Kirchen und Solarpanels – passt das zusammen? Foto: imago stock&people

Das Land will mehr Fotovoltaikanlagen auf historischen Gebäuden zulassen und plant Erleichterungen für die Eigentümer. Droht der Denkmalschutz jetzt deutlich an Gewicht zu verlieren?

Konstanz/Stuttgart - Es war beinahe ein Brandbrief, den die Evangelische Landeskirche in Baden und die Stadt Konstanz vor Kurzem an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geschickt hatten: Bei leicht rückbaubaren Anlagen wie der Fotovoltaik müsse der Klimaschutz endlich Vorrang bekommen vor dem Denkmalschutz, schrieben Bischof Jochen Cornelius-Bundschuh und OB Uli Burchardt. Der Denkmalschutz sei, so schreiben die beiden sinngemäß, ein Hemmschuh für die Energiewende.

Zwar macht die Zahl der denkmalgeschützten Gebäude in Baden-Württemberg nur zwei bis drei Prozent aus und scheint also für das Gelingen der Energiewende nicht allzu wesentlich zu sein. Doch in den größeren Städten sieht es oft anders aus. In Konstanz, sagt die Sprecherin der Stadt Elena Oliveira, entfielen 15 Prozent des Dachflächenpotenzials auf denkmalgeschützte Häuser. Und von den 160 Gebäuden im Besitz der Stadt Konstanz stünde sogar die Hälfte unter Schutz – die Stadt könne ihrer Vorbildrolle deshalb kaum gerecht werden.

Landeskirche kann ihr ehrgeiziges Klimakonzept kaum umsetzen

Bei der Evangelischen Landeskirche in Baden sieht es ähnlich aus. Man habe ein ehrgeiziges Konzept für eine klimagerechte Kirche, betont Oberkirchenrat Jochen Rapp; und gerade die Solarenergie sei ein wesentlicher Baustein für das Gelingen. Von den 900 denkmalgeschützten Gebäuden sei die Hälfte für die Nutzung von Fotovoltaik geeignet – doch es sei sehr schwer, dafür Genehmigungen zu erhalten. Das Land müsse deshalb den Bau solcher Anlagen erleichtern, findet Oberkirchenrat Rapp.

Grundsätzlich kann er sich solche Anlagen sogar auf den Dächern der Kirchen vorstellen. Die Diskussion müssten die Kirchengemeinden vor Ort führen, denen die Kirchen in der Regel gehörten. Und natürlich müsse man mit Augenmaß vorgehen und Rücksicht auf Denkmalschutz und Ausstrahlung einer Kirche nehmen: „Aber die Gestaltung der Anlagen hinsichtlich Größe, Form und Aussehen kann gesteuert und oft zu einem guten Ergebnis geführt werden.“

Solarpanels verändern Aussehen der Gebäude oft erheblich

Vertreter des Denkmalschutzes hatten sich dagegen in der Vergangenheit oft recht skeptisch geäußert. Fotovoltaikanlagen würden aus wirtschaftlichen Gründen meist sehr großflächig gebaut, was zu „erheblichen Veränderungen an den geschützten Erscheinungsbildern der Denkmäler“ führe, hieß es beispielsweise schon vor Jahren in einem Statement der Vereinigung der Landesdenkmalpflege in Deutschland. Auch die erhöhte Brandgefahr von Fotovoltaikanlagen spreche gegen solche Kraftwerke. Jüngst wurde in Stuttgart eine solche Anlage am denkmalgeschützten Gaskessel abgelehnt.

Mittlerweile sind diese Stimmen zumindest öffentlich und zumindest im Südwesten nicht mehr ganz so laut zu hören, denn mit der Klimakrise wird der Druck auf denkmalgeschützte Gebäude größer. Bei der energetischen Sanierung von Fassaden und Dächern hat das Landesamt für Denkmalpflege tatsächlich schon vieles ermöglicht. Doch ist die Behörde eben dem Ministerium für Wohnen unterstellt, und bezüglich der Fotovoltaikanlagen hat dieses eine klare Haltung. Ministerin Nicole Razavi (CDU) betont: „Die Landesregierung hat sich ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz gesetzt. Um diese Ziele zu erreichen, wollen und müssen wir alle Potenziale nutzen.“

Genehmigung soll erleichtert und beschleunigt werden

Sprich: es sollen mehr Anlagen auch auf denkmalgeschützte Häuser gebaut werden. Ganz Grundlegendes will man vorerst aber nicht ändern, also auch keine gesetzliche Novellierung. Ziel sei es vielmehr, die Verfahren zu erleichtern und zu beschleunigen, sagt Rainer Wehaus, der Sprecher des Ministeriums. Eigentümer sollen ermutigt werden, einen Antrag zu stellen, über den die Unteren Denkmalbehörden in den Landratsämtern und kreisfreien Städten schnell entscheiden sollen – das Landesamt für Denkmalpflege werde natürlich weiterhin gehört.

Tatsächlich sind Fotovoltaikanlagen schon heute unter bestimmten Bedingungen auf denkmalgeschützten Gebäuden möglich – etwa auf der Burg Brauneck in der Nähe von Creglingen oder auf dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe produzieren Solarzellen Strom. Der Offene Brief der Stadt Konstanz und der Landeskirche habe deshalb unter den Denkmalschützern für einiges Stirnrunzeln gesorgt, ist zu hören, denn gerade in Konstanz habe von den drei evangelischen Kirchen eine bereits eine Solaranlage, bei einer zweiten wäre eine Installation vermutlich kein Problem – doch sei bisher gar kein Antrag dafür eingegangen, den im Übrigen die Stadt Konstanz als Untere Denkmalbehörde selbst genehmigen könnte.

Konflikte gibt es auch bei der Windkraft

So einfach sei das nicht, widerspricht Jochen Rapp. Bei einer der Kirchen gehe es zum Beispiel um eine Gesamtsanierung, für die noch kein Konzept vorliege. Vor allem aber habe man mit dem Brief ja die landesweite Bedeutung im Auge gehabt. Jochen Rapp freut sich aber über die Bewegung, die er in den ersten Gesprächen mit dem Landesamt für Denkmalpflege und dem Ministerium festgestellt habe. Das mache Hoffnung, „dass die ursprünglich immer wieder sehr restriktiven Haltungen überdacht werden.“

Veränderungen wird es im Übrigen auch bei der Windkraft geben, die ebenfalls oft in Konflikt mit dem Denkmalschutz gerät. Erinnert sei an die Planung einiger Windräder nahe des Schlosses Lichtenstein (Kreis Reutlingen), was zu einem Sturm der Entrüstung bei vielen Denkmalschützern geführt hatte – bis heute konnten die Windräder trotz positiver höchster richterlicher Entscheidung nicht gebaut werden. Nun habe man beschlossen, sagt Rainer Wehaus, dass beim Landesamt für Denkmalpflege ein landesweit einheitlicher Ansprechpartner benannt werde. Dieser soll Fragen beantworten und mögliche Konflikte mit dem Denkmalschutz früh entschärfen helfen.