Food-Blogger Zoltan Bagaméry, Sternekoch Philipp Kovacs und Ernährungsmediziner Thomas Kuhn (von links) auf der Terrasse des Restaurants Goldberg in Fellbach. Foto: Klaus Schnaidt

Vegan, zuckerfrei, 1000 Kalorien – Köche in Stuttgart und in der Region kreieren das Menü der Zukunft. Bei der Premiere der Fitness-Challenge im Goldberg ist der Ernährungsmediziner begeistert. Gesund und genussreich passen zusammen.

Stuttgart - Was an der geschmorten Biosellerie wie zerlaufene Schokolade aussieht, ist Püree aus kandierten schwarzen Oliven. Sternekoch Philipp Kovacs, Chef des Restaurants Goldberg bei der Schwabenlandhalle in Fellbach, kommt persönlich mit der Sauciere an den Tisch und gießt jedem Gast noch eine Extraportion Gemüsejus, quasi eine Bratensoße ohne Fleisch, über den Hauptgang, der bereits optisch ein Genuss ist.

Der 37-jährige Patron hat sichtlich Spaß daran, ein Fünf-Gänge-Menü zu servieren, wie man es nicht alle Tage bekommt – ein „Menü der Zukunft“, wie er sagt, das den lustvollen Genussmenschen ebenso überzeugt wie den konsequenten Ernährungsmediziner. Die Nachfrage nach veganen und vegetarischen Gerichten ist bei ihm in der Corona-Krise stark angestiegen. Der Ehrgeiz des gebürtigen Heilbronners ist groß, innovative Küche zu perfektionieren.

Gesund soll das Menü sein und geschmacklich überraschen

1000 Kalorien, vegan, glutenarm, zuckerfrei – das sind die Vorgaben der Fine-Dining-Fitness-Challenge. Gesund soll das Essen sein, fit halten, geschmacklich überraschen, so leicht sein, dass man sich gut fühlt und der Schlaf danach ein süßer wird.

Der Bauträger Zoltán Bagaméry, ein Freund der guten Küche, reist aus beruflichen Gründen viel. Gern kehrt er an feinen Adressen ein, schon allein, um Stoff zu sammeln für das, was bei ihm mehr ist als ein Hobby. Der Diplom-Immobilienwirt gibt Tipps für Genießer in seinem Hotel- und Restaurant-Blog. Wenn er fröhlich und sinnenfroh unterwegs war, sich den „Ranzen vollgefressen“ hat, wie man auf gut Schwäbisch sagt, konnte es sein, dass er sich nicht gut gefühlt hat, schlecht schlief und sich ärgerte: Das Essen lag schwer im Magen.

„Angenehm gesättigt“ ist der Ernährungsmediziner

Von Jahr zu Jahr ist ihm klarer geworden: Die Küche, sagt der Betreiber des Portals www.lifestyle.smartliving-online.de, muss sich grundlegend ändern! Nun hat er die Fitness-Challenge ausgerufen und sorgt dafür, dass immer mehr Köche in Stuttgart und Region gesunde Kost auf die Speisekarte setzen und austüfteln, wie man ohne Reue genießen kann. 26 Restaurants haben sich bereits angemeldet für die Herausforderung, bei der es keine Rangliste geben soll – alle, die neue Wege gehen, sollen Sieger sein.

Die Idee kam Bagaméry, ein Optimist mit Lebensfreude, in der Pandemie. Ist es möglich, ein veganes 1000-Kalorien-Menü in fünf Gängen zu kreieren, das satt macht und bei dem man dann abends nicht daheim über den Kühlschrank herfällt?

Ja, das ist es! „Angenehm gesättigt“ ist der Ernährungsmediziner Thomas Kuhn hinterher, der in seiner Menübesprechung auf der Goldberg-Terrasse in einer schönen Sommernacht dem Koch unter Beifall Bestnoten gibt. Auf „Genuss in Maßen“ komme es an, sagt der Ärztliche Leiter des Brustzentrums am Diakonie-Klinikum. Aus seiner Arbeit weiß er, dass Volkskrankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck aufgrund falscher Ernährung sich immer weiter verbreiten. Wer jeden Tag Alkohol trinke, fördere die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken. Der übermäßige Fleischkonsum könne Darmkrebs verursachen.

Beim Fitness-Dinner mit Linsen-Dahl (Curry, Tomate, schwarzer Reischip), Kohlrabi (Mandelmilch, Estragon, Citrus), gedämpfter Aubergine (Schwarzwaldmiso, grüne Tomate), geschmorter Biosellerie (Rote Bete, Gemüsejus) und Kokosmousse (Sommerbeeren, Shisosorbet) erkennen selbst Fleischliebhaber, dass ihnen an diesem Abend nichts fehlt.

Zum Abnehmen gibt Kuhn folgenden Tipp: „Man sollte nie hungrig sein, also so essen, dass einen nicht der Heißhunger befällt.“ Auf Weißbrot, auf „leere Kalorien“, sollte man verzichten, weil man danach rasch hungrig wird, und lieber Beeren essen, also das, was die Jahreszeit in der Region hergibt. Unter den Gästen (Corana-bedingt dürfen 30 kommen und an drei Tischen sitzen): Frank Kämmer, ein international tätiger Sommelier, der Chinesen beim Weinbau schult, Autorin Heike Ellwanger, Unternehmer Thomas Hillenbrand, Pascal Foechterlé, Maître der immer noch geschlossenen Zirbelstube.

Die nächste Station auf der Tour ist das Restaurant Bachofer

Thomas Kuhn, der in Klostermedizin ausgebildet ist, weiß, was bereits vor langer Zeit bei Mönchen als bestes Schlafmittel galt: Wenn der Darm entspannt ist, wird die Nacht ruhig und gut. Mit Initiator Bagaméry will er ein Buch mit Rezepten der Challenge und seinen Tipps schreiben. „Über gesunde Ernährung wissen immer noch zu wenige Menschen Bescheid“, sagt er. Die nächsten Stationen auf der Fitness-Tour sind Bernd Bachofer und das 5. Zwar haben die Gäste nicht immer Zeit, so aufwendig nachzukochen, aber sie holen sich Anregungen für den Alltag und werden damit Teil des Umdenkens. Veganes und leichtes Essen hat Zukunft, wenn es so gut ist.