Einkaufen in Leinfelden? Die Zahl der Fachgeschäfte sinkt. Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Geschäfte schließen, Ladenflächen stehen leer, bezahlbarer Wohnraum ist zugleich rar: In den Ortskernen ist der Strukturwandel in vollem Gange. Die Stadt Leinfelden-Echterdingen müht sich, die Zentren nicht ausbluten zu lassen. Doch ihre Möglichkeiten sind begrenzt.

Ende Januar hat Ayse Özelden ihren Laden an der Stuttgarter Straße 77 in Leinfelden zugemacht. 27 Jahre lang war die bunte Mischung aus Änderungsschneiderei und Kurzwarengeschäft ihr Leben, nun hat sie sich mit 68 Jahren zur Ruhe gesetzt – aus gesundheitlichen und privaten Gründen, nicht aus wirtschaftlichen.

Mittlerweile steht fest, wie es an dieser Stelle weitergeht. Das ehemalige Geschäft wird zu einer Wohnung. Das Baurechtsamt habe auf Antrag des Objekteigentümers diese Nutzungsänderung genehmigt, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der städtischen Pressestelle. Ob eine Umnutzung einer bisher gewerblichen Einheit für Wohnzwecke erlaubt ist, hängt grundsätzlich vom geltenden Bebauungsplan ab. Liegt der Laden in einem Allgemeinen Wohngebiet oder einem Mischgebiet wie im vorliegenden Fall, ist das grundsätzlich möglich.

Viele Ortskerne bluten aus

Manch einer im Ort findet das Vorgehen aber dennoch bedenklich. Zwar wird bezahlbarer Wohnraum dringend benötigt, dem gegenüber steht aber das Ausbluten der Ortskerne. Denn die Änderungsschneiderei war nicht das einzige Geschäft in Leinfelden, das zu Jahresbeginn geschlossen hat. Auch die Buchhandlung Seiffert am Neuen Markt und der Schreibwarenladen an der Echterdinger Straße sind dicht.

„Bedenklich im Sinne eines sukzessive wegfallenden Sortimentsangebots für die Bevölkerung in unserer Stadt ist eine solche Umnutzung grundsätzlich schon“, heißt es dazu in der Stellungnahme der Stadt. Bücher, Zeitschriften, Schreibwaren und Geschenkartikel sowie Kurzwaren seien nun in der Leinfeldener Ortsmitte nicht mehr zu bekommen. Insbesondere für die Bürgerinnen und Bürger, die auf Grund ihres Alters oder eingeschränkter Mobilität auf die wohnortnahen Geschäfte angewiesen seien, sei dies ein großer Verlust.

Einen Nachmieter für Läden zu finden, ist schwierig

Kann die Verwaltung nichts dagegen tun? Die Nachfrage nach Einzelhandelsflächen sinke seit geraumer Zeit, heißt es. Zu einer zeitnahen Nachnutzung komme es immer seltener. Zurückgeführt werden könne das auf strukturelle Probleme oder aber auch darauf, dass ein bestimmtes Ladengeschäft auf Grund von Größe, Preis, Lage oder Ausstattung nicht zur bestehenden Nachfrage passt, schreibt die Stadt. Häufiger gebe es Nachnutzungen durch einen Dienstleister. Der bringe aber meist nicht die entsprechende Frequenz wie zum Beispiel ein Buchladen. „So verlieren die Innenstädte und Ortskerne landauf, landab zunehmend ihre Marktplatzfunktion“, so das ernüchternde Fazit.

Die Verwaltung versuche aber durchaus, dem entgegenzuwirken und Läden wie Apotheken, Optiker, Hörgeräteakustiker an ihren Standorten gute Bedingungen zu bieten. Auch die Sicherung der Nahversorgung sei wichtig. Doch letztlich könne die Stadt nur als Ansprechpartner und Vermittler zur Verfügung stehen und ein attraktives Umfeld schaffen.

Kein Mietspiegel für Gewerbeobjekte

In der Tat, was Mieten beziehungsweise Kaufpreise betrifft, ist die Stadt außen vor. Denn die Flächen in den Ortskernen sind bis auf wenige Ausnahmen im privaten Eigentum. Das bedeutet, dass der Markt, also Angebot und Nachfrage, den Preis bestimmen. Für Gewerbeobjekte in Leinfelden-Echterdingen gibt es auch keinen Mietpreisspiegel wie er für die Wohnungswirtschaft geschaffen wurde. Orientierung können die Mietpreise von gewerblichen Objekten in der Nähe geben, wenn sie hinsichtlich der Nutzungsart, der Größe und Ausstattung vergleichbar sind. Doch der Eigentümer muss sich nicht daran halten. Im Gewerbemietrecht gibt es keine Schutzbedürftigkeit des Mieters oder Pächters, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sich hier zwei Personen auf gleicher Augenhöhe gegenüber stehen.

Allerdings kann die Stadt neue Ladenflächen schaffen beziehungsweise darauf hinwirken, dass sie bei Bauprojekten von den Investoren geschaffen werden, so zum Beispiel bei städtebaulichen Wettbewerben. „Im Rahmen von Sanierungen und Neubauten von privaten Häusern – gerade auch in den Ortskernen von Leinfelden und Echterdingen – entstehen immer wieder gewerbliche Einheiten, die sich als Ladenlokale eignen, insbesondere in den Erdgeschosslagen der jeweiligen Häuser“, schreibt die Stadtverwaltung.

Als Beispiele nennt sie in ihrer Stellungnahme unter anderem das Echterdinger Carré, den Neubau von gewerblichen Einheiten in den Wohnhäusern, die in den Schelmenäckern-Süd in Leinfelden entstehen, und den Bau eines Wohn- und Geschäftshauses an der Bonländer Straße.