EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen verkündet vor dem Europaparlament neue Sanktionen gegen Russland wegen des Krieges in der Ukraine. Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

In dem neuen Sanktionspaket der EU werden auch der Finanzsektor und weitere russische Medien mit Strafmaßnahmen belegt.

Europa schnürt ein neues Sanktionspaket gegen Russland. Bis Jahresende sollen die EU-Mitgliedstaaten schrittweise auf den Import von Rohöl und Ölprodukten verzichten. Das sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch im Europäischen Parlament in Straßburg. „Auf diese Weise maximieren wir den Druck auf Russland und halten gleichzeitig Kollateralschäden für uns und unsere Partner weltweit möglichst gering“, sagte sie.

Allerdings müssen noch alle EU-Länder dem Ölembargo zustimmen. Kritik kommt aus Ungarn und der Slowakei, die stark vom Import russischer Energie abhängen. EU-Diplomaten erklärten, dass für beide Länder Ausnahmeregelungen gefunden werden müssten. Sie sollen bis Ende 2023 weiter Öl beziehen können. Ungarn lehnt den Vorschlag der EU-Kommission in seiner gegenwärtigen Form dennoch ab. „Dieses Sanktionspaket würde die Energieversorgung Ungarns völlig unmöglich machen“, erklärte Außenminister Peter Szijjarto in einem Video auf seiner Facebook-Seite. Auch Tschechien hat Vorbehalte gegen den Vorschlag angemeldet.

Strafmaßnahmen gegen russische Banken

Das sechste Sanktionspaket beinhaltet auch Strafmaßnahmen gegen den russischen Finanzsektor. Nach dem Vorschlag der Kommission sollen die größte russische Bank, die Sberbank, und zwei weitere Institute aus dem internationalen Finanzsystem Swift ausgeschlossen werden. Dadurch treffe man Banken, die für das russische Finanzsystem relevant seien und schränke die Fähigkeit von Präsident Wladimir Putin zu weiteren Zerstörungen ein, sagte von der Leyen.

Zudem sollen 58 weitere Verantwortliche mit Einreiseverboten in die EU und Kontensperrungen belegt werden, darunter das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill. Ursula von der Leyen betonte, dass von den neuen Sanktionen auch Personen betroffen sein werden, „die in Butscha Kriegsverbrechen begangen haben und die für die unmenschliche Belagerung der Stadt Mariupol verantwortlich sind“.

Das Parlament begrüßt die Sanktionen

Im Europaparlament wurde die Ankündigung des Sanktionspaketes begrüßt. Manfred Weber (CSU), der Vorsitzende der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), lobte die vorgeschlagenen Sanktionen auf Twitter als „dringend notwendigen Schritt“. Der Grünen-Politiker Rasmus Andresen kritisierte, dass die Durchsetzung sechs Monate dauern soll. „Wir Europäer müssen diesen Schritt gehen“, sagte die Vizepräsidentin des Europarlaments, Nicola Beer (FDP). Die spanische Sozialdemokratin Iratxe García Pérez nannte es „inakzeptabel, dass die großen Energiekonzerne“ hohe Gewinne machten „und die Ärmsten den Krieg bezahlen“.

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Heftiges Ringen um das Ölembargo

Waren die ersten Sanktionspakete der EU relativ schnell und geräuschlos beschlossen worden, gingen dem Ölembargo wochenlange Verhandlungen voraus. Vor allem Deutschland hatte Bedenken, gab den Widerstand dann aber auf. Grund dafür ist, dass Deutschland schneller als erwartet die russischen Ölimporte von einst 35 Prozent auf inzwischen knapp zehn Prozent reduzieren konnte. Wirtschaftsminister Robert Habeck betonte am Montag, dass es sich inzwischen nur noch um ein „regionales Problem“ handle. Gemeint ist damit die Raffinerie Schwedt an der Oder, die vom russischen Rosneft-Konzern kontrolliert wird.

Die deutsche Industrie rechnet wegen des Embargos mit weiter steigenden Energiepreisen. „Die Politik muss im engen Austausch mit Wirtschaft und Gesellschaft nun alles an Unterstützung gewähren, was für die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und den Schutz der privaten Verbraucher notwendig ist“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm. Nach seiner Einschätzung trifft das Ölembargo allerdings vor allem Russland hart.

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Strafmaßnahmen auch gegen die Medien

Das Sanktionspaket zielt auch auf Propaganda des Kremls. Drei weiteren russischen Staatssendern werden die Frequenzen gestrichen. Als Sprachrohre von Putin hätten diese TV-Kanäle „seine Lügen und Propaganda erwiesenermaßen aggressiv verbreitet“, betonte von der Leyen. In ihrer Rede wurde die Kommissionspräsidentin deutlich, wie sie die Zukunft Putins einschätzt. Dessen Ziel sei es gewesen, die Ukraine von der Landkarte verschwinden zu lassen. Damit werde er scheitern. „Es ist sein eigenes Land, Russland, das er in den Untergang führt“, sagte Ursula von der Leyen.