Die EnBW führe die Öffentlichkeit mit einem Nahwärmenetz in die Irre. Das wirft ihr die Bürgerinitiative gegen die Klärschlammverbrennung in Walheim (Kreis Ludwigsburg) vor.
Die geplante Klärschlammverbrennungsanlage in Walheim erhitzt weiter die Gemüter. Hatte die Initiative Bürger im Neckartal kürzlich erst dem Umweltministerium vorgeworfen, es nehme unmittelbar Einfluss auf die Entscheidungsprozesse im Regierungspräsidium (RP) Stuttgart, so prangert sie nun das Verhalten der EnBW an: Der Stromkonzern habe mit einer Pressemitteilung unabgestimmt über ein Werkstattgespräch informiert, an dem auch die Gegner teilgenommen hatten.
Das Werkstattgespräch ist ein Format, in dem die Beteiligten miteinander im Gespräch bleiben wollen. Die EnBW als möglicher Betreiber wartet noch auf die Genehmigung des RP, durfte aber bereits mit Vorarbeiten beginnen. Die Bürgerinitiative hat mehr als 3500 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt und befürchtet starke Umweltbelastungen.
In der Anlage sollen jährlich 180 000 Tonnen Klärschlamm verbrannt werden. Das Land Baden-Württemberg und die Kommunen sind nach dem Aus für Kohlekraftwerke und der Pflicht für die Phosphorrückgewinnung in Zugzwang: Eine Verbrennungsanlage in Walheim würde von 2029 an einen Großteil des Schlamms aus Ostwürttemberg und anderen Gebieten im Umkreis von 100 Kilometern der Verwertung entgegenführen.
Die EnBW sieht im Werkstattgespräch die Fortführung eines bewährten Formats, das jetzt wieder genutzt werde. Die Projektleiter des Stromkonzerns hätten sich mit den Bürgermeistern der Kommunen sowie dem RP-Referatsleiter Heiner Prommer über das „Klärschlammheizwerk“ ausgetauscht: „Der Schwerpunkt lag dabei auf technischen Fragen und Lösungen.“ Insbesondere sei es um den Aufbau eines Nahwärmenetzes gegangen, aber auch um die umweltgerechte Entsorgung von Abfallprodukten der Klärschlammtrocknung sowie eventuelle Rückbau-Optionen beim Gebäudebestand.
Die Initiative Bürger im Neckartal wendet sich ihrerseits mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit. Sie sieht im Angebot zum Aufbau eines Nahwärmenetzes im Endstadium des Genehmigungsverfahrens ein taktisches Manöver: „Schon dass die EnBW bei ihren Planungen kein Wärmenutzungskonzept erarbeitet hat, verdeutlicht, dass die Verwendung des Begriffs ‚Klärschlammheizkraftwerk‘ nie ernst gemeint war, vielmehr die Öffentlichkeit irregeführt und das Vorhaben verharmlost werden soll.“
Die BI sieht keinen Bedarf für ein Nahwärmenetz in Walheim
In Walheim bestehe kein Bedarf für ein solches Nahwärmenetz, teilt die BI mit. Die Nutzung von Restwärme schwanke jahreszeitlich. Eine zusätzliche Ausfall- und Spitzenlastlösung müsste gefunden und finanziert werden. Die EnBW setze die Gemeinden mit ihrem Angebot unter Zugzwang. Der Walheimer Bürgermeister Christoph Herre sieht hingegen einen Bedarf für die Wärmeversorgung, aber er will ihn nicht an das EnBW-Angebot koppeln: „Der Gemeinderat und ich sind gegen die Klärschlammverbrennung.“
Hohe Kosten kommen auf die Kommunen auch zu, wenn sie eine Abwasserleitung zum Bietigheimer Klärwerk bauen müssten und das Walheimer Klärwerk aufgegeben werde, informieren die BI-Sprecher Rudi Ringwald und Matthias Appelt. „Nur so kann die EnBW erreichen, dass bei der Klärschlammtrocknung das stündlich im Umfang von 10 000 Liter anfallende sogenannte Brüdenwasser nicht durch werktäglich 30 Silo-Lkw-Fahrten über die Straße zu entfernt gelegenen Kläranlagen transportiert werden muss.“ Die BI spricht von einem „vergifteten Angebot“ der EnBW an die Kommunen.
Das Umweltministerium widerspricht der Bürgerinitiative
Das Umweltministerium des Landes wehrt sich indessen gegen den Vorwurf der Bürgerinitiative, es habe das Regierungspräsidium angewiesen, die wasserrechtliche Genehmigung zu erteilen. Laut einer Sprecherin des Ministeriums sei lediglich in den Unterlagen des Petitionsausschusses dokumentiert, dass die EnBW als Antragstellerin Anspruch auf eine fristgerechte Erlaubnis habe, auch wenn das Petitionsverfahren noch andauere.
Über die Klärschlammentsorgung entscheiden weiter die Kommunen – das Land mache keine Vorgaben, dass die Entsorgung zentral erfolgen müsse, informiert das Ministerium. Dezentrale Anlagen gebe es bereits in Abwasserzweckverbänden in Baden-Württemberg.