In der Ausstellung „Dürer under your skin. TattooArt“ wollen Nürnberger Museen Fotos von Tattoos mit Motiven von Albrecht Dürer zeigen. Sie suchen Menschen, die mitmachen.
Als Santiago Sierra vor mehr als zwanzig Jahren einen wahrlich ungewöhnlichen Aufruf startete, war die Empörung groß. Der Künstler, der immer wieder für Schlagzeilen sorgt, suchte damals arbeitslose Kubaner. Für gerade mal dreißig Euro sollten sich die armen Schlucker in einer Reihe stehend eine durchgehende Linie auf den Rücken tätowieren lassen. Heute gilt die Aktion „250 cm line tattooed on 6 paid people“ als eines der wichtigsten Werke des spanischen Konzeptkünstlers.
Dürer für Arme, Beine und Po
Tätowierungen selbst sind dagegen so alltäglich geworden, dass eine schlichte Linie im Dienste der Kunst wohl kaum noch Empörung auslösen würde. Deshalb hoffen die Nürnberger Museen nun auch auf reichlich Resonanz. Sie haben einen Aufruf gestartet und suchen Personen, die sich ein Tattoo nach einem Motiv von Albrecht Dürer haben stechen lassen – oder es jetzt noch tun wollen. Wer dessen berühmte betenden Hände, den Dürer-Hasen oder vielleicht auch ein Selbstporträt des Künstlers auf Armen, Beinen oder auch dem Allerwertesten zu bieten hat, kann Teil der Ausstellung „Dürer under your skin. TattooArt“ werden, die von April an in Nürnberg zu sehen sein wird.
So kurioses die Idee klingen mag, gibt es aus Sicht der Kuratoren auch inhaltliche Gründe für das Konzept der Ausstellung, schließlich habe der bedeutende Renaissance-Künstler Dürer die Motive bei seinen Kupferstichen ja auch geritzt und gestochen.
Ein ungewöhnlicher Aufruf, denn dass Privatpersonen in Kunstausstellungen einbezogen werden, ist noch immer die Ausnahme im Kunstbetrieb – von potenten Sammlern einmal abgesehen, die dafür ihre Werke geben. Kulturhistorische Museen dagegen wenden sich schon gelegentlich an die Bevölkerung und bitten um Mithilfe oder auch um Exponate für eine Ausstellung.
So hat das Landesmuseum Württemberg vor mehreren Jahren Jugendliche mit Migrationshintergrund eingeladen, dem Museum für eine Ausstellung im Alten Schloss Stuttgart Objekte auszuleihen, die ihnen wichtig sind. Migration ist eines der großen Themen, bei denen Museen oft um Mithilfe bitten, weil die Kulturen zugezogener Menschen in den deutschen Sammlung nach wie vor stark unterrepräsentiert sind. Deshalb hat etwa das Museum Alltagskultur Waldenbuch in seiner Ausstellung „kleine Schätze“ aufgenommen, die von Menschen mit verschiedensten Migrationserfahrungen stammen und für sie von besonderer Bedeutung sind.
Bettwanzen tiefgefroren
Während Corona starteten besonders viele Museen Aufrufe, auch, um während des Lock-Downs zumindest auf diese Weise mit dem Publikum in Kontakt bleiben zu können. Es entstanden zahllose Sammlungen mit Gegenständen, die typisch für Corona wurden. Das Historische Museum Frankfurt bat die Bevölkerung, all das einzureichen, was von der Pandemie vermutlich im Gedächtnis bleiben wird. Das Museum Post und Telekommunikation in Berlin wollte dagegen wissen, welche Kommunikationsformen den Menschen besonders wichtig waren in dieser Zeit. Die Museumsleute baten hierfür um Objekte, Fotos und Geschichten.
Mal sucht ein Museum Tagebücher, mal persönliche Gegenstände von historischem Wert – wie gerade in Dresden, das in einer Ausstellung ein „Regal voll Sachsen“ befüllen will. Die Resonanz auf den Aufruf war enorm. So wurden eine Tischuhr aus dem 17. Jahrhundert eingereicht, Kindergeschirr aus der Porzellan-Manufaktur Meissen oder eine Puppenstube aus der DDR.
Auf besondere Einreichungen hofft derzeit auch das LWL-Museum für Naturkunde in Münster. Es hat kürzlich einen Aufruf gestartet, weil die Wissenschaftler des Museums die Bettwanze besser erforschen wollen. Da man selbst im an sich riesigen Fundus an präparierten Tierkörpern nur zwei Dutzend der lästigen Tierchen besitze, sei es schwierig, sich ein umfassendes präzises Bild zu machen, wie die Bettwanzen sich im Land verbreiten. Wer Exemplare zu bieten hat, kann sie fotografieren – oder auch tiefgefroren einschicken.