Pfarrer Jochen Keltsch mit Zeichnung „Mutter mit Kind“, Wolfgang Sperber mit „David+Saul“, Ulrike Blum mit Pastellzeichnung „Fex“ (von links). Foto: Petra Bail

In den Arbeiten des Glaskünstlers Hans Gottfried von Stockhausen finden sich oft Motive aus der Mythologie. Vom 11. Bis 20. November sind 100 Werke bei den Aichwalder Kunsttagen in Aichschieß zu sehen

Berühmt haben ihn seine künstlerisch gestalteten Glasfenster gemacht. Für mehr als 550, überwiegend evangelische Kirchen hat der Glasmaler Hans Gottfried von Stockhausen farbige Fensterbilder gemalt. Zu finden sind sie im Ulmer und im Konstanzer Münster, in der Stuttgarter Stiftskirche in Plochingen ebenso wie in der Frauenkirche in Esslingen mit dem dortigen Frauenfenster und sogar in den USA.

Ihn auf die herausragende Glasmalerei zu reduzieren wäre allerdings zu kurz gegriffen. Er tat sich auch als Maler und Zeichner hervor, was im Rahmen der Aichwalder Kunsttage mit Holzschnitten, Radierungen, Zeichnungen und Aquarellen unterstrichen wird. Seiner Witwe, der Malerin Ada Isensee, sei es wichtig gewesen, diese Facette im Werk Stockhausens zu zeigen, betont Ulrike Blum, Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Aichwalder Kunsttage, beim Pressegespräch. Der engagierte Kunstkreis hat 35 Mitglieder und organisiert gemeinsam mit der evangelischen Kirchengemeinde Aichwald die speziellen Kunsttage im evangelischen Gemeindehaus in Aichschieß – mittlerweile zum 16. Mal.

Seit 2004 pilgern immer an zwei Wochenenden im November zahlreiche Aichwalder Bürgerinnen und kunstinteressierte Gäste aus der gesamten Region in den kleinen Schurwaldort. Diesmal ist es nun Stockhausen (1920 auf der Trendelburg bei Kassel geboren) mit selten gezeigten Arbeiten, der wieder für „volles Haus“ sorgen dürfte. Motivation und Ziel der Kunsttage sind, Menschen mit Kunst in Kontakt zu bringen sowie Kommunikation über Kunst und deren Verbindung zur Religion zu fördern.

Das dürfte mit dem graphischen Werk Stockhausens gelingen. In seinen Arbeiten finden sich oft biblische Motive und Darstellungen aus der antiken Mythologie. Darüber freut sich Pfarrer Jochen Keltsch von der evangelischen Kirchengemeinde besonders: „Es ist ein Glücksfall für die Kirchengemeinde, dass es den Kunstkreis gibt.“ Zumal nach jeder Präsentation ein Werk als Spende im Treppenaufgang des evangelischen Gemeindehauses bleibt. Dadurch ist bereits eine kleine Sammlung entstanden.

In der Ausstellung sind 80 Blätter und Originalzeichnungen zu sehen, 20 weitere befinden sich in einer Mappe, ebenso wie 85 Exemplare von „Jakobs Kampf mit dem Engel“, das Gottfried von Stockhausen 2004 für die ersten Aichwalder Kunsttage geschaffen hat. Sie befanden sich im Nachlass von Frieder Gadesmann, dem Initiator der Kunsttage, und fließen nun in die aktuelle Verkaufsausstellung ein. Die Preise bewegen sich zwischen 140 Euro und 2400 Euro, beispielsweise für die Pastellzeichnung „Fex“.

Glasbilder werden nicht gezeigt. „Zu aufwendig“, sagt Ulrike Blum und verweist auf die Kästen, in denen die fragilen Kunstwerke lagern, die zudem beleuchtet werden müssten. Und schließlich ist der Platz im evangelischen Gemeindehaus beschränkt. In diesem Jahr noch mehr, da im Untergeschoss ukrainische Flüchtlinge untergebracht sind. Deshalb werden zur Vernissage Zelte auf dem Vorplatz aufgebaut, wo sich die Gäste aufhalten können.

Zum Verkauf stehen auch die großen Pastellzeichnungen, wie der Blick übers Remstal, den Gottfried Stockhausen von seinem Wohn- und Atelierhaus in Remshalden-Buoch hatte, wo er 2010 verstarb. Aber auch Farbradierungen und Holzschnitte von einer Bali-Reise. Interessant sind zahlreiche Zeichnungen, die als Vorlagen für die Fensterbilder entstanden sind. Anhand dieser Arbeiten lässt sich die akribische Vorgehensweise des Künstlers nachvollziehen. Die Vorzeichnungen wurden erst im kleineren Format gemacht und anschließend in Originalgröße, erklärt Wolfgang Sperber, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Aichwalder Kunsttage. Ein leuchtendes Beispiel ist die aquarellierte Zeichnung „David + Saul“, die als Vorlage für die St. Gallus-Kirche in Welzheim entstanden ist.

Gottfried von Stockhausen gilt bis heute als bedeutender Schrittmacher für die Glasmalerei. 1970 übernahm er als Nachfolger seines Lehrers Rudolf Yelin den Lehrstuhl für Glasmalerei und Mosaik an der Stuttgarter Kunstakademie. Durch ihn sorgte „Stuttgarter Glas“, das von ihm entwickelte, freie, von der Architektur unabhängige Glasbild, für enorme Aufmerksamkeit. Sein weit gestreutes Œuvre und architekturgebunden Arbeiten, aber auch seine Lehre haben Gottfried von Stockhausen letztlich international berühmt gemacht.

Kunst und Kirche

Eröffnung
 Die Vernissage ist am Freitag, 11. November, um 18 Uhr in der evangelischen Kirche Aichschieß. Es sprechen: Pfarrer Jochen Keltsch, Bürgermeister Andreas Jarolim und Ada Isensee. Es musiziert AmieCelli (Hannah Künzig, Lukas Colmer, Lilli Zinßer und Tara Weichsel).

Verkauf
 Die Verkaufsausstellung ist am 12. und 13. November sowie am 19. und 20. November, samstags jeweils von 14 bis 19 Uhr und sonntags jeweils von 11 bis 18.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus, Alte Dorfstraße 38, zu sehen sowie nach Vereinbarung mit Ulrike Blum unter der Telefonnummer 07 11/3 65 05 63. Der Eintritt zu der Verkaufsausstellung ist frei. Lebensgroße Bildobjekte Geflüchteter des Stuttgarter Künstlers Jan-Hendrik Pelz sind als Sonderausstellung vom 20. bis 29. Januar zu sehen, die während der documenta fifteen in Kassel ausgestellt waren.

Erlös
 Der Erlös aus der Verkaufsausstellung kommt gemeinnützigen und karitativen Zwecken zugute. Im vergangenen Jahr kamen auf diese Weise insgesamt 6000 Euro zusammen.