Spielt seit Jahren in der kulinarischen Champions League: Michael Zeyer Foto: LG/Leif Piechowski

Sollte es ein kurzes Gastspiel der Deutschen bei der WM werden, kann sich Manuel Neuer anderweitig beschäftigen: Der Torhüter legte sich dieses Jahr ein Gasthaus in Bayern zu. Fußballer spielen gerne in der Gastronomie mit – auch einige Ex-VfB-Profis.

Jüngster Neuzugang ist Manuel Neuer: Der FC-Bayern-Profi und Nationaltorhüter erhielt im September den Zuschlag für einen Berggasthof am Schliersee. Die Mannschaft der Fußballer, die in die Gastronomie einsteigen, wächst ständig. Allein in der Region Stuttgart sind ein halbes Dutzend ehemalige VfB-Spieler mit der Branche beschäftigt. Mit seinem Restaurant 5 in der Stuttgarter Innenstadt spielt Michael Zeyer längst in der Champions League. „Es ist eine Frage der Anschlussverwendung“, erklärt er. Timo Hildebrand bot die vegane Kost ein neues Spielfeld. Vereinskollegen wie Mario Gomez und Julian Schieber treten als Investoren auf. Aber nicht jeder Fußballer gewinnt in dem neuen Spiel.

Fußballer sind Berufseinsteiger mit Kapital

Dass Fußballer nach dem Karriereende in der Gastronomie landen, findet Michael Zeyer logisch. „Wir sind Berufseinsteiger, aber 15 Jahre zu spät dran“, erklärt er, in der Industrie Fuß zu fassen sei auch mit Studium fast unmöglich. Aber die Profis hätten Kapital und könnten sich deshalb eine Selbstständigkeit aufbauen. Als Sportdirektor der Kickers spielte der 54-Jährige, der 2011 das Restaurant an der Bolzstraße eröffnete, zwar noch ein paar Jahre lang in beiden Welten mit. Mittlerweile konzentriert er sich ganz auf das 5, das bei Bewertungsportalen zum Publikumsliebling avanciert ist. Und die Gastronomie biete einem Ex-Profi noch einen besonderen Anreiz – zumindest einen Teil der Aufmerksamkeit und Anerkennung, wie sie der Spieler auf dem Platz erlebte.

Ex-Nationalspieler Tobias Weis eröffnete vor vier Jahren in Heilbronn beispielsweise eine Pinseria und Kevin Großkreutz, als er 2016 beim VfB unter Vertrag war, das Kneipenrestaurant Mit Schmackes in Dortmund. Nelson Valdez von Werder Bremen unterstützte seine Schwiegereltern beim Start der Südtiroler Hütte in der Hansestadt, Jens Nowotny betreibt seit fast zehn Jahren in Mönchengladbach das Restaurant Salinas im Volksgarten seit 2019 noch den Biergarten vom städtischen Haus Erholung. Und Christian Eigler, ehemals Arminia Bielefeld sowie 1. FC Nürnberg ist seit Sommer 2021 Wirt im Gasthaus Der Stern am Marktplatz im fränkischen Schwabach.

Martin Heidegger von der Eintracht Frankfurt belebte nach seinem Karriereende diesen Sommer das Gasthaus Adler in Kronberg im Taunus wieder – mit einem Mix aus österreichisch-hessischer Traditionsküche mit modernen Einschüben. Und Manuel Neuer investiert mehrere Millionen in einen leer stehenden Berggasthof beim Schliersee. Auf einer Radtour mit dem Tegernseer Hotelier Johannes Rabl stieß er auf das ebenfalls seht Jahren leer stehende und verfallende Forsthaus Valepp und bekam in diesem September den Zuschlag für die Erbpacht. Heimat- und Naturschützer waren zunächst skeptisch, dass er es zum Luxusressort ausbauen könnte. Doch der Freistaat verpflichtete ihn dazu, künftig immer ein Gericht für 14,90 auf der Karte zu haben. Am Zapfhahn stehe Manuel Neuer dort natürlich nicht, erklärte sein Kompagnon dem Bayerischen Rundfunk, er bringe jedoch viele Ideen und sich in die Planung ein und wolle mit der Investition seiner Wahl-Heimat Bayern „etwas zurückgeben“.

Der Kumpel findet die Investitionsgelegenheit

„Er war auf der Suche nach einer Investitionsgelegenheit, und ich hatte das Objekt im Auge“, erklärt Daniel Mendes Rodrigues den Weg von Kumpel Julian Schieber zum Lokalbesitzer. Fancy heißt das Frühstückscafé, das der 37-Jährige seit 2015 als Pächter des früheren VfB-Spielers betreibt. In ihrer Jugend sei es ein Szeneladen gewesen, deshalb hätten sie viel Potenzial darin gesehen, sagt er. Nur als Gast schaut Julian Schieber, der in Backnang gebaut hat und gerade Co-Trainer bei der SG Sonnenhof Großaspach ist, manchmal vorbei.

