Kein Fleisch, manchmal Fisch und bitte keine Erbsen – wie man bei den kulinarischen Vorlieben in einer Familie schon mal den Überblick verlieren kann.
Stuttgart - Ich koche gern. Ehrlich. Die ausgebreiteten Zutaten, der Soundwürfel mit fluffiger Musik auf der Arbeitsplatte, die vertrauten Handlungsabläufe oder sogar ein Vorstoß ins kulinarisches Neuland, nicht zuletzt der erste degustative Schluck Rotwein – all das entspannt mich. Aber, um das auch klarzustellen: ich koche nicht über die Maßen ambitioniert, benutzte sogar Mondamin-Soßenbinder und kaufe ab und an Convenience-Produkte. So ein Iglo-Rahmspinat (Blubb) kann manchmal die angespannte Stimmung am Esstisch ins Versöhnliche hinübergleiten lassen.
Sauce und Spinat: Damit hätten wir schon die ersten beiden Kochfelder auf dem Herd geblockt. Und wären auch beim eigentlichen Thema: Der kulinarischen Diversität in der Familie. Ich selbst habe dem Verzehr von Fleisch schon lange abgeschworen, ohne deshalb zum ideologischen Ernährungs-Faschisten zu werden. Ich esse sogar manchmal Fisch, meine Frau auch. Und wir schrecken andererseits nicht vor vegetarischen Ersatzprodukten zurück, um ein wenig Biss in das Menü zu bringen. Davon abgesehen: für einen guten Gruyere- oder Pecorinokäse fahre ich mit dem Lastenrad auch ein paar Kilometer extra.
Okay – das mit dem Lastenrad war jetzt ein Witz.
Wiener Schnitzel, Schupfnudeln, Burger
Mein Sohn dagegen präferiert die klassische Küche des Schwabenlands und mittleren Alpenraums, konkret also Wiener Schnitzel und vorgeformte Schupfnudeln aus der Packung. Er ist aber auch Einflüssen aus der Neuen Welt jederzeit zugänglich, also beispielsweise einem Burger, und weiß die Errungenschaften der Technik zu schätzen, die aus einem weißen Toast einen braunen Toast macht, der nicht zwingend knuspriger sein muss. Und schließlich ist ihm bewusst, dass das Einfrieren von Gemüse keine Preisgabe von Vitaminen bedeutet – allerdings nur bei Tiefkühlerbsen. Damit hätten wir jetzt bereits zwei weitere Kochfelder belegt.
Nun noch ein Wort zu meiner Tochter, die bei meiner Hinwendung zur fleischfreien Ernährung eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt hat. Im Gegensatz zu ihrem Bruder hasst sie Erbsen und hat sich davon abgesehen von einer freundlichen Vegetarierin zu einer ebenso toleranten wie entschlossenen Veganerin entwickelt. Das heißt, für Saucen keine Sahne, für das Anschwitzen von Pilzen keine Butter, veganes Pesto für die Pasta und viel Indisches. Für ein gutes Curry bin ich immer zu haben – aber wir wären jetzt bei sechs bis sieben Kochfeldern.
Sechsfach-Induktions-Kochfeld für den Familienfrieden
An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass wir vor zwei Jahren unsere eher kleine Küche renoviert haben und einer Eingebung folgend ein Sechsfach-Induktions-Kochfeld einbauen ließen. Dieser Miele-Altar ist nun der Mittelpunkt des familiären Zusammenseins. In Spitzenzeiten stehe darauf auch sechs Töpfe und Pfannen - auf einigen der Töpfe zum Warmhalten weitere Töpfe. Ich warte in solchen Momenten nur noch auf die Zurufe der Kinder: „Beeilung Mann, Tisch 15!“ – „Zweiter Gang, Fleisch und Fisch können weiter!“ – „Die Toasts für Tisch 3 zacki zacki!“ – „Ofen für das Soufflé vorheizen!“
Der Nachteil eines Induktionsherds ist übrigens der Umstand, dass er sich nicht mit Herzschrittmachern verträgt. Wenn das mit dem Kochen bei uns so weitergeht, könnte das zum Problem werden.
Martin Gerstner begleitet die Schulkarrieren seiner beiden Kinder mit Interesse und Ehrfurcht. Ansonsten ist er seinen Kindern oft peinlich und erfüllt damit die vorgesehene Rolle als Vater.