Matthias Würschings Riesenkürbis wird verladen. Foto: privat

Michael Würsching will am Wochenende den EM-Titel im Riesenkürbiswiegen holen. Der Transport von Hessen nach Ludwigsburg ist Maßarbeit, aber auch ein großer Spaß – vor allem wegen der Schaulustigen auf der Autobahn.

Die letzten Momente seien immer wieder nervenaufreibend, sagt Kürbiszüchter Matthias Würsching. Wenn das tonnenschwere Gemüse mit Umzugsgurten von einem Radlader angehoben und auf die Waage gesetzt wird, hält der 54-Jährige jedes Jahr wieder die Luft an. Ein Riss durch die Schale und ins Fruchtfleisch ist zwar unwahrscheinlich, würde ihn aber mit einem Schlag disqualifizieren. „Wenn der Kürbis in Ludwigsburg auf Waage liegt, fällt eine Last von einem ab“, sagt Würsching.

Der Hesse nimmt jedes Jahr an den Meisterschaften im Riesenkürbiswiegen im Blühenden Barock in Ludwigsburg teil. Den deutschen Titel hat er vergangenen Sonntag mit seinem 1005 Kilogramm schweren Kürbis geholt, am Wochenende hat er es auch auf die Europameisterschaft abgesehen. Die Zucht ist aufwendig und fordert Opfer, besonders die Ernte und der Transport sind heikel – „dafür ist man auf der Autobahn der absolute Hingucker“.

Anfangs waren es 50 Kilogramm

Matthias Würsching züchtet seit rund 20 Jahren Kürbisse auf dem Bauernhof seiner Familie im hessischen Einhausen. „Meine Großeltern hatten einen richtigen Hof mit Bullen, Schweinen und Gemüseanbau“, sagt der Kämmerer einer kleinen Gemeinde. Als Würschings Eltern auf die Rente zugehen, stellen sie den Betrieb auf einen reinen Kürbishof um. „In der Erntezeit hilft immer noch die ganze Familie mit – Geschwister, Kinder, Nichten und Neffen.“

2004 habe er aus Interesse einfach mal einen ersten Riesenkürbis ins Feld gepflanzt, 50 Kilogramm kamen am Ende heraus. Sein Ehrgeiz war geweckt. Würsching verschlingt in den folgenden Jahren Fachliteratur aus den USA, kauft sich Samen aus Kanada und landet mit seinem Gemüse regelmäßig unter den Top-3 bei der deutschen Meisterschaft.

Matthias Würsching hat am vergangenen Wochenende die Deutsche Meisterschaft gewonnen, jetzt schielt er auf den EM-Titel. Foto: Kuhnle

Jedes Jahr im April pflanzt Würsching den Kürbis, Anfang Juni bestäubt er die Blüte von Hand. Zu diesem Zeitpunkt hat der Kürbis die Größe eines Tennisballs. Zehn Tage später ist er so groß wie ein Fußball, nach 20 Tagen so groß wie ein Medizinball. Dann beginne eine extreme Wachstumsphase in der er täglich den Kürbis und seine Blätter pflege, sagt Würsching. „Im Juli und August nimmt der Kürbis pro Tag bis zu 25 Kilogramm zu, man kann ihm beim Wachsen förmlich zuschauen.“ Bis zu 80 Quadratmeter braucht ein Riesenkürbisse im Gewächshaus, um seine Blattmasse voll zu entfalten und dadurch möglichst viel Wasser und Sonnenlicht aufnehmen zu können.



Die Wachstumsphase sei dieses Jahr besonders gut verlaufen – mit sonnigem und warmen Wetter. In den vergangenen Wochen habe er bereits geahnt, dass dieser Kürbis der schwerste werden könnte, den er je gezüchtet hat, sagt Würsching. Geerntet wird erst unmittelbar vor der Abfahrt nach Ludwigsburg, damit der Kürbis bis zum letzten Moment mit Wasser versorgt wird, erklärt Würsching. Denn dann könne der Kürbis in wenigen Tagen bis zu zehn Kilogramm Gewicht durch Verdunstung verlieren.

Vorsichtig werden Gurte um den Kürbis und an einer ringförmigen Aufhängung befestigt, um das Gemüse mit einem Traktor auf eine Palette zu wuchten. Dann geht es auf den Autoanhänger. „Hier muss man vorsichtig sein, die Gurte nicht zu fest anzuziehen.“ Auf der Fahrt sei es dann zeitweise schwer, sich auf Schlaglöcher und Bodenwellen zu konzentrieren. Besonders auf der Autobahn sei der Kürbis jedes Mal eine riesige Attraktion. „Man bekommt viele Daumen hoch und Hupkonzerte. Teilweise fahren Autos kilometerlang neben einem her und filmen den Kürbis mit dem Handy.“

Ein Hingucker auf der Autobahn. Foto: privat

Würsching gehört zu den besten Züchtern Europas, der Weltrekord sei natürlich ein Traum, sagt der Hesse. „Ich bin aber Realist. Einige Züchter machen täglich Blattanalysen, da bin ich noch weit entfernt.“ Er versuche sich jedes Jahr ein wenig zu verbessern, seine Freude am Züchten stehe im Vordergrund – aber auch die Freude der Schaulustigen, im Blüba und auf der Autobahn.

Europameisterschaft
 Am Sonntag findet ab 13.30 Uhr auf der Kürbisausstellung im Blühenden Barock die Europameisterschaft im Riesenkürbiswiegen statt. Die favorisierten Gebrüder Paton aus England mussten wegen eines Risses in ihrem Kürbis die Teilnahme kurzfristig absagen.

Weltrekord
 Die Weltrekorde im Riesenkürbiswiegen werden regelmäßig gebrochen. Dreimal wurde ein Weltrekord in Ludwigsburg aufgestellt: 2014 vom Schweizer Beni Meier (954 kg), 2016 vom Belgier Mathias Willemijns (1191 kg) und 2021 vom Italiener Stefano Cutrupi (1226 kg). Den Weltrekord hält aktuell Travis Gienger aus den USA mit seinem 1247 Kilogramm schweren Kürbis aus dem Jahr 2023.