Viel Lob für die Planung, aber vorerst kein Geld für die Realisierung: der Entwurf des Neuhausener Kinderhauses Waagenbachaue vom Stuttgarter Büro MGF Architekten. Foto: MGF Architekten

Eigentlich braucht Neuhausen ein neues Kinderhaus. Aber das Projekt in der Waagenbachaue ist derzeit nicht finanzierbar. Der Gemeinderat hofft auf bessere Zeiten und will Betreuungslücken mit einem Ausbau der Kindertagespflege schließen.

Vergangenes Jahr sah es noch halbwegs rosig aus für das geplante Kinderhaus in der Waagenbachaue. Im Juli hat der Neuhausener Gemeinderat den Flächennutzungsplan angepasst, noch im Oktober wollte man trotz düsterer Haushaltswolken das Projekt nicht im Regen stehen lassen. Obwohl die Verwaltung wegen des Einbruchs bei den Gewerbesteuereinnahmen schon im Sommer eine Kostennotbremse gezogen hatte. Aber der prognostizierte Bedarf an Kita-Plätzen sprach und spricht eine eindeutige Sprache.

Doch was eigentlich nicht geht, muss trotzdem gehen, wenn schlicht das Geld fehlt. Seit Anfang dieses Jahres ist klar: Das mit über 17 Millionen Euro angesetzte Leuchtturmprojekt in der Waagenbachaue, das mit Nullenergiestandard und Holzbauweise auch ökologisch punkten sollte, biegt vorerst nicht in die Zielgerade. In der jüngsten Gemeinderatssitzung folgte der ausdrückliche und einstimmige Beschluss, zwar die Planung bis zu jenem Stand weiterzuführen, an dem die Vergabe der Bauleistungen möglich wäre. Der Bau selbst jedoch wird mindestens bis 2027 verschoben, 2026 werden keine weiteren Mittel bereitgestellt.

Tagesmütter und -väter sollen in Neuhausen Betreuungslücken schließen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Es war eine Einstimmigkeit im Gremium, die dissonant klang: Harmoniegefühle löste das von der Haushaltslage diktierte Votum nicht aus. War doch der Entwurf des Stuttgarter Büros MGF Architekten im November 2023 bei allen Fraktionen auf Begeisterung gestoßen – schon damals freilich durchmischt mit Skepsis ob der hohen Baukosten. Jetzt tröstet man sich über den vorläufigen Abschied vom Projekt mit ebendieser Vorläufigkeit hinweg.

Dietmar Rothmund (SPD) bemüht das „Prinzip Hoffnung“, auf dass aus vorläufig nicht endgültig werde. Es sei gut, die Planung abzuschließen, „damit wir gleich weitermachen können, wenn die Lage wieder besser ist“. Am Bedarf hat Rothmund so wenig Zweifel wie Mariela Herzog von den Freien Wählern („Eigentlich brauchen wir dringend so ein Kinderhaus“). Zumal, so der SPD-Rat, eine Kita-Rochade mit Einbezug des neuen Hauses die Sanierung von alten Häusern ermöglichen sollte. Ursprünglich war unter anderem geplant, die drei Gruppen des Don-Bosco-Kindergartens während dessen Renovierung im neuen Kinderhaus unterzubringen. Außerdem läuft die befristete Baugenehmigung für den Außencontainer im Kinderhaus am Egelsee im Herbst 2026 ab. Die wegfallenden Plätze sollte die Waagenbachaue kompensieren.

Die „Blockade des Haushalts“ (Rothmund) erlaubt jedoch keine Prioritätensetzung mehr. Nur vertraglich oder rechtlich eingetütete Vorhaben wie die Sanierung der Kläranlage oder das künftige Bahnhofsareal werden fortgeführt.

Derzeit haben 30 Kinder keinen Platz

Das Kinderhaus in Richtung Silberstreifen am Haushaltshorizont verschieben zu müssen, tue ihr und ihrer Fraktion „in der Seele weh“, versicherte Mariela Herzog. Dominik Morár (CDU) pflichtete dem bei, äußerte die Hoffnung, den Neubau im nächsten Jahr „wieder anschieben“ zu können und verwies auf derzeit 30 Kinder, die in Neuhausen keinen Kita-Platz hätten.

Demografie und Bedarf richten sich halt nicht nach Haushaltslagen. Die Bonner Projektgruppe Bildung und Region (Biregio) geht in einer Erhebung für Neuhausen von einer Entspannung der Kita-Situation bei Kindern über drei Jahren aus, bei den unter drei Jahren aber von einem zunehmenden Platzmangel. Außerdem sei in beiden Altersgruppen mit einer steigenden Betreuungsquote, also zusätzlichem Platzbedarf zu rechnen. Spätestens 2032 müsse das Kinderhaus Waagenbachaue stehen, wenn die Gemeinde den prognostizierten Bedarf einigermaßen decken will. Datenstand ist allerdings das vergangene Jahr. Die Gemeinde hat deshalb eine Aktualisierung beauftragt, die noch vor den Sommerferien vorliegen soll. Davon erhofft sich die Verwaltung eine Antwort auf die Frage, „ob das neue Kinderhaus noch in der geplanten Größe notwendig ist“.

Statt acht nur vier bis sechs Gruppen

Im zweiten Quartal 2026 soll entschieden werden, wie es mit dem Kinderhaus weitergeht. Statt von ursprünglich acht ist jetzt von vier bis sechs Gruppen für unter Dreijährige die Rede. Eine Entlastung könne die Erweiterung des Waldkindergartens um eine Gruppe bringen, eventuell verbunden mit einer Verlängerung der Betreuungszeit um eine halbe Stunde. Mehr wird laut einer Befragung von der Mehrheit der Eltern nicht gewünscht.

Kleine Gruppen für die Kleinen

Vor allem aber soll der Ausbau der Tagespflege in anderen geeigneten Räumen (TiagR) – also die Betreuung durch Tagesmütter und -väter – die gravierendsten Lücken im Angebot für die unter Dreijährigen schließen. Für Tanja Verch von der Initiative Grüne Liste (IGL) ist das „eine gute Alternative“ – bei allem Bedauern über die Kinderhaus-Verzögerung („megaschade“). Die kleinen Gruppen für die Kleinen in der Tagespflege würden möglicherweise viele Eltern als „ansprechend“ empfingen. Verch hofft, dass nun auch „geeignete Räume gefunden werden.“ Der Gemeinderat hat ebenfalls einstimmig beschlossen, die Einrichtung einer zusätzlichen TiagR mit zehn Plätzen durch Übernahme der Miet-, Ausstattungs- und weiterer Kosten zu fördern.