Der OB auf der Kanzel: Rund 200 Kornwestheimer hörten ihm in der Martinskirche zu. Foto: Avanti/Ralf Poller

Der Kornwestheimer Oberbürgermeister Nico Lauxmann predigte in der Martinskirche und sprach auch das Thema Migration an.

Die Kirchengemeinde feierte Gottesdienst, und der Schultes feierte nicht nur mit, er stieg sogar auf die Kanzel. Nico Lauxmann, Oberbürgermeister von Kornwestheim, predigte in der Martinskirche über den von ihm selbst gewählten Bibeltext aus Römer 15,1. Darin spricht der Apostel Paulus von der Pflicht der Starken, die Schwächen der Schwachen zu tragen. Diese spezielle „Bürgerkanzel“ im Rahmen der im evangelischen Kirchenbezirk Ludwigsburg stattfindenden Gottesfestspiele fand lebhaftes Interesse. Deutlich mehr Besucher als sonst, geschätzt rund 200, waren gekommen, um ihr Stadtoberhaupt zu hören.

Und sie erlebten einen starken Auftritt von Lauxmann. Er hielt eine intensive, gehaltvolle, gut durchdachte Predigt, durchaus mit politischem Inhalt. Der OB beleuchtete das stark diskutierte Thema Migration von mehreren Seiten, und er nahm auch die Zuhörer mit in die Verantwortung.

„Zu meinen Lieblingsfilmen gehört Don Camillo und Peppone“

Er sei t „schon etwas aufgeregt gewesen“, gestand Lauxmann, aber er sei „mit Freude gekommen“. Denn zum einen sei es schön, „mit Ihnen gemeinsam zu feiern“; in der Kirche erlebe man die Kraft der Gemeinschaft. Der OB nannte, mit einem Augenzwinkern, noch einen weiteren Grund: „Zu meinen Lieblingsfilmen gehört Don Camillo und Peppone – und wann hat man sonst schon mal die Gelegenheit, beides, den Prediger und den Bürgermeister, zu verbinden?“

Die Zeiten bereiteten Sorge, so Lauxmann, der „Wunsch nach Orientierung“ sei weit verbreitet, er spüre das aus den Fragen, die er als OB gestellt bekäme. Für eine Stadtgesellschaft sei der Blick auf die Gemeinschaft nötig. Paulus mache Mut, nicht nur auf den eigenen Standpunkt zu pochen. Die Starken seien verpflichtet, die Schwachen mitzutragen, das gelte auch für eine Stadt wie Kornwestheim. Mit ihren 35 000 Bürgern könne sie nur funktionieren, wenn ein starker Zusammenhalt da sei. Den erlebe er, so der Oberbürgermeister. Er lobte das starke ehrenamtliche Engagement, die vielen aktiven Vereine in der Stadt.

„Gerade an einem Ort der Hoffnung“ wie es die Kirche sei, könne man auch über das Thema Migration sprechen. Lauxmann stellte klar: „Wir stehen in Solidarität zu den geflüchteten Menschen.“ Andererseits gelte aber auch: „Ressourcen sind endlich.“ Es sei eine Realität, dass Kräfte nachlassen. „Wir benötigen Hilfe von der Politik.“ Einwanderung müsse kontrolliert werden, damit die Integration derer, die hier sind, gelingen könne. Lauxmann verwies darauf, dass 38 Prozent der Kornwestheimer einen Migrationshintergrund haben.

Der Schultes appellierte: „Wir können und dürfen die Menschen nicht überlasten.“ Andererseits dürfe man sich nicht von extremistischen Strömungen mitreißen lassen. Der OB plädierte leidenschaftlich für die „Demokratie, unser höchstes Gut“. Sie sei nicht immer einfach, nicht bequem. Aber: „Wir alle tragen Verantwortung, die Demokratie zu schützen.“ Dialoge und Diskussionen müssten mit Respekt geführt werden. Er bleibe Optimist. Wichtig sei, stets Empathie und Fürsorge zu zeigen. „Nur wenn wir zusammenhalten, können wir als Stadtgesellschaft wachsen und gedeihen!“ Nur gemeinsam sei man stark für ein lebenswertes Kornwestheim.

Musikalisch stimmige Begleitung

Pfarrerin Annette Rüb bedankte sich bei Nico Lauxmann für „die frischen Worte, den frischen Blick von außen“. Die von ihr ausgewählten Lieder passten gut: Vor der Predigt stimmte die Gemeinde „Schenk mir Gott ein hörendes Herz“ an, danach sangen alle „Finden wir Verschiedenen zusammen“, und zum Ende erklang „We shall overcome“. Der Oboist Frank Massoth und Kantor Arnd Pohlmann sorgten für eine musikalisch stimmige Begleitung.

Nach der Predigt Lauxmanns gab es Beifall, und beim anschließende Kirchencafé entspann sich noch manches Gespräch. Klaus Schaldecker, der Vorsitzende des Kirchengemeinderates, bedankte sich, dass der OB deutlich gemacht habe wie tief der Gedanke der Solidarität im christlichen Glauben verwurzelt sei. Eine Besucherin sagte: „Ich fand es sehr gut, er hat das christliche Anliegen und seine Erfahrung gut verbunden.“ Ein anderer Kirchenbesucher, lange Jahre selber politisch aktiv, lobte den Schultes: „Er hat alle miteinbezogen.“ Und: „Er hat auch einiges gesagt, was man sonst in der Kirche nicht zu hören bekommt.“