Krisha Kops liest nicht nur, er lebt seine Texte. Foto: Horst Rudel

Die Esslinger Literaturtage Lesart stehen für hochkarätige Namen. Diesmal rückt das Festival verstärkt junge Autoren in den Fokus. Nun hat Krisha Kops seinen Debütroman „Das ewige Rauschen“ vorgestellt, der von der Suche nach Heimat und Identität erzählt.

„Diese Geschichte ist so wahr, wie nur irgendeine Geschichte wahr sein kann. Und weil Wahrheit schmerzt, ist jedes Wort eine Kerbe in meiner grauen Borke, jeder Satz mit meinem Milchsaft geschrieben auf die Blätter, die ich eines Tages sein werde. Dies ist die Geschichte des Dazwischen, des Halb-Halb, des Viertel-Viertel-Viertel-Viertel, des Alles und des Nichts. Wie ich vom Abend- zum Morgen- ins Zwischenland kam.“ Bereits die ersten Zeilen in Krisha Kops’ Debütroman lassen erahnen, dass „Das ewige Rauschen“ ein ungewöhnliches Buch ist.

Der Erzähler ist ein Banyanbaum, dem die Winde vom jungen Abbayi und seiner Familie erzählen. Es ist ein Roman über Heimat, Wurzeln und das ewige Dazwischen. Und wer den Autor Krisha Kops bei den Esslinger Literaturtagen erlebt hat, der hat gespürt, wie reizvoll es sein kann, sich während der Lesart auf junge Stimmen im Literaturbetrieb einzulassen.

Emotion führt den Stift

„Eigentlich wollte ich Rapper werden, aber das hat leider nicht geklappt“, verriet Krisha Kops im Lesart-Gespräch mit Peter Vollbrecht. Schreiben war für Kops stets eine Möglichkeit, mit den eigenen Emotionen umzugehen. Er war als Poetry-Slammer erfolgreich, hat sich in unterschiedlichen Genres von Theater über Lyrik bis hin zum Film versucht und ist schließlich bei der Prosa geblieben. Und wer den promovierten Philosophen und Journalisten im Kutschersaal erlebt hat, der hat gespürt, dass er seinen Roman nicht nur liest, sondern lebt.

Krisha Kops ist Sohn einer deutschen Mutter und eines indischen Vaters. Und wenn er seinen Banyanbaum erzählen lässt, dann ist es die Geschichte eines Jungen, der – so wie der Autor selbst – zwischen sehr entfernt scheinenden Sprachen und Kulturen aufwächst und später nach seiner eigenen Identität sucht. Den Lesern begegnen ganz unterschiedliche Menschen, die Krisha Kops in seinen Lesungen auch in schwarz-weißen Porträtaufnahmen lebendig werden lässt. Vor allem in den in Indien angesiedelten Kapiteln finden sich oft mythologische Anklänge. „Es ist sehr plastisch, wie Du gerade in diesen Passagen erzählst“, befand Vollbrecht. Darauf der Autor: „Ich schreibe keine geplanten Romane, sondern aus der Emotion heraus. Die Literatur kreiert eine eigene Realität.“

Literatur wird interkultureller

Dieser Roman erzählt von zwei Familien, deren Wege sich auf wundersame Weise kreuzen. Es ist die Geschichte eines Mädchens, das an der Ostsee geboren wird und in der Nachkriegszeit mit seiner Familie durch Deutschland zieht. Es ist die Geschichte eines indischen Bauern, der für seine Tomatenpflanzen singt und für seine beiden Frauen. Es ist die Geschichte eines Glückssuchers, dem die Welt zu klein für seine Ideen ist und der sein Heimatland Indien verlässt. Es ist die Geschichte einer Frau, die sich in den Fremden verliebt, der ihr jedoch kein Glück von Dauer beschert. Und schließlich ist es die Geschichte eines jungen Mannes, der sich zeit seines Lebens zwischen den Welten bewegen wird. Vor allem aber ist „Das ewige Rauschen“ (Arche Verlag, 22 Euro) ein außergewöhnliches Buch, das einen ganz eigenen Ton anschlägt und davon erzählt, dass man Heimat auch zwischen den Kulturen finden kann. „Literatur war immer interkulturell“, weiß Krisha Kops. Und er ist überzeugt: „Sie wird in unserer modernen Welt noch interkultureller werden.“