So hübsch sauber aufgereiht wie am Bahnhof in Stuttgart-Vaihingen werden E-Roller leider nicht immer. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die beliebten Elektroroller haben sich zu einem Ärgernis entwickelt, weil sie teils Gehwege versperren. Stuttgart reicht die Selbstverpflichtung der Anbieter nicht mehr.

Auf die Anbieter von E-Scootern in der Landeshauptstadt und damit mutmaßlich auch auf die Nutzer kommen verschärfte Regeln zu. Die Stadtverwaltung plant ein Sondernutzungskonzept für die Anbieter der beliebten Elektroroller. Die hatten bisher eine freiwillige Selbstverpflichtungserklärung unterzeichnet. Diese Regelung eröffnet bisher „keine Eingriffs- oder Ahndungsmöglichkeiten gegenüber den Anbietern“, so das Ordnungsamt auf Anfrage. Das soll sich ändern.

Bisher gilt nur eine Selbstverpflichtung

In der Selbstverpflichtung hatten die in Stuttgart tätigen fünf Anbieter das Gesamtkontingent und das verkehrssichere Abstellen der Elektroroller geregelt. Allerdings erreichen die Stadtverwaltung seit dem Start der Systeme Beschwerden, vor allem über Roller, die kreuz und quer auf Gehwegen abgestellt, gelegt oder in der Landschaft entsorgt werden. Durch rücksichtsloses Abstellen auch an Bushaltestellen oder bei Fußgängerquerungen würden Menschen gefährdet, so die Stadt. Vor allem Sehbehinderte. Dazu kommen laut Verwaltung Beschwerden über das Befahren von Gehwegen und Fußgängerzonen – beides ist verboten. Wenn kein Radweg oder Fahrradstreifen vorhanden ist, muss mit dem Roller auf der Straße gefahren werden. „Der Fußverkehr wird erheblich beeinträchtigt“, so die ernüchternde Bilanz der Stadt.

Neue, rechtsverbindliche Spielregeln

Dem soll das Sondernutzungskonzept abhelfen. Ziel sei eine „deutliche Verbesserung der Verkehrssicherheit und der Ordnung des öffentlichen Straßenraums“ – dabei soll die mögliche Sanktionierung der Anbieter durch „Verwaltungszwangsmaßnahmen“ helfen. Dazu würden Regeln zum Betrieb und zum Abstellen, zur Einrichtung von Geofencingzonen, zur Kundeninfo und zur Datenüberlassung aufgestellt. Es gehe um „Spielregeln für die Nutzung des öffentlichen Raums, die rechtsverbindlichen Charakter erhalten“. Geplant sind auch Abstellzonen an „neuralgischen Standorten“.

Ordnungswidrigkeiten wie das Fahren über eine rote Ampel (Bußgeld von 60 bis 180 Euro), das Fahren auf dem Gehweg (15 bis 30 Euro) oder das beliebte Fahren zu zweit auf einem Roller (10 Euro) können schon heute teuer werden. Bei Verstößen gegen die Bestimmungen der Sondernutzungserlaubnis will die Stadt noch ganz andere Beträge aufrufen. Sie können mit einer Geldbuße von bis zu 500 Euro gegen den Betreiber der Scooter-Vermietung geahndet werden, informiert das Amt für öffentliche Ordnung auf Anfrage. Bei extremen oder dauerhaften Verstößen könnte die Stadt die Sondernutzungserlaubnis widerrufen.

41 Prozent der Lenker verkehrsuntüchtig

Die Pflichten für die Nutzer seien „indirekte“, die Betreiber müssten die Kunden zur Einhaltung der Regeln anhalten. Auf die Sondernutzungserlaubnis, die im zweiten Quartal im Gemeinderat besprochen werden soll, könnten aktualisierte Leihbedingungen folgen.

Bei der Vorstellung der Verkehrsunfallzahlen im Land vergangene Woche stachen die E-Scooter mit einer Steigerung um fast 50 Prozent auf 893 Fälle hervor. Es gab 107 Schwerverletzte, drei Nutzer starben. Auffällig war auch die Hauptunfallursache. In 41 Prozent der Fälle waren die Lenker verkehrsuntüchtig. Zwar sahen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Schadensbilanz bei den E-Rollern „in Relation zur Gesamtunfalllage auf niedrigem Niveau“. Allerdings werden mit diesen auch nur kurze Wege zurückgelegt.

Regiorad leidet unter den E-Scootern

Die E-Scooter sind nicht nur Fußgängern ein Dorn im Auge. Sie konkurrieren zum Beispiel auch mit dem von der Stadt und vielen Kommunen in der Region unterstützten Regiorad-Verleihsystem. Dort werden sie für einen Nachfragerückgang mit verantwortlich gemacht. Zunächst habe der „Hipp-Faktor“ bei den Scootern eine Rolle gespielt, wesentlich sei auch die flexiblere Verfügbarkeit und stationsunabhängige Rückgabe. Da wohl keiner der Anbieter Geld verdiene, erwartet Regio-Rad eine Marktbereinigung mit anschließend eingeschränkter Verfügbarkeit der E-Scooter.