Ein Kampfpanzer Leopard 2A7 der Bundeswehr beim scharfen Schießtraining auf dem niedersächsischen Truppenübungsplatz Bergen. Foto: IMAGO//Björn Trotzki

Auch wenn Deutschland und die USA zunächst keine Kampfpanzer in die Ukraine liefern wollen, sind die im Ramstein zugesagten Waffenlieferungen der Unterstützer umfangreich: Munition, Luftabwehr, Schützenpanzer.

Der Krieg ist eingefroren: An wenigen Stellen der etwa 830 Kilometer langen Front in der Ukraine greifen sich aktuell russische und ukrainische Truppen an. Im Raum Bachmut, 60 Kilometer nördlich der Großstadt Donezk im Osten des Landes, versuchen seit Wochen russische Infanterie- und Panzereinheiten die Stellungen der ukrainischen Verteidiger zu durchbrechen. An den anderen Stellen der Front beschießt die weit überlegene russische Artillerie massiv Städte und Dörfer.

Aus Sicht der Ukraine sollen westliche Kampf- und Schützenpanzer in einer Frühjahrsoffensive zum Einsatz kommen und die Wende bringen: Mit einem Angriff soll die derzeitige Landverbindung zur Krim unterbrochen, die russischen Kräfte aufgesplittert und damit die Voraussetzungen geschaffen werden, um die von ihnen besetzten Gebiete zu befreien.

Am Freitag sagten die Unterstützer der Ukraine umfangreiche Waffenlieferung zu: Luftabewehrraketensysteme, Schützen- und Transportpanzer, Fugabwehrpanzer, Artillerie, Munition, Panzerabwehrlenkraketen. In der für eine mögliche ukrainische Frühjahrsoffensive entscheidenden Frage jedoch zögern Deutschland und die USA: Kampfpanzer wollen sie nicht ins Kriegsgebiet schicken.

Warum will die Ukraine dafür westliche Waffen?

Die westlichen Waffensysteme sollen mit ihrer Panzerung und hohen Beweglichkeit die hohe russische Überlegenheit an Artillerie ausgleichen. Einfach ausgedrückt: Die gepanzerten Verbände sollen schnell russische Stellungen durchstoßen, das Artilleriefeuer unterfahren und rasch in die rückwärtigen Versorgungslinien und Feuerräume der russischen Artillerie vorstoßen, um diese zu unterbrechen und zu zerstören. Die maroden Logistikeinheiten sind seit Februar 2022 die Achillesferse der russischen Offensive.

Warum ist dafür der deutsche Leopard 2 wichtig?

Der Leopard 2 gilt wegen seiner Fähigkeit, Ziele schnell auch während der Fahrt schnell und sicher zu bekämpfen, als einer der besten Kampfpanzer weltweit. Zudem ist er mit einer Geschwindigkeit selbst im Gelände von etwa 45 Stundenkilometer einer der schnellsten Panzer. In Europa wird er in 14 Ländern verwendet; Ersatzteile, Munition und Ausbildungskapazitäten sind dadurch breit verfügbar. Das erleichtert für die Ukraine die Logistik. Das Land steht logistisch vor einer riesigen Herausforderung, um alle höchst unterschiedlichen Waffensysteme zu warten, instand zu setzen und mit Munition, Ersatzteilen und Betriebsstoff zu versorgen. Das spricht vor allem gegen eine Lieferung des M1-Abrams Kampfpanzers, weil dieser mit einem speziellen Kraftstoffgemisch angetrieben wird. Eine weitere, unnötige Versorgungskette für die ukrainischen Kommandeure.

Wie schnell könnte der Leopard an die Ukraine geliefert werden?

Entgegen der vollmundigen Ankündigungen der deutschen Rüstungsindustrie während des gesamten Jahres 2022, sie könne binnen Wochen Leopard und Schützenpanzer Marder in die Ukraine liefern, ist sie dazu frühestens in Monaten, wenn nicht erst zum Jahresende fähig. Deshalb muss – wie auch schon beim Marder – Deutschland aus den Beständen aktiver Verbände der Bundeswehr liefern. Die genaue Einsatzbereitschaft der 312 Leos des Heeres lässt Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gerade prüfen. Die Unterstützer der Ukraine – allen voran die Bundesregierung – haben durch ihr Zögern sehr viel Zeit verspielt: Ukrainische Soldaten hätten seit Oktober 2022 an Leopard und Marder ausgebildet werden können, um im März, April für eine Frühjahrsoffensive kampfbereit zu sein.

Wer liefert Kampfpanzer?

Großbritannien will 14 Kampfpanzer Challenger 2 liefern. Der 19 Jahre alte Panzer gilt als veraltet, wenig durchschlagsstark, zu schwer und zu langsam für das moderne Gefechtsfeld. Polen verfügt über 247 deutsche Leopard 2-Panzer der Typen 2A4 und 2A5. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki will den von Deutschland übergeben Kampfpanzer auch ohne die notwendige deutsche Genehmigung der Bundesregierung in die Ukraine abgeben. Ab dem kommenden Monat sollen bereits ukrainische Soldaten am Leopard in Polen ausgebildet werden. Schweden will möglicherweise den Kampfpanzer abgeben, den es selbst weiterentwickelt hat. Das Land besitzt 125 Kampfpanzer des Typs, die dort jetzt Stridsvagen 121 und 122 heißen.

Warum Schützenpanzer?

Schützenpanzer bringen Infanteristen geschützt in die Nähe oder gar in gegnerische Stellungen. Dort verlassen die Soldaten das Fahrzeug, um – unterstützt durch die Maschinenkanone des Panzers – zu Fuß zu kämpfen. Um Kampfpanzer bekämpfen zu können, nutzen Panzergrenadiere Lenkraketen, die vom Panzer ebenso verschossen werden wie beim Kampf zu Fuß. Die USA wollen Bradley-Schützenpanzer liefern, Schweden den CV-90, Deutschland den Marder. Der allerdings ist für den Kampf ukrainischer Panzergrenadiere allenfalls eingeschränkt nutzbar: Gerade die störungsanfällige Munitionszufuhr für die im Kampf gegen Schützen- und Transportpanzer leistungsschwache 20 Millimeter-Maschinenkanone ist der Schwachpunkt des Waffensystems.