Von Generationenkonflikten erzählt eine Inszenierung von Shakespeares „König Lear“ beim Ludwigsburger Theatersommer.
Düster-deprimierend ist Shakespeares „König Lear“ eigentlich – doch die Inszenierung von Peter Kratz im urwaldhaften Ludwigsburger Cluss-Garten kommt zunächst bunt, heiter und mit viel Komik daher. Enno Craiss (Bühne) hat einen halbrunden Laufsteg gesetzt, dahinter steht auf riesigen Buchstabenklötzen „LEAR“, die Bühnenrückwand besteht aus langen Streifen, hinter denen Lichteffekte eine unheimliche Stimmung erzeugen.
Eindrucksvolle Bösartigkeit
Der alte König Lear (Andreas Klaue) will derjenigen unter seinen drei Töchtern den Großteil seines Reiches überlassen, die ihn am meisten liebt. Das kann nur schiefgehen. Die Zwillinge Goneril und Regan sülzen ihren Vater mit peinlich übersteigerten Zuneigungsbekundungen voll, Lears Lieblingstochter Cordelia (Kristin Hansen) meint eher sachlich, sie liebe ihn halt wie eine Tochter. Lear ist enttäuscht, verstößt Cornelia und überlässt sein Reich den Zwillingen. Claudia Roick spielt beide mit eindrucksvoller Bösartigkeit. Auch die Gräfin Gloucester, überzeugend verkörpert von Marius Hubel, schlägt sich mit einem guten und einem bösen Spross herum (schön schmierig als Edmund: Bernhard Linke).
Modern und witzig
Damit ist der Generationenkonflikt als Thema des Stücks gesetzt. Lear ist für seine Tochter Goneril unfähig und dekadent. „Du bist Vergangenheit“, blafft sie ihn an. Das alles endet schauerlich. Thomas Melle hat mit seiner Übersetzung den Shakespeare-Text behutsam modernisiert und mit witzigen Einsprengseln versehen. So ist etwa von einer „Resterampe“ die Rede, und irgendetwas „geht viral“.
Die Sprache leuchtet
Schön schräg sind die Kostüme von Lisa Nickstat geraten, etwa Lears Schottenrock oder das Tüllröckchen der schrecklichen Zwillinge. Musik von Pop bis Purcell unterfüttert das Bühnengeschehen. Und Shakespeares Sprache leuchtet. Manchmal wirkt sie erschreckend gegenwärtig: „Es scheint, die Zeiten werden wieder grausam.“
König Lear. 29. und 30. Juni