Technisch fast so schwer wie die Eiger-Nordwand: eine der anspruchsvollsten Routen in der Kirchheimer Kletterhalle. Foto: Andreas Bop/p

Zehn Meter Höhe? Nicht gerade die Eiger-Nordwand. Dennoch bietet die Kirchheimer Kletterhalle des Deutschen Alpenvereins Schwindelerregendes: Routen bis zum Schwierigkeitsgrad acht. Aber auch Anfänger können künstliche Steillagen erklimmen.

Es ist zum Die-Wand-Hochgehen. Wortwörtlich. Zu keinem anderen Zweck steht es da, das turmartige, knapp zehn Meter hohe Gebäude am Kirchheimer Stadtrand direkt neben dem Schlossgymnasium. Nur gerät das Adrenalin hier nicht aus jenen Gründen in Wallung, welche der übertragene Sinn jener Wendung meint. Sondern ganz unmittelbar. Zehn Meter sind keine Eiger-Nordwand, aber für eine Kletterhalle können sie ein ganz ordentlicher Pulsbeschleuniger sein. Erst recht galt das vor 18 Jahren, als die große Welle des Indoor-Kraxelns allmählich die Region erreicht, aber noch keine einschlägigen Locations herbeigespült hatte.

Für wen sind die Routen geeignet? Die am 29. Januar 2005 eröffnete Kletterhalle Kirchheim war ein Pilot- und Pionierprojekt: die erste ihrer Art weit und breit. Inzwischen gibt es etliche weitere regionale Angebote. Auch die Sektion Schwaben des Deutschen Alpenvereins, Bauherr und Besitzer der Kirchheimer Bergsportstätte, macht sich seit einigen Jahren selbst Konkurrenz durch ihre neuere und weit größere Kletterhalle auf der Stuttgarter Waldau.

Doch auch wenn die Dimensionen in Kirchheim mittlerweile bescheiden anmuten: Das Türmchen birgt seilgesicherte „Routen von den Anfängergraden bis zum Schwierigkeitsgrad acht“, sagt Andreas Bopp, einer von fünf ehrenamtlichen Hallenbetreuern. Einsteiger wie Extremisten kommen also auf ihre Kosten. Allerdings gibt es keinen eigenen Kinderbereich und auch keinen zum Bouldern, also zum Klettern ohne Seil und Gurt. Dazu reicht schlicht die Fläche nicht aus, sagt Bopp.

Wie viel Platz bietet die Halle? Bis zu sechs Seilschaften – also zwölf Leute – können gleichzeitig in der Halle klettern, ohne sich in die Quere zu kommen. „Das ist keine fixe Obergrenze“, erklärt Bopp, „es waren auch schon über 20 Personen drin. Aber die Erfahrungen aus der Coronazeit haben gezeigt, dass ein Dutzend eine gute Zahl ist.“ Klettern sei nach wie vor Trendsportart, „der Boom ist ungebrochen“, sagt der Psychotherapeut und passionierte Klettermaxe, der seit 45 Jahren in- wie outdoor Wände und Felsen besteigt. Da aber mit dem Boom die Ansprüche und mit den Ansprüchen die Zahl der Kletteranlagen gestiegen sind, hat sich der Andrang in Kirchheim auf eine beständige Nachfrage ohne Überfüllung oder gähnende Leere eingependelt.

Muss man vorab buchen? Fest gebucht ist die Halle zu unterschiedlichen Zeiten für Gruppen oder auch für Kletterkurse überwiegend für Anfänger. Auch das Schlossgymnasium nutzt sie für ihren Sportunterricht, bei dem Klettern zum Angebot gehört. Die übrigen Öffnungszeiten stehen für das offene Klettern zur Verfügung, in dessen Rahmen jede und jeder die Anlage nutzen kann. Allerdings kann man wegen der begrenzten Kapazitäten nicht einfach spontan vorbeikommen. Da die Hallenbelegung durch Gruppen keinem ganz regelmäßigen Turnus folgt, müssen die offenen Kletterzeiten im stets aktualisierten Online-Kalender nachgeschaut werden. Dort ist auch verzeichnet, wie viele Personen im jeweiligen Zeitfenster maximal noch mitklettern können. Daher ist für Einzelpersonen und das offene Klettern stets eine Anmeldung erforderlich. Auch gibt es – abgesehen natürlich von den Kursangeboten – keine professionelle Anleitung. Bopp: „Dann müsste man eigens einen unserer Trainer mieten.“

Kann eine Halle die Felswand ersetzen? Und wie ist für ihn als In- wie Outdoor-Kletterer das Verhältnis von drinnen und draußen? Ganz klar: „Früher oder später zieht es alle raus in die Natur.“ In den Anfängen sei die Halle überwiegend im Winter als Trainingsstätte genutzt worden. Das habe sich allerdings geändert: „Kurse finden fast nur noch in der Halle statt, Trainingsbetrieb ist jetzt das ganze Jahr über.“ Ein wichtiger Grund ist der Schutz von Landschaft und Vegetation: Die Felsen der nahen Alb sind nur als Natur- auch ein Kletterparadies, müssen also als das eine geschont werden, um als das andere erhalten zu bleiben. Vom Kletterboom sind daher Kompromisse gefordert – die in der Halle trotz allem Drang zur Natur ihren ganz eigenen Spaß machen können.

Unterwegs in der Region

Serie
Winterzeit ist Drinnenzeit – aber an tristen Tagen muss niemand zu Hause auf dem eigenen Sofa verweilen. Wir haben uns in der Region Stuttgart auf die Suche nach Ausflugstipps und Aktivitäten gemacht, die auch bei Kälte und Schmuddelwetter zum Hinfahren und Mitmachen einladen. Wetten, dass auch für Sie etwas dabei ist?

Kirchheimer Kletterhalle
Die Halle wird von der Sektion Schwaben des Deutschen Alpenvereins betrieben. Sie ist in der Jesinger Halde 5 in Kirchheim/Teck.

Anmeldung
Einzelpersonen, die zum offenen Klettern kommen möchten, müssen sich anmelden. Das ist über die Seite des Alpenvereins ebenso möglich wie mit einer E-Mail an kletterhalle@dav-kirchheim.de oder telefonisch unter 01 62 / 8 86 21 86.

Eintrittspreise
Nichtmitglieder des Alpenvereins zahlen 8,50 Euro, Jugendliche, Azubis und Studenten unter 28 Jahren zahlen 5,50 Euro. Für Mitglieder kostet der Eintritt fünf beziehungsweise 2,80 Euro. Außerdem gibt es Zwölfer-Karten, Halbjahres- und Jahreskarten.

Näheres im Netz unter
www.alpenverein-schwaben.de