Ein Familienbetrieb ist die ebenfalls in Backnang befindliche Alte Vogtei, die sich Mario Gomez bereits im Jahr 2008 zulegte. Sein Cousin Fabio Garcia Gomez führt sie, seit der vorherige Pächter abgesprungen und das darin befindliche Restaurant geschlossen ist. Er habe Tourismus-Management studiert, sei aber kein Koch, erklärt der Vetter, der noch als Sportsponsoring-Manager arbeitet. In dem historischen Gebäude mit 13 Zimmern würden vor allem Geschäftsleute übernachten. „Es läuft gut“, berichtet er. In die Gastronomie ist Mario Gomez diesen Mai wieder eingestiegen – mit einer Investition in die Firma Organic Garden von Holger Stromberg, einst Koch der Fußball-Nationalmannschaft. Das Start-up will „die Ernährung revolutionieren“, baut Gemüse an, produziert eigene Lebensmittel, unterhält mehrere Eateries in Bayern und bietet Schul- und Betriebsverpflegung an. „Ich kann genießen und mich darauf verlassen, dass es gesund für mich und unseren Planeten ist“, sagte der in München lebende Gomez.

Besseres Fleisch im eigenen Meat Club

Weniger, aber dafür besseres Fleisch zu essen war für Martin Harnik und Daniel Ginczek vor vier Jahren ein Grund, den Meat Club zu gründen. In ihrer Stuttgarter Metzgerei gibt es edelste Stücke aus nachhaltiger Aufzucht und Tasting Menus für die Gäste. Aber weil beide noch aktiv sind, Harnik spaßeshalber bei Dassendorf in der Oberliga, Ginczek bei Düsseldorf in der zweiten Liga, überlassen sie die Firma ganz ihrem Geschäftsführer Christian Hartmann. Er muss ihnen allerdings regelmäßig Pakete schicken.

Über das Thema ist auch Timo Hildebrand 2021 zu seinem Restaurant Vhy gekommen: „Ich will die vegane Ernährung voranbringen und den Menschen zeigen, wie gut es rein pflanzlich schmeckt“,sagt der frühere VfB-Torwart. Die Gastronomie brauche er nicht als Beschäftigungstherapie, betont er, „langweilig ist mir nicht“. Als Quereinsteiger sei es wichtig, gute Partner an Bord zu haben, lautet sein Ratschlag, in seinem Fall sind es die Inhaber der Schräglage. Zumal das erste Jahr sehr turbulent, mit vielen Herausforderungen und Personalwechseln gewesen sei. Ehemalige Leistungssportler bringen dafür gute Voraussetzungen mit, sind sich Timo Hildebrand und Michael Zeyer einig: Durchhaltevermögen und Disziplin. Wie auf dem Platz müssten auch in der Selbstständigkeit Krisen und Belastungen ausgehalten und Lösungen erarbeitet werden, sagt der Chef des Restaurants 5. „Ich arbeite täglich daran, dass unsere Gäste zufrieden“, ergänzt er, „die Sehnsucht nach Anerkennung habe ich schnell abgestreift.“

Manche Restaurants schon wieder geschlossen

Relativ kurz fiel das gastronomische Engagement von Giovane Elber aus, der mit dem VfB vor 25 Jahren DFB-Pokalsieger wurde: Der aus Brasilien stammende Stürmer wollte 2008 mit „Do Brazil“ ein Stück Heimat nach München bringen. Ähnlich wie das Palazzo-Zelt von Harald Wohlfahrt bot er eine Dinnershow mit einem Vier-Gang-Menü von Sterne-Koch Dieter Müller sowie Samba und Zirkuseinlagen. Doch es kamen nicht genug Gäste, und nach weniger als einem Jahr gab er das Unternehmen auf. Nicht lange hielten auch Ex-Nationalspieler Marcell Jansen und der Sterne-Koch Steffen Henssler mit ihrem Konzept Ben Green durch. Die erste Filiale wurde 2017 am Köln-Bonner Flughafen eröffnet und bereits eineinhalb Jahre später wieder geschlossen. Dort wurde gesundes Fast Food serviert. Ben Green wechselten sie schließlich mit Kinneloa aus – so heißt ihr neues Joint Venture in Hamburg, wo Marcell Jansen aktuell HSV-Präsident ist. In dem Restaurant wird gesunde Küche aus Kalifornien serviert.