In der Tanzkompanie von Grégory Darcy treten Profitänzer mit und ohne Behinderung gemeinsam auf. Foto: Roberto Bulgrin

Erst wurde die inklusive Tanzkompanie von Grégory Darcy im Esslinger Kulturausschuss allseits gelobt, dann versagte ihr das Gremium die finanzielle Unterstützung – nur um kurz darauf mit breiter Mehrheit wieder eine Förderung zu fordern. Was ist passiert?

Eigentlich hatten sich die Mitglieder des Kulturausschusses durchweg positiv zu der inklusiven Tanzkompanie von Grégory Darcy geäußert. Dennoch wurde der Antrag auf eine längerfristige finanzielle Unterstützung des Projekts in derselben Sitzung abgelehnt. Direkt nach der Abstimmung zeigte sich dann eine Mehrheit der Räte jedoch bestürzt über das Ergebnis – und versucht nun, es wieder einzufangen. Doch wie konnte es überhaupt zu der Entscheidung kommen, die offenbar niemand wollte und die faktisch das Ende der Tanzkompanie bedeuten würde? Eine Rekonstruktion.

Annette Silberhorn-Hemminger, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, sagt: „Uns hat vor allem gestört, dass die Finanzierung nicht sauber abgegrenzt war.“ Ihre Fraktion wolle durchaus die Tanzkompanie unterstützen – aber direkt, und nicht über den Umweg über das Kulturzentrum Dieselstraße. Da es zusätzlich noch einige Ungereimtheiten gegeben habe, habe man den Antrag abgelehnt. Dass das Projekt nun ohne Förderung dastehe, sei aber nicht beabsichtigt: „Mit dem Ergebnis ist niemand zufrieden, so wollte es keiner“, stellt Silberhorn-Hemminger klar.

CDU kritisiert vorgeschlagene Dauerförderung

CDU-Fraktionschef Tim Hauser erklärt: „Unsere Kritik war die Dauerförderung.“ Gerade weil die Dieselstraße, nicht aber das Projekt an sich, gefördert werde, halte man eine dauerhafte Unterstützung für schwierig. Schließlich werde eine solche auch dann fortgesetzt, wenn das Projekt nicht mehr laufe. Deshalb wolle man die Tanzkompanie, die man sehr positiv sehe, vorerst nur für ein Jahr fördern. Dass Grüne und SPD die von der CDU beantragte einjährige Förderung zunächst ablehnten, im Nachgang in einem interfraktionellen Antrag aber wieder forderten, lag offenbar daran, dass der Antrag auf die von ihnen bevorzugte dauerhafte Förderung noch ausstand, als über die befristete Unterstützung abgestimmt wurde.

In jener Sitzung des Kulturausschusses hatte zunächst die AfD einen Antrag auf erste Lesung und damit auf eine Vertagung der Entscheidung gestellt – dieser war jedoch mehrheitlich abgelehnt worden. Dann hatte die CDU beantragt, die Projektförderung zunächst auf ein Jahr zu begrenzen. Dieser Antrag bekam mit sieben Ja-Stimmen und sieben Nein-Stimmen ebenfalls keine Mehrheit – und galt damit auch als abgelehnt. Daraufhin wurde der Antrag der Stadt auf dauerhafte Erhöhung der institutionellen Förderung der Dieselstraße aufgerufen. Da es auch hier einen Patt von sieben zu sieben Stimmen gab, war dieser Antrag ebenfalls abgelehnt – und damit auch die finanzielle Unterstützung der Tanzkompanie.

Mit einem interfraktionellen Antrag auf eine Fortsetzung der Förderung der Tanzkompanie im kommenden Jahr wollten Grüne, SPD, CDU und Freie Wähler die missglückte Entscheidung dann im Nachhinein wieder einfangen. Immerhin hatten CDU und Freie Wähler im Kulturausschuss gegen den Antrag der Stadt auf dauerhafte Erhöhung der institutionellen Förderung gestimmt und Grüne sowie SPD gegen den Antrag der CDU auf befristete Unterstützung. Alle vier Fraktionen wollten aber nach eigenem Bekunden keinesfalls generell die Förderung der Tanzkompanie gestrichen wissen. Angesichts der unfreiwilligen Turbulenzen will die Stadtverwaltung das Thema nun erneut beraten lassen: In der nächsten Sitzung des Ausschusses für Kultur, Sport und Soziales am 20. November will sie wieder eine Vorlage zur finanziellen Unterstützung der Tanzkompanie einbringen.

Tanzensemble ist im Kulturzentrum Dieselstraße verortet

In ihrem Beschlussantrag in der jüngsten Sitzung hatte die Stadt vorgeschlagen, die institutionelle Förderung für das Kulturzentrum Dieselstraße vom kommenden Jahr an dauerhaft um 40 000 Euro zu erhöhen, um die inklusive und integrative Arbeit der überregional renommierten Tanzkompanie von Grégory Darcy nachhaltig fortzuführen. Denn das Ensemble ist in der Dieselstraße verortet, nutzt Räume dort und wird vom Kulturzentrum technisch, personell und organisatorisch unterstützt. Daher sei auch eine finanzielle Anbindung an die Dieselstraße sinnvoll, so die Stadt. Die Kompanie wurde seit ihrer Gründung 2019 über eine Konzeptionsförderung der Stadt Esslingen finanziell unterstützt, diese läuft jedoch zum Jahresende aus und kann nicht verlängert werden. Damit das Projekt weitergeführt werden könne, sei eine dauerhafte Förderung notwendig, heißt es von der Stadt.