Gebührenarithmetik und fehlende Kita-Plätze: Auch in Ostfildern wird bei der Kinderbetreuung zuvorderst der Mangel verwaltet. Foto: dpa/Daniel Naupold

Besserverdienende müssen von Januar an in Ostfildern mehr für einen Kindergartenplatz bezahlen als bisher. Alle anderen Eltern kommen günstiger weg. Da weiterhin Betreuungsplätze fehlen, wird auch die Vergabe neu geregelt.

Bei 95 001 Euro ist bisher Ende der Gebührenfahnenstange. Eltern mit höherem Jahreseinkommen erfreuen sich in Ostfildern einer kostensparenden Gleichbehandlung: Ob sie nun 95 002 oder 195 001 Euro oder noch mehr verdienen: Die im Prinzip einkommensgestaffelten Kita-Gebühren steigen für sie nicht weiter, sondern bleiben auf der Höhe der obersten Einkommensstufe. Damit ist vom 1. Januar an insofern Schluss, als der Gemeinderat einstimmig eine Gebührenerhöhung für die Besserverdienenden beschlossen hat. Statt einer linearen Steigerung wird die Einkommenstabelle über die 100 000-Euro-Schwelle hinweg gespreizt. Aus neun Stufen werden künftig zwölf, in 10 000er-Schritten geht es von weniger als 30 000 bis mehr als 130 000 Euro Jahreseinkommen. Im Endeffekt werden alle Eltern entlastet, die auf weniger als 110 000 Euro im Jahr kommen, rechnet die Stadtverwaltung vor.

So bezahlen Besserverdiener ab 130 000 Euro mit einem Kind für die Ganztagsbetreuung (40 Stunden) im Kindergarten (Drei- bis Sechsjährige) von Januar an 383 Euro im Monat. Bislang sind es 288 Euro. Legt man dieselben weiteren Berechnungsfaktoren – Kinderzahl im Haushalt, Betreuungsdauer, Alter des betreuten Kinds – zugrunde, sind bei 100 000 Euro künftig 268 Euro fällig, derzeit ebenfalls 288 Euro, bei 50 000 Euro künftig 134 statt 148 Euro. Die Stadt will mit der neuen Gebührenordnung einerseits auf Inflation, gestiegene Kosten und Gehaltsentwicklung reagieren, andererseits soziale Gerechtigkeit wahren. Deshalb, so die Vorlage für den Gemeinderat, habe man einen Einwand des Gesamtelternbeirats berücksichtigt, der eine Benachteiligung von Familien mit mehr als zwei Kindern sah: Bei mehr als vier Kindern wird eine Gebührenreduzierung eingeplant.

Stadt will soziale Gerechtigkeit wahren

Von den Fraktionen gab es Lob: Petra Hönschel-Gehrung (Freie Wähler) beschwor die „Solidarität aller“ in der Stadtgesellschaft und wies darauf hin, dass Ostfildern unter den Gebührenempfehlung der kommunalen Landesverbände bleibe. Nach dem Sozialstaatsprinzip „Starke Schultern tragen mehr als schwache“ unterstütze die CDU die Neugestaltung, sagte David Preisendanz. Oliver Werner (Grüne) verwies darauf, dass das Gebührenmodell auf Einkommensdaten von 2016 basiere, folglich eine Anpassung nötig sei. Auch Stefanie Sekler-Dengler (SPD) sprach vom „richtigen Weg“, wobei Ostfildern bei der Kostendeckung durch Kita-Gebühren weit unter den von den Kommunalverbänden empfohlenen 20 Prozent bleibe. Zugleich wies sie, ebenso wie Sprecherinnen und Sprecher der anderen Fraktionen, auf die nach wie vor fehlenden Kita-Plätze hin. Mehr als 300 Kinder stünden weiterhin auf der Warteliste.

Mit einem neuen Kriterienkatalog für die Vergabe der Plätze aller Träger will die Stadt den Mangel wenigstens gerechter verwalten. Ganz oben in dem neuen Punktesystem stehen Erzieherinnen und Erzieher selbst, die für ihre Kinder möglichst sofort Plätze bekommen sollen, um die Personalnot nicht noch weiter zu verschärfen. Alles weitere folgt naheliegender Logik: Alleinerziehende erhalten mehr Punkte als zusammenlebende Eltern, Berufstätige mehr als Nichtberufstätige. Nicht zuletzt werden Vorschulkinder bevorzugt, denn frühkindliche Bildung ist ein vordringliches Ziel, wie Preisendanz formulierte: „Wir dürfen es nicht zulassen, dass wir Kinder einschulen, die keinen Tag im Kindergarten verbracht haben.“