Mit oder ohne Bitzel – das ist hier die Frage. Foto: dpa/Jens Kalaene

Ökobilanzen begegnen uns an vielen Stellen. Sie können helfen, den Alltag nachhaltiger zu gestalten. Aber nicht alles, was man ausrechnen kann, ist am Ende auch relevant für das große Ganze.

Wer sich derzeit auf der Welt umsieht, kommt zu dem Ergebnis, dass es an vielen Stellen – vorsichtig gesagt – nicht so richtig rundläuft. Aber Resignation ist auch keine Lösung. Viele überlegen sich daher, was sie selbst tun können, um die Welt zumindest ein bisschen besser zu machen. Kürzlich tauchte zum Beispiel in einer Leserzuschrift die Frage auf, ob es dem Klima nützt, wenn man auf kohlensäurehaltiges Mineralwasser verzichtet.

Wer in Chemie nicht die ganze Zeit gepennt hat, erinnert sich vielleicht noch: Kohlensäure entsteht, wenn sich das als Treibhausgas bekannte Kohlendioxid (CO2) in Wasser löst. Das funktioniert besonders gut, wenn das CO2 mit Druck hineingepresst wird. Einmal aus der Flasche, gast es mit der Zeit wieder aus, wie man im Fachjargon sagt – zu erkennen an den kleinen Bläschen, die im Glas nach oben steigen – jedes gefüllt mit klimaschädlichem CO2.

Umweg für das CO2

Heizt das Bitzelwasser also wirklich den Klimawandel an? Kommt darauf an, woher das CO2 kommt. Stammt es etwa von den Hefezellen, die beim Bierbrauen helfen, oder aus industriellen Prozessen, handelt es sich um CO2, das ohnehin anfällt und ansonsten gleich in der Atmosphäre landen würde. Wird damit stilles Wasser aufgesprudelt, macht das Treibhausgas also nur einen Umweg. Es wird aber kein zusätzliches CO2 frei.

Wird dagegen natürliches, kohlensäurehaltiges Mineralwasser aus einem Brunnen gefördert, kommt fossiles Kohlendioxid an die Erdoberfläche, das vorher in tiefen Gesteinsschichten eingeschlossen war. Wenn dieses CO2 aus dem Glas blubbert oder mit einem kräftigen Rülpser aus einem Mineralwassertrinker entweicht, entstehen tatsächlich zusätzliche CO2-Emissionen.

Die Firma Gerolsteiner gibt an, dass ihr Sprudel sieben Gramm CO2 pro Liter enthält. Einschlägigen Statistiken zufolge liegt der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an Mineralwasser und sprudelnden Erfrischungsgetränken hierzulande bei rund 240 Litern. Im ungünstigsten Fall – nämlich dann, wenn man annimmt, dass das gesamte CO2 in diesen Getränken aus fossilen Quellen stammt – ergäbe sich daraus ungefähr ein CO2-Austoß von 1680 Gramm pro Kopf und Jahr. Das entspricht je nach Berechnungsweise 10 bis 15 Kilometer Fahrt in einem durchschnittlichen Pkw. Wer lieber sprudelndes statt schales Wasser trinkt, braucht deshalb also kein schlechtes Ökogewissen zu haben.

Ein ziemlich kleiner Hebel

Wichtiger als der Kohlensäuregehalt ist der Weg des Wassers zu den Konsumenten. Laut einer Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums verursacht ein Liter Mineralwasser im Durchschnitt Treibhausgasemissionen, die mehr als 200 Gramm CO2 entsprechen. Denn bis die Flasche zu Hause auf dem Tisch steht, muss einiger Aufwand betrieben werden – etwa für Abfüllung und Transport. Bei Leitungswasser kommen die Autoren nur auf 0,35 Gramm CO2 pro Liter. Das ist in der Tat ein beeindruckender Unterschied, doch die ökologisch korrekte Wasserwahl bleibt in Sachen Klimaschutz trotz allem ein ziemlich kleiner Hebel. Weit mehr lässt sich für die persönliche Klimabilanz dort erreichen, wo im Privatsektor die meisten CO2-Emissionen anfallen – vor allem in den Bereichen Mobilität und Heizung.

Natürlich haben Ökobilanzen ihre Grenzen. Die Ergebnisse hängen stark davon ab, welche Annahmen getroffen wurden. Um trotzdem den Überblick zu bewahren, ist es hilfreich, weniger auf die exakten Zahlen zu schauen, als vielmehr auf die ungefähren Größenordnungen – verbunden mit der Frage, wie plausibel das Ergebnis eigentlich ist. Schon vor gut zehn Jahren fanden Pädagogen in einer Studie heraus, dass Grundschüler ein besseres Zahlenverständnis entwickeln, wenn im Unterricht öfter auch die Methode Pi mal Daumen eingesetzt wird.

Egal, ob man lieber rechnet oder schätzt, man sollte dabei auf jeden Fall ausreichend trinken – egal, ob mit oder ohne Bitzel.