Gewerkschaftsmann Cuno Brune-Hägele kämpft für die Kaufhof-Mitarbeiter. Foto: Martin Haar

Neben Karstadt Sports wird auch die Feinkostabteilung von Kaufhof auf der Königstraße geschlossen. Die Gewerkschaft Verdi spricht von einem „Kahlschlag“ und kritisiert OB Fritz Kuhn scharf für dessen Umgang mit dem Standort Stuttgart.

Stuttgart - Für die Beschäftigten ist es seit Mittwoch traurige Gewissheit: Das Amtsgericht Essen hat für die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof und acht verbundene Unternehmen Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung angeordnet. Betroffen seien neben der Warenhauskette selbst die Tochterunternehmen Karstadt Sports, Galeria Logistik, Sportarena, Le Buffet, Dinea Gastronomie Karstadt Feinkost, Atrys I und Saks Fifth Avenue Off 5th Europe. Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung schließt an das bisherige Schutzschirmverfahren an. Galeria Karstadt Kaufhof und Karstadt Sports reichten am Mittwoch beim Gericht die in den letzten Monaten erarbeiteten Insolvenzpläne mit den Details des Sanierungskonzepts ein.

Betroffen von den Sanierungsplänen sind auch die Stuttgarter Niederlassungen der Tochter Karstadt Sports sowie die Feinkost-Filiale auf der Königstraße. Beide Filialen-Läden machen dicht. Karstadt Sports schließt zum 31. Oktober, die Feinkostabteilung dürfte ebenso noch in diesem Jahr dicht machen. Für verdi-Geschäftsführer Cuno Brune-Hägele und Kaufhof-Betriebsratsvorsitzende Doris Schnuchel ist das eine bittere Nachricht. „Denn dort arbeiten Leute, die schon zwischen 20 und 40 Jahre dabei sind. Für die wird es ganz schwer etwas Neues zu finden“, sagen beide unisono, „anders als im Textilbereich sind hier hauptsächlich ältere Mitarbeiter betroffen.“

Missmanagement und horrende Mieten

Bei der Belegschaft, der Gewerkschaft und bei den Betriebsräten ist man sich bei der Schuldfrage einig: Man spricht einerseits von Missmanagement, überzogenen Mietpreisen und einem Versagen der Stadt. „Bevor der kanadische Warenhauskonzern Hudson’s Bay Company Kaufhof übernommen hat, hat Kaufhof schwarze Zahlen geschrieben“, sagt Cune-Hägele. Doch nun richtet sich seine Kritik vor allem gegen Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Ihm haben die Betriebsräte und die Cune-Hägele bereits am 4. Juni einen Brief geschrieben, in dem sie vor Standortschließungen und massiven Stellenabbau gewarnt hatten. „Der geplante Kahlschlag trifft alle Mitarbeiter. Sie sind alle ein Teil der Stadt Stuttgart“, heißt es im Brief an Kuhn

. Es sei wie bei der Filial-Schließung in Bad Cannstatt, so Cune-Hägele, „der Verlust des dortigen Ankers und Frequenzbringers wird auch die kleinen Läden betreffen.“ Er rechnet daher mit Insolvenzen und einer „Verödung“ der Innenstädte. Aus diesem Grund appellierten die Briefschreiber an den OB: „„Bitte wirken Sie auf die Unternehmenseigner von Galeria Kaufhof ein und unterstützen Sie die Bemühungen zum Erhalt des Warenhauses in der Stadt.“

Soll Sport Scheck vom Karstadt-Sterben profitieren?

Nun sind die Einflussmöglichkeiten eines Oberbürgermeisters in diesem Fall stark begrenzt. Das wissen auch die Gewerkschafter und die Karstadt/Kaufhof-Mitarbeiter. Und doch sind alle sauer: „OB Kuhn hat es innerhalb von vier Wochen nicht einmal geschafft, sich zurückzumelden. Es ist nicht das erste Mal, dass wir diese Erfahrung mit ihm machen.“ Im Gegensatz zu Kuhn zeige der Leonberger OB, wie man es richtig macht. „Wir werden nichts unversucht lassen, um unsere Karstadt-Filiale zu retten“, sagte OB Martin-Georg Cohn zuletzt, „wir dürfen die berufliche Zukunft vieler Mitarbeiter und die Bedürfnisse zahlloser Kunden nicht einfach kampflos aufgeben.“ Dorit Schmuchel ergänzt in gleicher Sache: „Hier geht es um ein Zeichen der Wertschätzung. Aber es geht letztlich auch um die Stadt und ihre Menschen. Schließlich drohen der Stadt durch drohende Schließungen auch Ausfälle bei der Gewerbesteuer.“ Schmuchel widerspricht zudem der These, Warenhäuser hätten in der heutigen Zeit keinen Platz mehr in der Handelslandschaft: „Ich glaube fest an die Zukunft der Warenhäuser“, sagt sie energisch und hofft, dass die Kunden zum Einkaufen in die Stadt kommen, anstatt im Internet zu bestellen.

Der Ärger von Paraskevas Kazas, Betriebsratsvorsitzender von Karstadt Sports in der Königstraße, zielt jedoch noch mehr auf den Karstadt-Eigentümer René Benko (Signa). Aus Sicht von Kazas will und wollte er Karstadt Sport gar nicht retten. „Zuletzt soll Benko sogar ein Übernahmeangebot einer Familie abgelehnt haben. Der Hintergrund ist für mich klar: Indem er Karstadt Sports sterben lässt, stärkt er seine andere Filialisten-Tochter Sport Scheck.“