Die Varianten 1 bis 3 schließen in Neuhausen an, wo im Jahr 2022 die erste S-Bahn (grün gestrichelt) aus Richtung Bernhausen erwartet wird. Variante 1 bindet nur Köngen an, Variante 2 auch Denkendorf. Der Südvariante dockt beim Flughafen-Tunnel an. Foto: Uni Stuttgart/EZ-Repro - Uni Stuttgart/EZ-Repro

Falls die S-Bahn von den Fildern ins Neckartal kommen sollte, dann erst in ferner Zukunft. Aber die Verbindung ist machbar. Das zeigt die Machbarkeitsstudie, die gestern den Kreisräten vorgelegt wurde und in diesen Tagen auch den betroffenen Gemeinden. Vier Grundvarianten sind denkbar, so hat das Verkehrsinstitut der Uni Stuttgart ermittelt. Alle sind teuer, rund eine halbe Milliarde Euro. Vorerst geht es darum, die Trassen freizuhalten.

Von Roland Kurz

Beim Verband Region Stuttgart (VRS) genießt der S-Bahn-Ringschluss von den Fildern ins Neckartal keinen Vorrang. Der VRS setzt auf die Nahverkehrslinie, die am neuen Flughafenbahnhof auf die ICE-Neubaustecke gezogen und entlang der A8 bis Wendlingen führen soll. Das passt etlichen Kommunen nicht, vornedran die Stadt Wendlingen. Gemeinsam mit Köngen, Wernau, Plochingen, Denkendorf, Unterensingen, Oberboihingen, Kirchheim und dem Landkreis Esslingen ließ man deshalb eine Machbarkeitsstudie erstellen. Es ist eine grobe Planung, ohne Kosten-Nutzen-Untersuchung.

„Bislang nur ein Strich in der Landschaft“, nannte Landrat Heinz Eininger die Skizze im Finanzausschuss des Kreistags. Sie zeige aber, was sinnvoll sein könnte. Klar sei schon, dass keine der Trassen konfliktfrei verwirklicht werden könne. Alle berühren Gemeinden und Landschaftsschutzgebiete. Drei Vorschläge ziehen Linien von Neuhausen ins Neckartal hinunter, denn in der Fildergemeinde soll die erste S-Bahn im Jahr 2022 von Bernhausen her ankommen. Auf der Karte fehle nicht viel, um die Lücke ins Neckartal zu schließen, meinte Gutachter Stefan Tritschler, aber die Höhenunterschiede und die Landschaft würden den Bau aufwendig machen.

Bei den geschätzten Kosten schenken sich die Varianten wenig, alle liegen rund um die 500 Millionen Euro. Nur die Varianten 1b und 2b, die bei Wendlingen einen (sinnvollen) Nordabzweig nach Plochingen vorsehen, könnten die 500 Millionen deutlich überschreiten. Bei allen Trassen geht der Gutachter davon aus, dass zwei S-Bahnlinien fahren, sonst rechnet sich das Projekt sicher nicht. Tritschlers Fazit: „Grundsätzlich sind alle Varianten realisierbar.“ Dürfte er nur eine Variante empfehlen, dann die 2b über Denkendorf und Köngen. Es wäre die teuerste Trasse.

Für alle Trassen gilt: Sie müssen enorm viele Fahrgäste an sich ziehen, um wirtschaftlich zu sein. Das gelingt nur, wenn Pendler vom Auto auf die Tangential-Bahn umsteigen, um beispielsweise von Plochingen zum Daimler in Sindelfingen zu gelangen. Diese Fahrgast-Potenziale der verschiedenen Varianten zu ermitteln, wäre der nächste Schritt. Der längsten Trasse - nach Nürtingen - traut Tritschler am wenigsten zu. Die Nürtinger würden sich in die schnellen Metropolzüge setzen.

Kreisrat Rainer Lechner (Freie Wähler) sieht angesichts der zunehmenden Bevölkerung auf den Fildern die Notwendigkeit, das S-Bahnnetz auszubauen. Er wunderte sich aber, dass fast alle Varianten von Neuhausen abgehen sollen. Dann müsse die Endhaltestelle dort anders aussehen. Das bestätigte Tritschler. Man gehe von der Untertunnelung Neuhausens aus, was bedeuten könne, dass man zehn oder 15 Jahre nach der Inbetriebnahme der Strecke Bernhausen - Neuhausen den letzten Kilometer umbauen und den Endbahnhof abtragen müsse. Das sei in den Kostenschätzungen berücksichtigt.

Der Gutachter ließ gewisse Zweifel an einer S-Bahn-Führung über die ICE-Strecke durchblicken. Es werde spannend, wie viel Kapazität dort für zwei S-Bahnlinien übrig bleibe. Der Verband Region Stuttgart räumt dieser günstigen Trasse bisher hohe Dringlichkeit ein. Für den Landrat ist deshalb der erste Schritt, den VRS zu drängen, dass im Regionalplan die nun vorgeschlagenen Trassen eingetragen und freigehalten werden.

Die Varianten

Variante Nord 1 via Köngen: Von Neuhausen bis zur Autobahn, ein Stück parallel zur A 8, dann nördlich von Köngen eine Haltestelle. Um ins Tal zu kommen, ist eine große Kurve im Tunnel nötig, dann eine lange Brücke über Straßen und Neckar. Kosten: 443 bis 490 Mio. Euro. Die Variante 1b sieht noch bei Wendlingen eine Schleife gen Plochingen vor, was die Kosten auf bis zu 539 Millionen Euro erhöhen könnte.

Nord 2 via Denkendorf/Köngen: Die Trasse strebt vom S-Bahnhof Neuhausen direkt auf Denkendorf zu, um dort einen Halt anzubieten. Ein kurzes Tunnelstück überwindet den Anstieg in Richtung Köngen, das etwas weiter außerhalb eine Haltestelle bekäme. Dann wie bei Variante 1 nach Wendlingen. Mit Nordschleife gen Plochingen werden die Kosten auf 504 bis 557 Millionen geschätzt, ohne wären es 459 bis 507 Millionen.

Nord 3 via Unterensingen: Von Neuhausen parallel der A 8 und in einem langen Tunnelbogen ins Tal, um dort den Neckar zu unterqueren (hohes Kostenrisiko). Südlich von Wendlingen wird ans Schienennetz angedockt. Nicht abschnittsweise realisierbar. Kosten: 458 bis 506 Millionen Euro.

Variante Süd via Nürtingen: Zweigt am Flughafen-Tunnel in Richtung Süden ab. Haltestellen südlich bernhausen, südlich Sielmingen, bei Harthausen und bei Wolfschlugen. Mit 12,6 Kilometer die längste Trasse. Kosten: 442 bis 489 Millionen Euro.