In Stuttgart ist es im Sommer oft heiß – die Lage wird aber noch ernster. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Wegen der Erderwärmung droht es auch in Stuttgart sehr unbehaglich zu werden. Einige Gemeinderatsfraktionen fordern deutlich mehr Vorbeugung. Die Stadtverwaltung versichert, sie sei voll im Thema drin.

Manche meinen, Stuttgart fühle sich bald wie Mailand an. Andere sagen, im Jahr 2050 werde Stuttgarts Klimazone so sein wie heute die Klimazone Siziliens. Der Stadtklimatologe Rainer Kapp vom Amt für Umweltschutz sagt auf jeden Fall: „Der Klimawandel ist eine Tatsache, die Anpassung der Stadt an den unvermeidbaren Anteil des Klimawandels erforderlich.“ Wo Stuttgart dabei steht und wo es weitergehen sollte, das ist im städtischen Ausschuss für Klima und Umwelt debattiert worden.

Schon heute sind die Nächte heiß

Die Topografie und die Windarmut der Stadt lassen schon unschwer erahnen, dass es für Stuttgart brenzliger wird. Das Wasser wird wohl knapper, der Starkregen herausfordernder. Der Hitzestress nimmt zu. „Schon jetzt bekommt man nach drei Wochen Hitze nachts keine Abkühlung mehr in der Stadt“, weiß auch Bau- und Umweltbürgermeister Peter Pätzold (Grüne), der selbst in der Innenstadt wohnt. Die Verwaltung berichtete den Stadträten, von denen einschlägige Anfragen und Anträge vorlagen, aber auch von vielfältigen und langjährigen Maßnahmen. Stuttgart sei die Hauptstadt der Dachbegrünungen, sagt Kapp schon mal. Nachholbedarf habe man vielleicht beim klassischen Bevölkerungsschutz. Entscheidend sei, die Bestandsgebiete anzupassen.

Es wird schon viel getan, sagt die Verwaltung

Denn im Neubaugebiet Neckarpark in Bad Cannstatt exerzierte die Stadt schon vor, wie man eine neue Grünfläche einbindet und mit Straßengrün vernetzt, wie man den kleinen Park als Auffang- und Speicherfläche für Regenwasser nutzt. Im Plangebiet Rosenstein soll einmal Trinkwasser gespart, Brauchwasser aus Duschen und Waschbecken gefiltert und beispielsweise in Klospülungen wiederverwendet werden.

Das Wassermanagement ist nur ein Ansatzpunkt der Verwaltung. Die Entsiegelung von Flächen und Innenhöfen ein anderer. Weitere Brunnen sollen Trinkwasser spenden. Das Gesundheitsamt begleitet Schutzmaßnahmen für Heimbewohner und Kita-Kinder. Das Gartenamt arbeitet am Thema Sonnensegel, die sich die Stadträte auch für Spielplätze wünschen. Das Amt kündigte auch die Nachpflanzung von 160 abgängigen Straßenbäumen bis zum Frühjahr 2023 und 29 neue Straßenbaumstandorte an. Pätzold beteuerte: „Wir machen schon viel.“ Sein Technik-Kollege Dirk Thürnau (SPD) wurde noch deutlicher: Bei den Ämtern in seinem Referat sei das Thema Klimaanpassung voll angekommen: „Man sollte nicht so tun, als ob wir auf den Bäumen sitzen und noch Bananen essen.“ Mit Pätzold war er sich einig, dass es keiner neuen Organisationseinheit bedürfe, um das Thema zu forcieren.

Braucht es mobile Schattenspender?

Zumindest das Linksbündnis, die Fraktionsgemeinschaft Puls und ein Stück weit auch die SPD und die Grünen äußerten aber Wünsche, die auf mehr Struktur und Tempo bei der Klimaanpassung zielen. Schließlich sei das Jahr 2035, in dem die Stadt klimaneutral sein will, nicht weit weg. Linksbündnis und Puls halten die Bestimmung von Klimasanierungsgebieten für erforderlich. In Bestandsgebieten entscheide sich der Erfolg der Klimaanpassung. Der Stadtklimatologe sagte, man klinke sich schon bei Stadtsanierungsprojekten ein. Die SPD setzt wie Puls auf einen Hitzeaktionsplan, der jahrelang gefordert wurde und nun auch im Konzept der Verwaltung auftaucht. Die Grünen möchten das Wassermanagement besser in der Bauleitplanung verankert sehen und regten mobile Schattenspender an Orten an, wo Bäume noch nicht groß genug sind.