Der Ludwigsburger Jugendgemeinderat macht sich für die Installation von Automaten mit Hygieneartikeln stark. Die Chancen auf eine Umsetzung scheinen gut zu stehen.
Die Periode setzt während des Unterrichts ein, aber die Tampons lagern blöderweise zuhause in einer Schublade im Badezimmer. Doch alles halb so schlimm: Man saust aufs Schulklo, lässt sich am Automaten kostenlos eine Binde raus, und schon ist das Problem fürs Erste gelöst – zumindest im Zukunftsszenario des LudwigsburgerJugendgemeinderats. Dort wünscht sich nämlich ein achtköpfiger Arbeitskreis um Tara Rönn und Greta Graf, dass in allen weiterführenden Schulen der Stadt eben solche Spender aufgestellt werden, an denen Mädchen Hygieneprodukte ziehen können.
Mädchen wollen etwas unternehmen
„Unser Ziel ist, dass solche Automaten mit Tampons und Binden in möglichst allen WCs angebracht werden“, sagt Greta Graf. Dafür sprächen mehrere Punkte. „Diese Produkte sind sehr, sehr teuer. Selbst in Deutschland kann sich nicht jedes Mädchen ohne Weiteres Tampons und Binden leisten. Gegen diese Periodenarmut wollen wir etwas unternehmen“, sagt die 16-Jährige, die das Ludwigsburger Mörike-Gymnasium besucht.
Das Problem mit der Scham
Außerdem wäre es aus ihrer Sicht ein Modell, bei dem niemand seine Schamgrenze austesten müsste. Im Gegensatz dazu, wenn die Hygieneartikel beispielsweise im Schulsekretariat ausgegeben würden. Das koste die eine oder andere vielleicht zu viel Überwindung. „Gerade für menstruierende Personen, die sich Binden oder Tampons nicht leisten können, wäre das ein Problem. Die würden eher dazu neigen, gar nicht oder seltener zum Sekretariat zu gehen“, vermutet die ebenfalls 16-jährige Tara Rönn, die in der Barockstadt wohnt, jedoch im Gymnasium der Freiberger Oscar-Paret-Schule Mathe, Deutsch und Co. büffelt.
Eine zu hohe Hürde könne es auch sein, ein anderes Mädchen um ein Tampon zu bitten, ergänzt Greta Graf. „Jede Jugendliche sollte direkten Zugriff auf solche Produkte haben“, findet sie.
Mit gutem Beispiel vorangehen
Wichtig ist den beiden Mädchen und ihren Mitstreiterinnen im Jugendgemeinderat zudem, das Thema zu entstigmatisieren. Darüber hinaus wollen sie „mit einem positiven Beispiel vorangehen“, wie Tara Rönn betont. Die Initiative in Ludwigsburg verstehen sie auch als Impuls und hoffen, dass sich andere Kommunen ebenfalls mit dem Thema beschäftigen. Aus ihrer Heimatstadt hätten sie jedenfalls schon Signale erhalten, die sie zuversichtlich stimmen. „Das Feedback aus den Schulen, die wir direkt angesprochen haben, war positiv“, sagt Tara Rönn. „Auch der Oberbürgermeister hat den Vorschlag direkt anerkannt. Die Stadtverwaltung informiert sich bereits über Produkte auf dem Automaten-Markt“, erklärt Greta Graf.
Die Stadt unterstütze die Initiative und wolle entsprechende Spender an allen weiterführenden Schulen aufstellen, bestätigt Karin Brühl, Pressesprecherin der Kommune. „Viele Schulen halten bereits heute schon entsprechende Artikel vor, zum Beispiel über die Schulsekretariate“, konstatiert sie. Durch die Spender in den Toiletten solle das Ausgabesystem aber künftig „deutlich vereinfacht werden“.
Testlauf könnte bald starten
Auch die weiblichen Berufsschüler dürfen darauf hoffen, kostenfrei an Hygieneartikel zu kommen. Die Finanzierung sei bereits gewährleistet, berichtet Oliver Schmider, geschäftsführender Schulleiter der Beruflichen Schulen des Landkreises. „Tatsächlich müssen wir in der Umsetzung allerdings noch einige Details klären“, schränkt er ein. So müsse man erst noch entscheiden, welches Spendersystem am geeignetsten ist, welche Produkte angeboten und wie Tampons und Co. entsorgt werden sollen. Es sei denkbar, dass „wir in näherer Zukunft an ein oder zwei Schulen in einen Testlauf gehen“, kündigt Schmider, Leiter der Erich-Bracher-Schule in Kornwestheim-Pattonville, an.
Automaten sind schon bestellt
Auch am Ernst-Sigle-Gymnasium in der Salamanderstadt ist das Thema aufgeploppt. Die Schülermitverwaltung (SMV) habe den Wunsch geäußert, „in ein bis zwei Mädchentoiletten der Schule Binden- und Tamponspender einzuführen“, teilt Sandra Hennig, Pressesprecherin der Stadt, mit. Der zuständige Fachbereich Hochbau und Gebäudetechnik habe dafür seinen Segen gegeben. Finanziert werde das Ganze aus einem Budget, das der SMV von der Schule zur Verfügung gestellt werde, erklärt der Schulleiter Christoph Mühlthaler. Die Automaten seien schon bestellt. Um die Pflege und das Bestücken der Spender kümmerten sich Schülerinnen, erklärt Hennig. Von anderen weiterführenden Schulen in Kornwestheim sei bislang keine derartige Initiative ausgegangen, sie seien aber über das Projekt am Ernst-Sigle-Gymnasium informiert worden.
Gymnasium tüftelt an einem Prototypen
Einen eigenen Weg in der Sache geht auch das Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasium (FSG). „Am FSG gibt es von der SMV ein Automatenprojekt, das vorsieht, einen Automaten selbst zu bauen, der Tampons ausgibt“, erklärt Schulleiter Volker Müller. Ein Prototyp sei bereits entwickelt worden, unter anderem aufgrund von Brandschutzvorschriften habe es leider noch nicht zur Serienreife gereicht.
Automaten und Vandalismus
Ausgesetzt
Schon Erfahrung mit kostenlosen Menstruationsprodukten hat die Stadt Osnabrück gesammelt. Allerdings nicht nur gute. Auf Initiative des Jugendparlaments waren in der niedersächsischen Metropole 2022 in allen weiterführenden Schulen und Jugendzentren Spender aufgestellt worden. „Manche Schulen haben die Befüllung der Spender ausgesetzt, weil es zu Vandalismus mit den Produkten kam“, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte Patricia Heller.
Verstopft
Tampons und Co. seien im Gebäude verteilt oder Toiletten verstopft worden. Die Ausgabe erfolge daher in den betroffenen Schulen aktuell über die Sekretariate oder Schulsozialarbeiter. Der Ludwigsburger Jugendgemeinderat hofft, dass in den Schulen der Barockstadt kein Schindluder getrieben würde. Schließlich schneide man sich damit ins eigene Fleisch. Am Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasium sollen die Produkte über einen Prototypen nur dosiert ausgegeben werden, um einer Zweckentfremdung vorzubeugen. An den beruflichen Schulen soll über einen Testlauf geklärt werden, ob zum Beispiel WCs verstopft werden.