GEW-Kreischef David Warneck und Sandra Schettke von der Fachgruppe Grundschule fordern Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Die Arbeit an den Grundschulen ist kein Kinderspiel, viele Grundschullehrer fühlen sich nicht wertgeschätzt. Das macht die Initiative „Grundschulen – weg vom Abstellgleis!“ deutlich.

EsslingenVertrauen statt Verbote, Unterstützung statt Kontrolle, Wertschätzung statt Vorwürfe: Das wünschen sich viele Grundschullehrerinnen und -lehrer von der Kultusministerin. Auch Pädagoginnen und Pädagogen aus dem Kreis Esslingen haben einen entsprechenden Brief an Susanne Eisenmann unterschrieben. Im Rahmen der Initiative „Grundschulen – weg vom Abstellgleis!“, die vier Grundschulleitungen aus dem Bodenseeraum und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) auf die Beine gestellt haben, fordern die Unterzeichner bessere Lern- und Arbeitsbedingungen, die gleiche Studienzeit und Bezahlung wie für Lehrkräfte an den weiterführenden Schulen und mehr Zeit für Schulleitungen.

Dass die Grundschulen gerade auch im Landkreis Esslingen vor großen Herausforderungen stehen, unterstreicht David Warneck, Vorsitzender des GEW-Kreisverbands Esslingen-Nürtingen. Die für den Kreis Esslingen zuständige Nürtinger Behörde „ist das am schlechtesten versorgte Schulamt im ganzen Land“. Der Speckgürtel rund um die Landeshauptstadt mit seinen teuren Mieten sei wenig nachgefragt. Gerade in Bezug auf den Lehrermangel müsse man aber alles tun, um den Beruf attraktiver zu machen. „Der typische Grundschullehrer ist weiblich und arbeitet in Teilzeit“, fordert der Lehrer der Nellinger Erich-Kästner-Schule A 13 auch für Grundschullehrkräfte. „Denn die Arbeit an den Grundschulen ist nicht gleich, aber gleichwertig mit der Arbeit an anderen Schularten.“

Mit Sorge beobachtet er, dass wegen der unzureichenden Unterrichtsversorgung zunehmend fachfremdes Personal eingesetzt wird. Und das an einer Schulart, die sich durch eine enorme Heterogenität der Schülerschaft auszeichnet. „Die Kinder brauchen mehr Hilfe, viele können sich nicht konzentrieren oder selbst organisieren“, haben ihm auch zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus dem Kreis attestiert. „Die Zahl der Kinder mit auffälligem Verhalten, physischen und psychischen Erkrankungen sowie erhöhtem Förder- und Entwicklungsbedarf nimmt in allen Bereichen zu“, heißt es in dem Brief an die Kultusministerin. „Doch die Grundschule bekommt als einzige Schulart keine Poolstunden“, moniert Warneck. Die Gewerkschaft fordert mehr Zeit für Lehrer, mehr professionelle Unterstützung durch Schulsozialarbeit, das zwei-Pädagogen-Prinzip bei Inklusionsklassen und eine feste Vertretungsreserve, die auch dem tatsächlichen Unterrichtsausfall entspricht. Ohne Pensionäre kämen die Grundschulen gar nicht mehr über die Runden, die Weiterqualifizierung von Gymnasiallehrern sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein und das Vorgriffsstundenmodell, mit dem die Lehrer mit Unterrichtsstunden in Vorleistung gehen, die sie dann später wieder abbauen sollen, „ist unattraktiv. Denn sie arbeiten ja jetzt schon jetzt über ihr Deputat hinaus“.

Dass die Kooperation zwischen den Kindergärten und Schulen eine wichtige Schnittstelle ist, betont Sandra Schettke, Lehrerin an der Esslinger Waisenhofschule, Personalrätin und Vorsitzende der GEW-Kreisfachgruppe Grundschule. Dass dafür den Grundschulen aber nur eine Deputatsstunde zur Verfügung steht – egal, wie viele Kindergartengruppen in ihrem Einzugsbereich liegen – sei völlig unzureichend. Was ihr zudem am Herzen liegt: „Wir haben gerade hier in Esslingen viele Kinder, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Wir brauchen Ethikunterricht ab Klasse eins.“„

Auch in Esslingen und Umgebung ist es schwierig, Rektorenstellen an Grundschulen zu besetzen. Dass das Gehalt für die Leiter größerer Häuser angehoben wurde, begrüßen Warneck und Schettke. Aber das müsse auch an kleineren passieren. Noch ein Beispiel, für das Esslingen gerade Anschauungsmaterial liefert: Die Schülerzahlen gehen nach oben. Die GEW fordert einen weiteren Ausbau der Studienplätze. Allein um den Status quo in den Klassenzimmern auch nur zu erhalten, fehlten bis 2030 mindestens 4000 Lehrkräfte.