Italiens Bischöfe wollen Homosexuellen den Zugang zum Priesteramt erleichtern. Der Papst warnt bei einem Treffen mit ihnen vor „zu viel Schwuchtelei“. Nun lässt Franziskus verlautbaren, er habe niemanden beleidigen wollen. Doch was sagt die kirchliche Lehre zur Homosexualität?
Skandal im Kirchenstaat: Nach Medienberichten über eine beleidigende Äußerung über Homosexuelle hat Papst Franziskus sich dafür entschuldigt. Der Vatikan bestätigte in einer Mitteilung am Dienstag (28. Mai) zwar nicht direkt, dass der Pontifex bei einer nicht-öffentlichen Versammlung mit den italienischen Bischöfen am 20. Mai 2024 im Vatikan in seiner Ansprache zu dem äußerst herablassenden Wort „frociaggine“ (auf deutsch: „Schwuchteln“ oder „Schwuchtelei“) gegriffen habe, über das italienische Medien übereinstimmend unter Berufung auf Teilnehmer berichtet hatten.
Papst entschuldigt sich für homophobe Äußerung
Vatikan-Sprecher Matteo Bruni teilte aber mit, der Papst habe nie die Absicht gehabt, zu beleidigen oder sich homophob auszudrücken. Er entschuldige sich bei denjenigen, die sich durch die Verwendung des Begriffs, wie es „von anderen“ berichtet wurde, beleidigt gefühlt hätten.
Der Papst kenne die Artikel über sein Gespräch mit den Bischöfen, teilte Bruni weiter mit. Er fügte hinzu, dass Franziskus auch bei anderen Gelegenheiten erklärt hat, dass es in der Kirche Platz für alle gebe. „Niemand ist überflüssig, niemand ist entbehrlich, es gibt Platz für alle“, zitierte der Sprecher den Papst.
Franziskus: „Es gibt schon zu viel Schwuchtelei“
Der Papst hatte den Medienberichten zufolge mit den Bischöfen über die Frage beraten, ob bekennende Homosexuelle zum Priesterseminar zugelassen werden sollten. Franziskus habe dies verneint und hinzugefügt: „C’è già troppa frociaggine “ – „Es gibt schon zu viel Schwuchtelei.“ Gemeint war offenbar, dass es bereits zu viele Homosexuelle im Klerus und in den Priesterseminaren gebe. So zitierte ihn die Tageszeitung „Corriere della Sera“ in ihrer Dienstagsausgabe.
Auch andere italienische Medien ließen sich nach eigenen Angaben von Teilnehmern bestätigen, dass Franziskus das als beleidigend und vulgär geltende Wort „frociaggine“ verwendet hatte. Zuerst hatte die Online-Plattform „Dagospia“ berichtet.
Hat Franziskus das falsche Wort gewählt?
Zuvor war darüber gemutmaßt worden, ob es sich bei der Wortwahl des Papstes um eine homophob gemeinte Äußerung oder um einen Versprecher gehandelt habe, da Franziskus’ Muttersprache nicht Italienisch, sondern Spanisch ist.
Der Zeitung „Corriere della Sera“ sagten verschiedene Bischöfe, die Aussage des Papstes seien bei dem Treffen überwiegend mit „Gelächter“ aufgenommen worden und weniger mit „Beschämung“. Offenbar gingen viele Bischöfe davon aus, dass der aus Argentinien stammende Franziskus schlicht das falsche Wort gewählt hatte.
Die Zeitung „La Repubblica“ schreibt unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen, einige der anwesenden Oberhirten sollen nach der Äußerung gefeixt haben, die meisten hätten aber schockiert gewirkt.
Franziskus und das heikle H-Thema
Der Papst und das H-Thema – ein heikles Kapitel des seit dem 13. März 2013 amtierenden 266. Bischofs von Rom. Zur Erinnerung: 2018 hatte Franziskus auf die Frage eines Journalisten geantwortet, was er einem Vater sagen würde, dessen Kind sich gerade geoutet hätte. Als erstes würde er zum Gebet raten, sagte der Papst. „Nicht verurteilen. Dialog. Verstehen, dem Kind Raum geben, damit er oder sie sich entfalten kann.“ Und: „Es hat schon immer schwule Menschen und Menschen mit homosexuellen Neigungen gegeben.“
Wenn ein Kind „besorgniserregende“ Wesenszüge an den Tag lege, könne es nötig sein, psychiatrische Hilfe zu suchen, erklärte das Kirchenoberhaupt damals. Gerade in der Kindheit könne die Psychiatrie viel erreichen. Etwas anderes sei es, wenn ein Erwachsener sich als homosexuell zu erkennen gebe.
