Neue Erfindung: Das Pizzycle ist nachhaltiger als ein Karton und dank der Lüftungsschlitze genauso gut geeignet. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Statt in Pappe verpackt Martina Schneider in ihrer Pizzeria am Marienplatz ihre Pizza künftig in ein neu entwickeltes Pfandbehältnis. Die Erfindung macht sie glücklich.

Martina Schneider sucht „schon ewig nach einer Lösung“. Berge von Pizzakartons werden in ihrem Lokal L. A. Signorina gefaltet, und Berge von Pizzakartons liegen nach einem schönen Tag auf dem Marienplatz. In der Pandemie wuchsen die Müllberge noch einmal ein Stückchen. Die ölige, mit Käse und Tomatensoße verschmierte Pappe kann nur einmal verwendet und darf nicht einmal als Altpapier recycelt werden. Martina Schneider graste das Internet nach Alternativen ab. Sie stieß auf eine Pizzaschüssel, die aber viel zu klein ist, auf Mehrweg-Aluschalen, die aber nach drei Einsätzen weggeworfen werden müssen. In einem Designblog fand sie schließlich die ideale Verpackung. Allerdings war das Pizzycle bis dahin nur eine Idee und kein fertiges Produkt.

Für Pizza gab es bisher keine Lösung

Als Studentinnen der Hochschule für Gestaltung in Offenbach bekamen Marlene Bruch und Luise Hornbach in der Pandemie die Aufgabe, mit einem Design auf die aktuellen Ereignisse zu reagieren. Sie beschlossen, das Pizzakartonproblem zu lösen, das sich zunehmend in Parks, auf Plätzen und in Fußgängerzonen ausbreitete. Laut einer Studie des Naturschutzbundes von 2017 werden pro Minute 1000 Stück verbraucht, und seither sind es vermutlich noch mehr geworden. Weil die Kartons Lebensmittel beinhalten, dürfen sie nicht aus Altpapier hergestellt werden. Außerdem stecken toxische Stoffe wie Mineralöle in der Einwegverpackung. Für die Produktdesignerinnen war es „die perfekte gestalterische Herausforderung“.

Wiederverwendbare Becher und Schüsseln gibt es längst, nur keine entsprechende Verpackung für die Pizza. Das Problem sei immer die Geometrie gewesen, erklärt Luise Hornbach, denn die italienische Spezialität benötigt ein großes Behältnis. Außerdem soll sie knusprig bleiben und nicht im eigenen Dampf schmoren. Ihre Erfindung besteht aus zwei gleichen Teilen, hat Lüftungsschlitze an der Seite, kann schätzungsweise bis zu 200-mal verwendet werden und wird in Deutschland aus zu 100 Prozent recycelbarem Plastik hergestellt.

Erfindung stößt auf positive Resonanz

Ein Unternehmen wollten Marlene Bruch und Luise Hornbach eigentlich gar nicht gründen. Aber ihre Erfindung stieß auf derart positive Resonanz, auch Martina Schneider aus Stuttgart schickte eine Mail nach Offenbach und wollte die Schalen sofort einsetzen. Mit Filip Raketic holten sich die Designerinnen noch Verstärkung für ihr Start-up. Im März verschickten sie ihre Musterexemplare an Pizzerien auf der ganzen Welt. „Jetzt geht es langsam los“, sagt Luise Hornbach. In Deutschland zählt L. A. Signorina zu den ersten Pizzerien, die damit am Start sind. Auch in Frankfurt und München wird die Erfindung eingesetzt, in den Niederlanden und New York gibt es Interessenten. Ein Pizzakarton kostet 35 Cent, die Schalen etwa sechs Euro, das Falten sparen sich die Lokale zudem. „Es ist sogar wirtschaftlich nachhaltiger“, sagt sie.

Fünf Euro Pfand auf das Pizzycle

Ein Jahr lang hat Martina Schneider gewartet, bis die Erfindung einsatzbereit war. „Ich freue mich total darauf, diese Pizzakartonberge zu reduzieren“, sagt die Inhaberin von L. A. Signorina. Bei Pizzycle bestellte sie 1000 Stück. Während der Pandemie hat sie bereits die Einwegbecher für Kaffee abgeschafft und auf das Recup-System umgestellt. Wenn sich das Start-up daran anschließen könnte, wäre es für sie noch praktischer. Aber nun müssen die Kunden eben bei ihr die Schalen wieder abgeben, wenn sie das Pfand von fünf Euro zurückhaben wollen. Martina Schneider hat nur noch ein Problem: Ihre Bestellung von einer Palette Pizzakartons hing monatelang in Italien fest und wird ausgerechnet jetzt geliefert.

Außerdem stellt die Inhaberin von L. A. Signorina klar, dass „Pizza am besten in der Pizzeria schmeckt“. Mit jeder Minute Transport werde ihre Qualität schlechter. Aber sie versteht auch, dass es ein perfektes Essen ist, um es zum Beispiel gemeinsam auf dem Marienplatz zu verspeisen.