Die finale Version der Studie von Drees & Sommer ist nun Teilen des Gemeinderats vorgestellt worden. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Konflikte und unklare Abläufe gefährden laut einer Studie das Ziel, dass Stuttgart bis 2035 emissionsfrei wird. Nun war das Thema im Verwaltungsausschuss, wo es auf kritische Stimmen stieß.

Die Stadt Stuttgart könnte wegen interner Querelen und ineffektiver Abläufe ihr Ziel verfehlen, die Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Stuttgarter Beratungsgesellschaft Drees & Sommer, die Teilen des Gemeinderats am Mittwoch präsentiert worden ist.

Klimaneutralität soll 15 Jahre früher erreicht werden

Dabei kritisierten sowohl Stadträte der FDP als auch von Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS), dass es trotz der Größe der Herausforderung in Stuttgart kein eigenes Klimareferat geben soll. Unter anderem Heidelberg hat dies – inklusive eines Klimabürgermeisters.

Der Stuttgarter Gemeinderat hatte vor gut zwei Jahren das Klimaziel von 2050 auf 2035 vorgezogen. Beschlossen wurde gleichzeitig, zu überprüfen, ob die Stadtverwaltung für diese ambitionierte Aufgabe organisatorisch richtig aufgestellt ist.

Kein radikaler Umbau in Stuttgart geplant

Die Studie, deren finale Fassung nun im Verwaltungsausschuss vorgestellt worden ist, beruht auch auf vielen Interviews und Einzelgesprächen mit Schlüsselfiguren. Und sie kommt zu dem Ergebnis, dass persönliche Konflikte, Führungsschwäche und ineffektive Abläufe das Klimaziel gefährden.

Dass es diese Unstimmigkeiten gibt, bestätigten Mitarbeitende der Stadt sowie Akteure in Stadtpolitik und -gesellschaft in Hintergrundgesprächen mit unserer Redaktion. Die Grabenkämpfe und Abstimmungsprobleme behindern demnach die Zusammenarbeit, und es fehlt an einem gemeinsamen, nach vorne gerichteten Gesamtmonitoring. Keiner kann sagen, wo Stuttgart im Klimafahrplan Stand heute steht.

Dejan Perc (SPD) schlug vor, dass jemand diesem Lenkungskreis vorsitzen sollte, der die persönliche Konflikte nicht weiter fortführe. Foto: Archiv Lichtgut/Julian Rettig

Die Berater von Drees & Sommer schlagen aus Zeitmangel keinen radikalen Umbau vor. Neu zusammengesetzte Arbeitsgruppen, Koordinatoren in jedem Referat sowie eine Stelle, bei der alle Fäden zusammenlaufen, sollen stattdessen in den verbleibenden elf Jahren dazu beitragen, das Klimaziel zu erreichen. Auch der Lenkungskreis Klima, den der Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) leitet, soll wiederbelebt werden. Laut Drees & Sommer wird er „als inaktiv wahrgenommen“.

OB Frank Nopper fehlte bei der Diskussion

Der SPD-Stadtrat Dejan Perc schlug vor, dass in Zukunft jemand diesem Lenkungskreis vorsitzen sollte, der die persönlichen Konflikte in den weiter unten liegenden Ebenen der Verwaltung nicht fortführe. Er fragte dafür direkt den Ersten Bürgermeister Fabian Mayer (CDU) an, da dieser „kein Eigeninteresse“ habe. Mayer entgegnete jedoch sofort, dass es „richtig und zwingend“ sei, dass Nopper den Vorsitz habe, weil nur dieser weisungsbefugt gegenüber den Referaten sei – und er nicht.

Einen Beschluss für die Umsetzung der Vorschläge braucht es laut dem Ersten Bürgermeister Fabian Mayer nicht. Es solle „nun losgehen“, sagte er.

Der OB selbst war bei der Diskussion nicht dabei, er hält die Untersuchung von Drees & Sommer aber laut städtischer Pressestelle „für nachvollziehbar und umsetzungsfähig“. Unter den Stadträten ist die Stimmung weniger zuversichtlich. Der CDU-Fraktionschef Alexander Kotz betonte, dass er seinen Optimismus zwar nicht verlieren wolle, er allerdings inzwischen von mehreren Experten gehört habe, dass das Klimaziel 2035 nicht mehr zu schaffen sei. Auch Florian Pitschel (Grüne) stellte in Frage, ob das Papier ausreiche, um voranzukommen.