Homosexualität: Kirchliche Lehre ist eindeutig
Mit seiner Meinung liegt der Papst ganz auf der Linie der traditionellen katholischen Moraltheologie. Was die moralische Bewertung und den praktischen Umgang mit Homosexualität angeht, ist die offizielle katholische Lehre eindeutig und unmissverständlich.
Demnach steht Homosexualität im Widerspruch zur gottgewollten Funktion der Sexualität, die aus der Zeugung von Kindern ihre Würde erhält. Deshalb findet sie ihren Sinn und Zweck ausschließlich in der Ehe von Mann und Frau.
Homosexuelle, so formuliert es der „Katechismus der Katholischen Kirche“ ( Nr. 2357),„verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.“
„Sünde der Sodomiter“
Die traditionelle Moraltheologie und Naturrechtslehre spricht auch von der „Sünde der Sodomiter“, wie es im „Katechismus der Katholischen Kirche“ (Nr. 1867) heißt:
„Die katechetische Tradition erinnert auch daran, dass es himmelschreiende Sünden gibt. Zum Himmel schreien . . . die Sünde der Sodomiten“. Darunter fällt nach konservativer theologischer Deutung neben der erzwungenen sexuellen Befriedigung an Wehrlosen auch die Homosexualität unter Männern.
Wie beim Sex vor der Ehe wird auch beim sexuellen Kontakt mit einem gleichgeschlechtlichen Partner dem kirchlichen Lehramt zufolge gegen Gottes Gebote verstoßen und schwer gesündigt.
Homosexuelle sind zur Keuschheit verpflichtet
Allerdings ist nicht die Homosexualität an sich sündhaft, sondern nur homosexuelle Akte. Der Katechismus der Katholischen Kirche konstatiert, dass homosexuell veranlagten Menschen „mit Achtung, Mitgefühl und Takt zu begegnen“ sei. „Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen (Nr. 2358).
Sexuelle Akte zwischen gleichgeschlechtlichen Personen hingegen werden als „schlimme Abirrung“ und „objektiv ungeordnete Neigung“ gebrandmarkt, die „gegen das natürliche Gesetz“ verstoßen und „in keinem Fall zu billigen“ seien.
Die Forderung des kirchlichen Lehramts ist eindeutig: „Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich – vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft –, durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2359).
Ungeordnete Neigung, die eine Prüfung darstellt
Homosexuelle hätten „diese Veranlagung nicht selbst gewählt“. Im Katechismus (Nr. 2358) heißt es: „Diese Neigung, die objektiv ungeordnet ist, stellt für die meisten von ihnen eine Prüfung dar.“
Die Begründung: Die Neigung zur Homosexualität unterliege keiner bewussten Entscheidung und werde daher nicht als „Sünde“ betrachtet. Allerdings gehe damit eine „Tendenz, die auf ein sittlich betrachtet schlechtes Verhalten ausgerichtet ist“, einher, so dass „die Neigung selbst als objektiv ungeordnet angesehen werden“ müsse.
Homosexuelle Handlungen gelten wie alle Handlungen, die sich nicht dem „höheren Gut der Liebe in der Ehe“ unterordnet sind – wie zum Beispiel Selbstbefriedigung und künstliche Empfängnisverhütung – als objektiv falsch, moralisch schlecht und sündhaft.
Kardinal: Homosexuelle kommen nicht in den Himmel
Der vor zwei Jahren verstorbene Kurienkardinal Javier Lozano Barragán ging über dieses Verdikt noch hinaus. Homo- und Transsexuelle kämen nicht in den Himmel, hatte der ehemalige Präsident des Päpstlichen Gesundheitsrats einst erklärt. Diese Weisheit entspringe nicht seinen eigenen Gedanken, so der mexikanische Kirchenmann, sondern gehe „auf den heiligen Paulus“ zurück.
Barragán übte außerdem scharfe Kritik an der „Homo-Ideologie“: Man komme nicht homosexuell auf die Welt, sondern werde es durch mangelhafte Erziehung und Entwicklung, behauptete er. „Menschen werden nicht homosexuell geboren, sie werden homosexuell. Vielleicht sind sie nicht schuldig, aber wenn sie gegen die Würde des Leibes handeln, werden sie bestimmt nicht in das Himmelreich eintreten können“ (mitAFP/dpa-Agenturmaterial).