Der Landkreis Esslingen will die Ärzteversorgung sicher stellen. Foto: /dpa/Bernd Weißbrod

Attraktive Bedingungen bei der Ausbildung in Allgemeinmedizin soll den Landkreis Esslingen für junge Ärzte und Ärztinnen interessant machen – unter anderem mit einem Stipendium für Medizinstudierende.

Wer jahrelang im Kreis Esslingen gelebt und gearbeitet hat, bleibt hier vielleicht auch „hängen“. Diese Chance will der neu gegründete Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin nutzen, um die hausärztliche Versorgung zu sichern. Er wurde jüngst mit einer gehörigen Portion Euphorie seitens der verschiedenen Kooperationspartner aus der Taufe gehoben.

Bis in die 1990er Jahre konnten sich Ärzte nach dem Studium ohne zusätzliche Facharztausbildung mit einer hausärztlichen Praxis niederlassen. Das wurde geändert, heute ist eine fünfjährige Weiterbildung in der Fachrichtung Allgemeinmedizin die Voraussetzung dafür. Sie umfasst festgelegte Zeitspannen in verschiedenen Bereichen der stationären und der ambulanten Versorgung. Das zu organisieren, ist aufwendig und kompliziert – und genau da setzt der neu gegründete Weiterbildungsverbund an.

Im Kreis sind 40 Prozent der Hausärzte 60 Jahre oder älter

Das Ziel sei es, die jungen Ärzte und Ärztinnen zu unterstützen, „an die Hand zu nehmen, für den hausärztlichen Bereich zu begeistern“, sagte der Landrat Marcel Musolf. Der ärztliche Nachwuchs wird schließlich dringend gebraucht. Einer Erhebung des Landkreises zufolge sind rund 40 Prozent der derzeit praktizierenden Hausärzte im Kreis 60 Jahre oder älter.

Es droht also eine große Lücke, wenn sich die geburtenstarken Jahrgänge zur Ruhe setzen. Doch das hat auch eine gute Seite: Für die junge Ärztegeneration stehen die Chancen auf eine eigene Praxis so gut wie selten zuvor. „Man kann da sein Glück machen“, betonte Jürgen de Laporte, der Präsident der Bezirksärztekammer Nord-Württemberg. Der Verbund wolle Mut machen, sich an die Weiterbildung und die eigene Praxis zu wagen. Der Kreis Esslingen biete alles, was es dafür brauche und könne den Zugang durch das neue Netzwerk erleichtern.

Alle fünf Kliniken sind dabei, die ersten sechs weiterbildungsberechtigten Arztpraxen haben bereits unterzeichnet und weitere haben ihr Interesse bekundet. Das Gesundheitsamt ist mit doppelter Funktion vertreten, zum einen als wichtige Anlaufstelle und „Kümmerer“, zum anderen könne man dort auch einen Teil der Weiterbildung absolvieren, erklärte dessen Leiterin Dominique Scheuermann. Weitere Partner sind die Kreisärzteschaften, die Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit der Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin und das Kompetenzzentrum Weiterbildung Baden-Württemberg (KWBW) an der Universität Tübingen.

Ein Stipendium von 500 Euro pro Monat

Neu ist die Idee allerdings nicht. Es gibt bereits eine Reihe von Weiterbildungsverbünden für Allgemeinmediziner im Land. Aber der Kreis Esslingen liefere hier ein „Best-Practice-Beispiel“, sagte Frank Portenhauser von der KV. Engagement, Kommunikation und Vernetzung seien vorbildlich: „Ich weiß, hier läuft’s.“ Als weiteren Baustein für die allgemeinärztliche Versorgung hat der Sozialausschuss des Kreistags kürzlich beschlossen, bis zu sechs Medizinstudierende mit einem Stipendium von 500 Euro pro Monat zu unterstützen.

Bedingung ist, dass sie nach dem Studium im Kreis bleiben und hier mit dem Weiterbildungsverbund den Facharzt Allgemeinmedizin machen. Jetzt müssen sich diese Möglichkeiten nur noch herumsprechen.