Das Team hinter der neuen Galerie Better Go South: Tim Bengel, Leonie Dosch und Michael Preuss (v. l.)  Foto: Better go South

Wird in Stuttgart die richtige Kunst gezeigt? Neue Akteure mischen die hiesige Kunstszene auf und wollen beweisen, dass sie es mit ihren Galerien und Konzepten besser können als die Etablierten.

Stuttgart mausert sich zu einer jungen, lebendigen Kunststadt. Während in den vergangenen Jahren immer wieder etablierte Galerien verschwunden sind, haben nun gleich mehrere Galerien aufgemacht. Sie beweisen, dass auch jüngere Generationen Lust auf Malerei und Co. haben.


1. Galerie Necktar: mehr als Müll

White Cube? Von wegen. Die neue Galerie Necktar ist alles andere als strahlend weiß. Der Putz wurde von den Wänden geschabt, Teile des Mauerwerks liegen blank. Frederik Laux, Roger Hummel und Heiko Simayer haben selbst Hand angelegt in ihrer neuen Galerie Necktar in der Neckarstraße, die gerade nicht wie neu ausschauen soll. „Wir haben mit recycelten Materialien gearbeitet“, sagt Frederik Laux und hat unter anderem aus ehemaligen Stuttgarter Straßenlaternen eine Lichtskulptur gebaut. Dazu passt das Konzept der ersten Ausstellung: Sie ist dem Thema Müll gewidmet.

Frederik Laux ist freischaffender Fotojournalist und hat die Galerie auch eröffnet, um seine freien Arbeiten ausstellen zu können. Langfristig soll die Galerie Necktar „Sprungbrett und Fläche für andere sein, die keine Möglichkeit haben, in Galerien auszustellen“. Und finanziell? „Im Moment zahlen wir alles selbst“, so der 38-Jährige und ist gerade dabei, sich über Fördermöglichkeiten zu informieren, „aber es ist ziemlich schwierig.“ Immerhin wurden bereits mehrere Fotografien aus der Ausstellung verkauft. „Ein Teil der Verkäufe fließt in die Galerie.“ Ein Baustein sollen auch Vermietungen sein, etwa an Winzer, die hier Verkostungen ausrichten könnten. Der Mietvertrag läuft erst einmal über ein Jahr. „Danach muss man das verhandeln“, sagt Laux, hofft aber, dass die Galerie Necktar auch langfristig eine feste Adresse für Kunst in Stuttgart sein wird.

Galerie Necktar, Neckarstr. 127, Mo bis Fr 11 bis 17 Uhr, Sa, So 10 bis 18 Uhr, www.necktar.art


2. Exo Gallery: für junge Kunst

Auf Kunstmessen tummelt sich Ilona Keilich schon eine ganze Weile. Sie hat auch seit Längerem damit geliebäugelt, eine eigene Galerie zu eröffnen. Jetzt purzelten ihr passende Räume vor die Füße. Seit Mai betreibt Ilona Keilich die Exo Gallery in der Silberburgstraße. Ihr Konzept: „Junge Künstler unterstützen und entwickeln.“

Im Brotberuf unterstützt Ilona Keilich Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit ausländischen Arbeitskräften, sie sammelt aber schon lange selbst und will fortan „frische Kunst nach Stuttgart bringen“. Während Galerien oft sehr spezialisiert seien, wird die Exo Gallery ein breites Programm bieten. Neben Malerei wird es auch Installationen geben, selbst wenn sie schwer verkäuflich seien. Außerdem setzt Ilona Keilich auf „hybride Kunst“, wie sie es nennt, also Werke, bei denen Digitales und Physisches „verschmelzen“. Damit, ist sie überzeugt, „öffne ich neue Tore“. Aber es geht freilich auch darum, zu verkaufen. „Es ist eine kommerzielle Galerie“, sagt sie, auch wenn sie die entsprechenden Strukturen noch aufbauen muss. Von Juni an soll es feste Öffnungszeiten geben. Bis dahin, so Ilona Keilich, „kann man ein private Viewing buchen“.

Exo Gallery, Silberburgstr. 167, www.Exo-Gallery.com


3. Better Go South: Neuentdeckungen

Der Anspruch ist hoch: Die neue Galerie Better Go South will „ultra young contemporary artists“ entdecken, also sehr junge Künstler, die das Zeug zur großen Karriere haben.

In der Werbeagentur Preuss und Preuss wurde hierfür eine Etage frei geräumt und werden nun Ausstellungen präsentiert, „weil in Museen die jungen Talente aus aller Welt nicht gezeigt werden“, wie Michael Preuss sagt, der die Galerie mit Leonie Dosch und dem Künstler Tim Bengel betreibt. Die erste Ausstellung sei ein Erfolg gewesen, auch in Sachen Verkäufe – man sei aber auch nicht angetreten, „um Geld auszugeben“, so Preuss. Wie haben sie das aber geschafft, während andere Galerien oft Jahre brauchen, um Kunden zu gewinnen? „Tim Bengel als auch ich sind relevante Sammler“, sagt Preuss selbstgewiss, „wir haben nicht so einen schlechten Riecher. Was wir sammeln, wird von den anderen begutachtet.“

Better Go South Kunstgalerie, Furtbachstr. 2 B, nächste Ausstellung ab 29. September, www.bettergosouth.com


4. Pop-up-Galerie in der Schulstraße

Anna Schaible ist Profi: Sie war in der Galerie Sturm tätig und betreibt seit ein paar Jahren einen Kunsthandel – allerdings ohne festes Domizil. „Aber Kunst muss man sehen“, sagt sie und hat nun leer stehende Räume in der Schulstraße in Beschlag genommen für eine ambitionierte Ausstellung zeitgenössischer Kunst, bei der die teuersten Arbeiten 20 000 Euro kosteten. Für Anna Schaible war es wie ein Déjà-vu, schon als Studentin an der Kunstakademie hat sie eine Pop-up-Galerie mitorganisiert und wusste, was sie erwartet: viel Aufwand.

Die Resonanz auch bei kaufkräftigen Sammlern hat sie bestärkt. Für die Händlerin ist es das ideale Modell, Ausstellungen zu machen, ohne dauerhaft eine Galerie betreiben zu müssen. Die nächste Schau soll im Herbst stattfinden, wenn alles klappt, wieder in der Schulstraße, „denn die Räume sind wirklich beeindruckend“.

Kunstplattform Thermik, Schulstraße 17, während Ausstellungen täglich 12 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung, www.thermik.gallery