Krankenhäuser rufen die „Alarmstufe Rot“ aus und stoßen bei Kommunalpolitikern auf offene Ohren. Klinik-Diskussion an diesem Mittwoch in Weil der Stadt.
Kommunalpolitische Rückendeckung bekommt der bundesweite Hilferuf der Krankenhäuser, die am Dienstag einen Aktionstag unter dem Titel „Alarmstufe Rot“ veranstaltet haben. Die beiden Trägerlandkreise des Klinikverbunds Südwest, Böblingen und Calw, stehen hinter den Protesten.
„Nicht zuletzt durch die inflationsbedingten Kostensteigerungen werden die Krankenhäuser in Deutschland bis Ende des Jahres ein Defizit von 10 Milliarden Euro erreicht haben; allein im Klinikverbund Südwest rechnen wir für 2022 mit einem Abmangel von rund 50 Millionen Euro“, betont Roland Bernhard. Der Landrat des Kreises Böblingen ist Aufsichtsratschef des Klinikverbundes, dem die Häuser in Böblingen, Calw, Herrenberg, Leonberg, Nagold und Sindelfingen angehören. „Wir stehen als kommunale Träger hinter unseren Kliniken.“
Verlässlichkeit für Patienten und Personal
Mit Blick auf die geplante Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD), die in Richtung zentrale Großkliniken geht, bricht der parteilose Bernhard eine Lanze für die kleineren Häuser: „Es ist an der Zeit, dass sich der Bund zu einer guten Gesundheitsversorgung in der Fläche bekennt.“
Ähnliche Worte kommen vom Landrat des Kreises Calw, Helmut Riegger (CDU): „Wir schließen uns dem Protest an, weil wir endlich wieder Verlässlichkeit bei der Finanzierung der Kliniken benötigen – für Krankenhausträger, Klinikbedienstete aber auch und vor allem für die Patienten.“
Nicht akzeptabel sei ein „kalter unkoordinierter Strukturwandel mit drohenden Insolvenzen und Schließungen landauf landab; ebenso wenig weitere kurzfristige Hilfsprogramme, Schaufenstermilliarden oder unzureichende Rettungsschirme.“
Schon im vergangenen Herbst hatten die Krankenhäuser gewarnt, dass fast keine Klinik mehr eine schwarze Null schreibt, viele in Liquiditätsprobleme laufen und extremer Insolvenzgefahr ausgesetzt sind. Die Bundesregierung hatte angesichts der explodierenden Energiekosten sechs Milliarden Euro freigegeben. „Diese fließen nur teilweise wirklich in die Kliniken, aber immerhin hat sich die Politik kurzfristig entschlossen, dass vier dieser sechs Milliarden als direkte pauschale Hilfen ausgezahlt werden sollen“, erläutert Alexander Schmidtke, der Geschäftsführer des Klinikverbundes. „Das Sichern der bestmöglichen medizinischen Versorgung für die Menschen in der Region steht für uns an allererster Stelle. Wir arbeiten hart daran, unsere Wirtschaftlichkeit zu verbessern und dennoch in die Zukunftsfähigkeit zu investieren.“
Jedoch, so sagt Schmidtke, konnten die jüngsten Tarifkostensteigerungen „nicht aus dem System Klinik heraus kompensiert“ werden. Im Klinikverbund Südwest bedeutet laut dem Geschäftsführer jeder Prozentpunkt der Tarifabschlüsse ein Mehr an Lohnkosten von etwa drei Millionen Euro jährlich: „Hier fordern wir eine komplette Gegenfinanzierung. Neben finanzieller Verlässlichkeit benötigen wir von der Politik dringend Klarheit und Planungssicherheit.“
Ähnliche Worte kommen von Jörg Martin, dem Chef der Regionalen Kliniken-Holding, die die Krankenhäuser in Ludwigsburg und Bietigheim betreibt: Die Krankenhaus-Reform müsse „strukturiert und ordentlich finanziert“ werden. Das Defizit der eigenen Häuser prognostiziert er in diesem Jahr ein Defizit von 21 Millionen Euro: „Das hatten wir so noch nie.“ Dass die Krankenhäuser für ambulante Leistungen deutliche weniger abrechnen können wie für stationäre, ist eine Folge, die sie schon jetzt in Ludwigsburg spüren.
Diskussion über die Zukunft der Krankenhäuser
Lokale Kliniken in Not: Darum geht es bei einer prominent besetzten Podiumsdiskussion des Sozialverbandes VdK an diesem Mittwoch, 21. Juni, 19 Uhr im Klösterle in Weil der Stadt. Mit dabei ist der Chirurg Thomas Strohschneider, der mit seinem Buch „Krankenhaus im Ausverkauf“ hat aufhorchen lassen. Außerdem sind Ärzte, Gesundheitsmanager und die Landräte auf dem Podium.