Im Kreis Esslingen ist 2024 die Zahl der Straftaten leicht zurückgegangen. Das ist wohl auch auf einen Sondereffekt durch die Teillegalisierung von Cannabis zurückzuführen. Erschüttert haben den Landkreis im vergangenen Jahr drei Tötungsdelikte.
Die Kriminalität in der Region ist im vergangenen Jahr gesunken. Das Polizeipräsidium Reutlingen hat für 2024 insgesamt 52 258 Straftaten registriert – ein Minus von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Landkreis Esslingen, der neben den Kreisen Reutlingen, Tübingen und Zollernalb zum Zuständigkeitsbereich des Präsidiums gehört, wurden 23 557 Straftaten festgestellt – exakt zwei weniger als 2023. Vor allem die sinkenden Fallzahlen bei den Diebstahl- und Rauschgiftdelikten machen sich in der Polizeilichen Kriminalstatistik bemerkbar, heißt es in dem jetzt vorgestellten Bericht. Die Aufklärungsquote erhöhte sich leicht auf 62,9 Prozent, knapp ein Prozent höher ist sie im Kreis Esslingen. Die Kriminalitätsbelastung im Bereich des Polizeipräsidiums Reutlingen liegt mit 4132 Straftaten pro 100 000 Einwohner um drei Prozent unter dem Wert des Vorjahres und deutlich unter dem Landesdurchschnitt.
Höchststand bei nichtdeutschen Tatverdächtigen
Auch die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen ist um 2,3 Prozent auf insgesamt 24 532 gesunken. Nach einem alarmierenden Anstieg der tatverdächtigen Kinder 2023 auf ein Zehn-Jahres-Hoch hat sich der Trend nicht fortgesetzt, die Zahlen blieben hoch, liegen aber mit 1263 etwas unter denen des Vorjahres. Innerhalb der erwachsenen Tatverdächtigen gab es mit 2486 so viele Senioren ab 60 Jahre wie seit 20 Jahren nicht mehr. Rechnet man Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz, Asylgesetz oder EU-Freizügigkeitsgesetz heraus, die fast nur von Ausländern begangen werden können, liegt die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen mit 9344 leicht über dem Vorjahreswert von 9279. Dies entspricht einem Anteil von 42,4 Prozent an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen und markiert einen neuen 20-Jahres-Höchststand, schreibt die Polizei.„Bei Messerangriffen im öffentlichen Raum betrug der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger sogar 58,6 Prozent“, hebt der Leiter des Polizeipräsidiums Reutlingen, Udo Vogel, in dem Kriminalitätsbericht hervor.
Etwas weniger Messerangriffe
Die Gewaltkriminalität nahm zwar um gut ein Prozent auf 1996 Straftaten ab, lag damit aber nur geringfügig unter dem 20-Jahres-Höchststand von 2023. Im Landkreis Esslingen wurden 821 Gewaltdelikte und damit drei weniger als im Vorjahr registriert. Die Anzahl der Körperverletzungsdelikte bewege sich im Präsidiumsbereich mit insgesamt 6414 Taten weiter auf hohem Niveau, so die Polizei. Die Raubdelikte stiegen um 7,2 Prozent auf 328 Fälle. Bei den Messerangriffen gab es einen leichten Rückgang. 109 Delikte wurden erfasst, eins weniger als 2023. Mit 564 Fällen wurden erstmals seit vier Jahren weniger Straftaten gegen Polizeibeamte registriert. „Dennoch zeigt sich eine anhaltende Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften“, warnt Udo Vogel.
Drei Morde im Kreis Esslingen
45 Delikte gegen das Leben hat das Polizeipräsidium für 2024 erfasst, das sind zwei weniger als im Jahr zuvor. Mit einem Anteil von 53,3 Prozent ist der Kreis Esslingen bei diesem Deliktbereich innerhalb der Präsidiumszuständigkeit am stärksten belastet, schreibt die Polizei. Ein möglicher Grund dafür sei die hohe Bevölkerungsdichte. „Wo mehr Menschen leben, gibt es auch mehr Konflikte“, sagt Polizeisprecher Lutz Jaksche. Zudem spiele die gewalttätige Rivalität zweier Banden eine Rolle. Im Kreis Esslingen wurden 24 Tötungsdelikte registriert, im Vorjahr waren es 21. In der Gesamtstatistik führt die Reutlinger Polizei elf Taten als Mord, acht davon als Versuche. Die drei vollendeten Taten passierten mit Esslingen, Hochdorf und Nürtingen alle im Kreis.
Rauschgiftkriminalität halbiert sich
2024 hat die Polizei in der Region weniger Diebstähle registriert. Mit 14 825 Straftaten sind sie um 6,7 Prozent gesunken. Anders war die Entwicklung im Kreis Esslingen, dort gab es einen Anstieg auf 6074 Fälle. Den Rückgang der Rauschgiftdelikte um 42 Prozent auf 1773 Fälle führt die Polizei auf das am 1. April 2024 eingeführte Cannabisgesetz zurück. Im Kreis Esslingen nahm die Zahl sogar fast um die Hälfte auf 610 Fälle ab.
Betrugsdelikte nehmen spürbar zu
Nachdem bei den Fallzahlen der Vermögens- und Fälschungsdelikte in den Jahren 2021 bis 2023 nur leichte Zuwächse zu verzeichnen waren, stiegen sie laut Polizei 2024 erstmals wieder deutlich um 11,6 Prozent auf 8782 Fälle an. Insbesondere die Betrugsdelikte nahmen spürbar um 18,6 Prozent zu.
Um 4,1 Prozent gestiegen sind auch Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, 1101 Fälle finden sich in der Statistik. Der Zuwachs ist der Polizei zufolge vor allem auf gestiegene Fallzahlen bei der Verbreitung pornografischer Schriften zurückzuführen.
Ermittlungen
Cannabisgesetz
Auch wenn die registrierte Rauschgiftkriminalität mit Einführung des Cannabisgesetzes 2024 deutlich zurückging, habe die Neuregelung die Kontrollen erschwert, schreibt das Polizeipräsidium Reutlingen in seinem Bericht. So würden weitere Erkenntnisse benötigt, um beispielsweise legalen oder illegalen Besitz festzustellen. „Das erfordert regelmäßig deutliche Mehraufwände bei den Ermittlungen“, so die Kritik.
Kreiskommunen
Neidlingen hat von den Kommunen im Kreis Esslingen 2024 die geringste Kriminalitätsbelastung. Die sogenannte Häufigkeitszahl lag bei 839. Dieser Vergleichsindikator errechnet die Zahl der bekannt gewordenen Straftaten auf 100 000 Einwohner. Es folgen Lichtenwald (1051) und Aichwald (1427). Den höchsten Wert weist Plochingen mit 5703 auf, davor kommen Kirchheim (5380), Nürtingen (5284), Wendlingen (4722) und Esslingen (4681).