Nato-Generalsekretär Stoltenberg mahnt die Mitgliedsländer, mehr in ihre Verteidigung zu investieren. Foto: dpa/Virginia Mayo

Die meisten Nato-Länder verfehlen das Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung auszugeben.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Friedensordnung in Europa schwer erschüttert. Der Krieg habe aber auch die Verteidigungsbereitschaft der Nato unter Beweis gestellt, erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag in Brüssel bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2022. Russlands Präsident Wladimir Putin habe geglaubt, das westliche Verteidigungsbündnis zerbrechen zu können, erklärte der Norweger. „Aber die Nato-Verbündeten stehen stark und vereint da und leisten beispiellose Unterstützung für die Ukraine.“

Massive Anstrengungen sind notwendig

Allerdings, so mahnte Stoltenberg, seien massive Anstrengungen notwendig, um der Bedrohung Herr zu werden. „Wir müssen mehr tun“, sagte er mit kritischem Blick auf die aktuellen Verteidigungsausgaben. Die meisten Nato-Länder verfehlen das Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für ihre Verteidigung auszugeben. Nur sieben Staaten der Allianz erreichten diese Marke im vergangenen Jahr, wie aus dem Nato-Jahresbericht hervorgeht. Deutschland und 22 weitere der insgesamt 30 Länder hielten die Vorgabe nicht ein. „Deutschland hat sich klar verpflichtet, das Zwei-Prozent-Ziel einzuhalten“, sagte Stoltenberg. Im vergangenen Jahr stand Berlin allerdings mit unveränderten 1,49 Prozent nur auf Platz 18 der Nato-Länder, noch hinter Albanien und Bulgarien.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte kurz nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine in seiner „Zeitenwende“-Rede im Bundestag angekündigt, die deutschen Verteidigungsausgaben „dauerhaft auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts“ anzuheben. Das Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro schlägt jedoch voraussichtlich erst ab 2024 zu Buche.

1,1 Billionen Euro für Verteidigung

Insgesamt gaben die Nato-Staaten im vergangenen Jahr rund 1,2 Billionen US-Dollar (etwa 1,1 Billionen Euro) für Verteidigung aus. Im Vergleich zu 2021 entsprach dies einem Anstieg um 1,9 Prozent. Dass der Anstieg trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht höher ausfiel, liegt vor allem daran, dass die Budgets für 2022 von den Regierungen bereits im Vorjahr und damit vor der russischen Invasion in die Ukraine geplant wurden. Für 2023 wird ein deutlich stärkerer Anstieg erwartet. „Wir bewegen uns in die richtige Richtung“, betonte Stoltenberg. „Aber wir bewegen uns nicht so schnell, wie es die gefährliche Welt verlangt, in der wir leben.“

Die alten Zeiten kommen nicht zurück

Für den kommenden Nato-Gipfel im Sommer in Vilnius erwartet der Nato-Generalsekretär, dass mehr Staaten das Zwei-Prozent-Ziel erfüllen werden. Das sei notwendig, denn in einer „stärker umkämpften Welt können wir unsere Sicherheit nicht als selbstverständlich ansehen“. Auch machte Stoltenberg keine Hoffnung, dass Europa einfach zum alten Zustand zurückkehren kann. „Selbst wenn der Krieg in der Ukraine morgen endet“, unterstrich der Nato-Chef, das Sicherheitsumfeld habe sich nachhaltig verändert.