Eine aufsehenerregende Aktion hat eine Gruppe junger Stuttgarter Unternehmer und Privatleute gestartet, um für Demokratie zu werben und vor Rechtsextremismus zu warnen.
„Möglichst viele Menschen zum Nachdenken bewegen“ will eine Gruppe engagierter Unternehmer und Privatleute aus Stuttgart mit einer am Freitag gestarteten Aktion auf dem Stauffenbergplatz am Alten Schloss. Dieser Plan dürfte aufgehen, denn der Gedankenanstoß ist massiv: Aus dem Bestand der Eisenbahnfreunde Ulm hat die Initiative um Michael Preuss, Carsten Gries. Daniel Samy El Menshawi und Marvin Endres, der sich auch Ex-Nationaltorhüter Timo Hildebrand und die Influencerin Louisa Schneider angeschlossen haben, einen „original Deportationswagen“ der Reichsbahn ausgeliehen und nach Stuttgart geschafft. In der Nachbarschaft zum von Elmar Daucher geschaffenen Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus und der Stauffenberg-Erinnerungsstätte steht der Waggon bis einschließlich diesen Sonntag auf zwei Schienenstücken. In Großbuchstaben ist darauf geschrieben: „Nächster Stopp: Zusammenhalt.“
Die rechtsextremen Vertreibungspläne gaben den Anstoß
Die Initiatoren wollen mit diesem aus Spenden finanzierten „Mahnmal für die Demokratie“ ein „starkes und lautes Zeichen setzen für Menschenwürde, Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz und gegen Rassismus, Rechtsextremismus, Remigration und Diskriminierung“. Ausgangspunkt für die Idee, dafür einen Deportationswagen zu verwenden, waren Enthüllungen des Recherchenetzwerks „correctiv“ vom Jahresanfang über ein Treffen von Politikern und Rechtsextremen in der Nähe von Potsdam, bei dem über Vertreibungspläne von Menschen mit Migrationshintergrund diskutiert worden ist. „Remigration ist nichts anders als Deportation in neuem Gewand“, argumentiert die Gruppe, deren Mitglieder in ganz unterschiedlichen Branchen tätigt sind – von Mode über Logistik bis Entertainment.
Ziel sei es, damit auch Menschen außerhalb der politischen „Bubbles“ zu erreichen und zu motivieren, am Sonntag zur Wahl zu gehen, sagte Michael Preuss, Inhaber einer Kreativagentur, von dem der Impuls zu der Aktion stammt. Es handle sich um einen „emotionalen Appell an die Herzen der Menschen, damit sie ihr Kreuz nicht an der falschen Stelle machen“.
Bühnenprogramm am Sonntag
Am Wahlsonntag gibt es zwischen 13 und 16 Uhr auch eine Art Bühnenprogramm. Die Sänger Kaas von der Stuttgart Band Orsons und Kaled sowie die Stand-Up-Comedians Salim Samatou und Khalid Bounouar umrahmen die Redebeiträge von Serkan Eren, dem Stelp-Gründer, und der Geschäftsführerin des Lern- und Gedenkorts Hotel Silber, Elke Barnabak. Sprechen wird auch Elishevah Breuning von der jüdischen Studierendenunion Württemberg. Der Vorsitzende Alon Bindes nannte die Aktion „ein gutes Zeichen“. Bei der Verwendung solch starker Symbole wie des Deportationswagens sei es wichtig, sehr sensibel zu verfahren, um die Gefahr einer „Relativierung“ der Geschichte zu vermeiden. Ein Fragezeichen macht er in Zusammenhang mit der Begehung des Waggons, die einem nach Meinung der Initiatoren „vor Augen führen soll, wie menschenunwürdig dieses Kapitel war“.