Bühne frei zur ersten Show: Frl. Wommy Wonder, der LinkMichel, Wolfgang Seljé und Gerd Schneider freuen sich mit Abstand über einen kurzweiligen Abend. Foto: Ines Rudel

Fünf Abende lang präsentiert „Kultur.Gut!“ Künstlerinnen und Künstler aus der Region im Netz. Die Aktion, die von der EZ-Weihnachtsspendenaktion gefördert wird, möchte den Akteuren im Internet eine Plattform bieten und zeigen, dass die Kultur auch in Corona-Zeiten lebt. In der ersten Show präsentierte Frl. Wommy Wonder den Sänger Wolfgang Seljé, den Kabarettisten LinkMichel und das Dirk Blümlein Terzett.

Esslingen - Gewöhnlich stehen sie im Rampenlicht, doch in Zeiten von Corona haben es Künstler schwer, ihr Publikum zu erreichen: Veranstaltungshäuser sind geschlossen, Auftritte vor Publikum sind untersagt. Und viele Menschen teilen den Eindruck von EZ-Chefredakteur Gerd Schneider: „Es ist so traurig ohne die Kultur.“ Deshalb hat die Eßlinger Zeitung zusammen mit dem Verein Live-Musik, dem Jugend- und Kulturzentrum Komma und dem Travestiekünstler Frl. Wommy Wonder ein neues Veranstaltungsformat entwickelt: Fünf Abende lang präsentiert „Kultur.Gut!“ mit Unterstützung der EZ-Weihnachtsspendenaktion Künstlerinnen, Künstler und Bands aus der Region.

Gleich die erste Show der EZ-Kulturwoche im Netz am Samstagabend ließ ahnen, dass viele auf solch ein Angebot nur gewartet hatten: Obwohl die Technik den „Kultur.Gut!“-Machern in letzter Minute einen Streich gespielt hatte, waren rund 240 Zuschauer dabei. Und Gerd Schneider durfte auch ein bisschen stolz sein: „Andere arbeiten monatelang mit einem Riesenteam an solchen Programmen – das ‚Kultur.Gut!’-Team hat das in zwei Wochen gestemmt, weil solche Formate jetzt gebraucht werden und nicht irgendwann.“

Frl. Wommy Wonder führt durchs Programm

Mit Frl. Wommy Wonder war der erste Erfolgsfaktor von Anfang an mit im Boot. Die kesse Wuchtbrumme mit Glitzerrobe, Mega-Frisur und Kodderschnauze zog nicht nur hinter den Kulissen die Fäden, sondern führte auch erfrischend flott und mit wohltuender Selbstironie durchs Programm. Und sie machte Mut, der Tristesse im Lockdown zu trotzen und in allem auch das Positive zu suchen: „Wenn die Bahn 20 Minuten Verspätung hat, dann freuen Sie sich doch, weil Sie fürs selbe Geld mehr Fahrzeit bekommen.“ Dass Wommy aber nicht nur frech und manchmal etwas frivol sein kann, ließ er/sie immer wieder aufblitzen – vor allem in einem Song, der an die Nöte von Künstlerinnen und Künstlern erinnert und all jenen die Ehre erweist, die gerne als systemrelevant geadelt werden, sich aber dennoch oft nur mit warmen Worten begnügen müssen.

Warm ums Herz wird’s vielen, wenn Wolfgang Seljé auf der Bühne steht. Als „schwäbischer Botschafter“ möchte er zeigen, welche Möglichkeiten im Dialekt seiner Heimat stecken. Am ersten „Kultur.Gut!“-Abend servierte er einige seiner „Goodsle“ – weltberühmte Melodien, die er mit witzigen schwäbischen Texten kombiniert: Da wird aus dem Beatles-Hit „Yesterday“ kurzerhand „Esther g’seh“, die Geschichte einer Jugendliebe in Bernhausen, die immer noch nachglüht. Die kauflustige Tante Ingeborg darf sich zur Melodie von „Jingle Bells“ austoben, und was „Pata Pata“, der Welterfolg von „Mama Afrika“ Miriam Makeba, mit schwäbischem Hefezopf und Zibeben zu tun hat, erfährt der staunende Zuhörer ebenfalls. Und weil die Chemie zwischen Seljé und Wommy offenkundig stimmt, waren die beiden auch im Duett zu hören. Bei ihrer Version von Udo Jürgens’ „Liebe ohne Leiden“ könnten sentimentalere Seelen ein Tränchen im Augenwinkel zerdrückt haben . . .

LinkMichel nimmt kein Blatt vor den Mund

Dagegen nimmt der LinkMichel kein Blatt vor den Mund. Der Kabarettist aus dem Neuffener Täle erzählt pointiert Geschichten, die das Leben schrieb – vor allem aus seinen eigenen Erfahrungen als Ehemann und Vater dreier Töchter. Die „Dekomanie“ der holden Gattin („wenn du kurz einschläfst, wachst Du mit einer Lichterkette um den Hals auf“) liefert ihm ebenso Anlass zum Spötteln wie die Zukunftspläne der Tochter, die nach dem Abi mit dem Freund durch Südostasien reisen und den Menschen dort zeigen will, wie man Reis pflückt. Und selbst als Beziehungsberater ist er zur Stelle: „Das Wichtigste in einer Beziehung ist, sich selbst zu lieben“, sagt die Tochter. Worauf der Vater schnodderig kontert: „Ja, aber den Partner auch . . .“ So lieben ihn seine Fans, und so hat er auch dem „Kultur.Gut!“-Publikum viel Vergnügen beschert.

Wenn der Verein Live-Musik bei einer Kulturwoche mitmacht, übernimmt die Musik eine Hauptrolle. Deshalb spielt Frl. Wommy Wonder jeden Abend für den zweiten Teil der Show den Ball weiter ins Studio B, wo Live-Musik einige der interessantesten Vertreter der regionalen Jazzszene präsentiert – diesmal das Dirk Blümlein Terzett. Mit eigenen Kompositionen überzeugten der innovative Bassist und Gitarrist, Schlagzeuger Eckhard Stromer und Andreas Francke an Saxofon und Klarinette.

Pop und Rock mit jazzigen Wurzeln

Ihr Stil driftet zwischen Pop und Rock, lässt aber stets die jazzigen Wurzeln spüren. Seit mehr als 18 Jahren spielt die Band in dieser Besetzung. Getroffen haben sich die drei im Musikstudium. Wie wunderbar sie aufeinander eingespielt sind und dass ihre Lebensfreundschaft immer noch faszinierende Früchte trägt, zeigten die drei bei ihrem „Kultur.Gut!“-Auftritt. Das Terzett ist die große Leidenschaft von Blümlein, der sich nicht nur als Bandmitglied bei der Ska-Formation „No Sports“ oder „Fools Garden“ einen Namen gemacht hat. Er ist auch solo unterwegs und hat mit seinem Terzett drei Alben produziert.

Die „Kultur.Gut!“-Show am Montag, 14. Dezember, beginnt um 19.30 Uhr. Dann begrüßt Frl. Wommy Wonder im Netz den Galgenstrick Erich Koslowski, das literarisch-musikalische Duo Phantasma, das Gesangs-Duo Buddy & Ela und das Duo Conceptions mit Uli Gutscher und Werner Acker. Die digitale Eintrittskarte ist zum symbolischen Preis von einem Euro unter live.es-tv.de zu haben.