In den kommenden Tagen sollen Verhandlungen über eine schwarz-rote Koalition beginnen. Dabei müssen sich die Parteien bei einigen schwierige Themen einigen.
Die Ansage von Friedrich Merz ist klar: „Ich habe den Wunsch, dass wir spätestens Ostern mit einer Regierungsbildung fertig sind“, sagte der CDU-Chef und wahrscheinliche nächste Kanzler nach der Bundestagswahl. Schon bald sollen Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD beginnen, dennoch ist es ein ehrgeiziger Zeitplan. Schließlich gibt es einige schwierige Themen, bei denen sich beide Seiten einig werden müssen. Ein Überblick, wo es besonders knifflig werden dürfte.
Wirtschaft und Finanzen
Einen ökonomischen Aufschwung wollen sowohl Union als auch SPD. Uneinig ist man darüber, welcher Weg dafür der richtige ist. CDU und CSU wollen Steuern senken: „Unser Ziel ist eine attraktive Unternehmensbesteuerung von maximal 25 Prozent auf einbehaltene Gewinne, die wir schrittweise umsetzen wollen.“ Und: Die Union will die Steuern auch generell senken, wovon allerdings vor allem Reiche profitieren würden.
Das hält die SPD für ungerecht. Sie dringt auf zusätzliche Investitionen. Jede Zukunftsinvestition – etwa in neue Maschinen – solle mit zehn Prozent der Anschaffungssumme direkt über eine Steuererstattung gefördert werden. Die SPD nennt das einen „Made in Germany-Bonus“. Die Union findet das zu bürokratisch. Teuer ist das eine wie das andere. Einigkeit besteht hingegen darüber, dass man die Energiekosten senken will. Denkbar ist, dass die Parteien vereinbaren, die Netzentgelte für Unternehmer und Verbraucher zu senken.
Migration
Über die Migrationspolitik gab es vor der Wahl heftigen Streit. Nachdem CDU-Chef Friedrich Merz einen Antrag zur Asylpolitik mit Stimmen der AfD beschließen ließ, warf der damalige SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ihm vor, „das Tor zur Hölle“ geöffnet zu haben. Nun müssen Union und SPD zusammenfinden. Die größte Hürde dürfte Merz‘ rechtlich umstrittenes Vorhaben sein, illegal Einreisende an den deutschen Grenzen pauschal zurückzuweisen. Es deutet sich allerdings an, dass die Union ihre Position dazu aufweicht. Dennoch muss die SPD der Union wohl auch entgegenkommen – zum Beispiel beim Familiennachzug. Die Union will ihn aussetzen, die SPD eigentlich nicht.
An anderer Stelle könnten die Parteien sich leichter einigen. Die Union will zum Beispiel Ausreisezentren und mehr Plätze für die Abschiebehaft schaffen. Dafür könnte sich die SPD offen zeigen. Einigkeit gibt es über die derzeit geltenden Grenzkontrollen. Sie werden vorerst bleiben.
Verteidigung und Finanzierung
Die Sicherheitspolitik gilt als größte Herausforderung der kommenden Jahre, weil Russland weiter einen aggressiven Kurs verfolgt und die USA als Schutzmacht der Europäer auszufallen drohen. Union und SPD wollen mehr in die Bundeswehr investieren, aber auch hier ist die Art der Finanzierung umstritten. CDU und CSU könnten sich vorstellen, das Grundgesetz so zu reformieren, dass Verteidigungsausgaben nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Die SPD drängt darauf, solche Ausnahmen auch für Investitionen in Infrastruktur und Wirtschaft festzulegen.
Alternativ ist auch ein neues Sondervermögen für die Bundeswehr denkbar. In beiden Fällen gibt es allerdings zwei Schwierigkeiten: Union und SPD müssten sich mit den Grünen einigen, weil man sie für eine notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundestag braucht. Außerdem besteht diese nur im alten Bundestag. Sobald sich der neu gewählte Bundestag Ende März konstituiert, haben Linke und AfD eine Sperrminorität.
Bürgergeld
Für die SPD war es mal eine wichtige Reform: das Bürgergeld. In der öffentlichen Debatte ist es aber komplett in Verruf geraten. Der Eindruck: Den Langzeitarbeitslosen werde nichts abverlangt. Unter dem so entstandenen Druck hatte die Ampel bereits nachgesteuert und Sanktionen gegen Totalverweigerer verschärft.
„Das so genannte Bürgergeld in der jetzigen Form schaffen wir ab und ersetzen es durch eine neue Grundsicherung“, hat die Union versprochen. Verfassungsrechtlich betrachtet, sind aber nur wenige weitere Verschärfungen bei den Sanktionen möglich. Das Bürgergeld könnte anders berechnet werden – aber nicht wirklich gesenkt. Am Ende der Verhandlungen dürfte vor allem ein neuer Name stehen.
Gesundheit
Die Gesundheitspolitik spielte im Wahlkampf kaum eine Rolle, doch auch hier gibt es einige kritische Punkte. Die Union dringt darauf, das Cannabisgesetz wieder rückgängig zu machen. Das Gesetz war jedoch eines der Prestigeprojekte der Ampel, eine komplette Rücknahme ist mit der SPD wohl nicht zu machen. Aber im Gesetz sind regelmäßige Evaluierungen vorgesehen. Ein Kompromiss könnte also sein, die Zukunft des Gesetzes von dieser Zwischenbilanz abhängig zu machen.
Die SPD wiederum forderte in ihrem Wahlprogramm erneut die Einführung einer Bürgerversicherung, also eine Zusammenführung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung und die Einbeziehung aller Einkommensarten. Das lehnt die Union ab. Doch die neue Regierung muss Antworten auf die Frage finden, wie die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung stabilisiert werden können. Zu diesem Punkt hielten sich beide Seiten mit konkreten Vorschlägen zurück. Grundsätzlich will die Union eine stärkere Eigenbeteiligung, die SPD eher mehr Steuerfinanzierung.