auch darum, nicht zu wissen, was die Zeit bringt. Rund 270 Millionen Euro will der Landkreis Esslingen bis 2025 in neue Gebäude investieren, 178 Millionen davon allein in den Neubau des Landratsamtes an zwei Standorten in Esslingen und auf dem Plochinger Stumpenhof. Der Rest fließt in die Erneuerung und Sanierung von Schulen und Sporthallen. Ein Zeitraum von sechs Jahren oder länger, in dem keiner weiß, wie sich Konjunktur, Baupreise und Zinsniveau entwickeln werden. Gestern nun hat sich der Finanzausschuss des Kreistags in einer außerplanmäßigen Sitzung auf eine Finanzierungsstrategie geeinigt. Dabei ging es vor allem um Risikomanagement.

Die Zeit drängt. In Plochingen sollen im Mai nächsten Jahres die Bagger anrücken, um das ehemalige Personalwohnheim der Klinik dem Erdboden gleichzumachen. Mit dem Bezug des Neubaus für 225 Mitarbeiter im März 2022 würde in Esslingen der Abriss des alten Landratsamtsgebäudes aus den Siebzigern beginnen. Ein Mammutprojekt, das unter anderem von Platznot und verschärften Brandschutzbestimmungen diktiert wird.

Der grobe Zeitplan steht also. Jetzt geht es ums Geld. Ein probates Finanzierungsmittel, dass jeder Häuslesbauer kennt: der Bausparvertrag. Mit drei solcher Verträge über jeweils 20 Millionen Euro will sich der Kreis bis zur Auszahlung in sechs Jahren die derzeit günstigen Zinsen auch während der Bauzeit sichern. Für den ersten Vertrag ist noch im laufenden Quartal eine erste Rate von acht Millionen Euro eingeplant. Der Rest der Baukosten muss größtenteils über langfristige Darlehen und staatliche Förderprogramme, wie sie die KfW für energieeffizientes Bauen auflegt, abgedeckt werden. Ein Prozent der Kreisumlage – das entspricht rund acht Millionen Euro – sind bis Mitte des kommenden Jahrzehnts im jährlichen Haushalt als zusätzliches Eigenkapital vorgesehen. Unter dem Strich heißt das: 61 Millionen Euro neue Schulden bis zur Fertigstellung, vorausgesetzt die Baupreise klettern nicht höher als die kalkulierten fünf Prozent pro Jahr.

Ein Konzept, das die finanziellen Risiken beherrschbar macht, darüber waren sich Verwaltungsspitze und Kreisräte einig. Auch deshalb, weil der Kreis wie schon beim Neubau der Nürtinger Albert-Schäffle-Schule und bei der Erweiterung der Klinik in Ruit nach dem Modell „Planen und Bauen“ verfährt. Architekten und Bauunternehmen legen dabei schon während des Vergabeverfahrens ein gemeinsames Festpreisangebot auf den Tisch. Ein probates Mittel gegen böse Überraschungen, sowohl was Preisentwicklung, als auch mögliche Baumängel betrifft. „Damit klebt ein Preisschild dran, das uns eine hohe Verlässlichkeit bringt“, betont Landrat Heinz Eininger.

Im Fall Plochingen stehen auf diesem Preisschild 35 Millionen Euro für Neubau samt Parkdeck mit 180 Stellplätzen. In der Summe enthalten sind zweieinhalb Millionen Euro für den Kauf des Grundstücks, der nötig wurde, weil ein Tauschhandel kurzfristig geplatzt ist. Die Medius-Kliniken, denen der Baugrund gehört, haben kein Interesse am Grundstück der alten Albert-Schäffle-Schule auf dem Nürtinger Säer in unmittelbarer Nachbarschaft des Krankenhauses. „Das hat uns alle überrascht,“ räumt Eininger ein.

Und wie geht‘s weiter? Der Startschuss für den Wettbewerb um die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren ist bereits gefallen. Anfang April werden die Bewerber ausgewählt und im Juli von einer Kommission aus Kreispolitikern, Kommunalvertretern und unabhängigen Experten geprüft und bewertet. Über die Vergabe der Arbeiten entscheidet der Kreistag am 7. November. Dann, wenn die Fraktionen auch über den künftigen Haushalt beraten.

Das große Stühlerücken

Mehr als 500 Mitarbeiter des Esslinger Landratsamtes sollen nach dem Ende der Bauarbeiten 2022 in den ehemaligen Klinikräumen und im benachbarten Neubau auf dem Plochinger Stumpenhof ihren Arbeitsplatz haben. Im bestehenden Gebäude, wo noch immer die Handwerker ein und aus gehen, ist schon jetzt das Gesundheits- und Veterinäramt untergebracht. Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten sollen Kreisschulamt, Vermessungsamt, Hochbauamt, Revisionsamt und das Kreisarchiv folgen. Im Neubau, der in direkter Nachbarschaft auf dem Grundstück des einstigen Personalgebäudes der Klinik entstehen soll, finden 225 Mitarbeiter Platz, die bisher an verschiedenen Standorten untergebracht waren. Vom Altbau in Esslingen ziehen Ordnungsamt, Straßenverkehrsamt und das Kreismedienzentrum dorthin um. Aus Nürtingen kommen die Mitarbeiter des Ausländeramtes, und der Abfallwirtschaftsbetrieb räumt seinen Platz in einem Firmengebäude in der Esslinger Röntgenstraße.