Ulrich Berner hofft auf Verlängerung für seinen Kiosk am Charlottenplatz. Foto: Lg//Piechowski

Eine fristgerechte Kündigung ist nicht immer rechtens. Das hat jetzt das Landgericht Stuttgart dargelegt. In dem Prozess ging es um die Räumung der Kioske am Charlottenplatz. Jetzt hofft der Betreiber auf einen Vergleich.

Stuttgart - Ulrich Berner ist Pächter der beiden Kioske in der unterirdischen Stadtbahnstation Charlottenplatz. Am Freitag hat das Landgericht die Räumungsklage gegen ihn verhandelt – mit offenem Ende. Den Vergleich, den der Vorsitzende Richter den streitenden Parteien vorgeschlagen hat, wollte die Klägerin, die Süddeutsche Zeitungszentrale Wilhelm Voigt GmbH, vorerst nicht schließen: „Es gibt da etliche Ungereimtheiten“, sagte deren Anwalt.

Drei Familien leben von dem Geschäft

Ulrich Berner verkauft seit knapp 30 Jahren Zeitungen und Tabakwaren in der Stadtbahnhaltestelle Charlottenplatz auf beiden Seiten der Gleise: in Kiosk 1, den er seit Anfang der 90er Jahre gepachtet hat, und in Kiosk 2, der 2006 dazugekommen ist. Beide Kioske würden gut laufen, versichert Berner. Im Februar 2021 flatterte ihm die Kündigung seines Vertrags ins Haus: unter Einhaltung der Kündigungsfrist von drei Monaten sollte Berner die Kioske spätestens zum 31. Mai 2021 räumen. Der 60-Jährige und jene zwei Männer, die mit ihm eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GBR) gegründet haben und in den Kiosken tätig sind, und deren Angehörige leben von den Einkünften.

Kündigung nach Gutdünken abgelehnt

Richter Marcus Günther stellte gleich eingangs die Frage in den Mittelpunkt: „War die Kündigung rechtens? Meiner Einschätzung nach kann es eine grundlose Kündigung nach Gutdünken nicht geben. Auch nicht, wenn die Frist eingehalten wird.“

Als Grund für die Kündigung führte der Rechtsanwalt des Klägers an, dass sein Mandant der Gründung der GBR nicht zugestimmt hätten. Der Geschäftsführer der SZZ W. Voigt GmbH ergänzte: „Wir lehnen einen zweiten Pächter ab.“

Mit Verweis auf höchstinstanzliche Urteile aus den Jahren 1955 und 2001 erklärte Richter Marcus Günther: „Vertragspartner ist Ulrich Berner, nicht die GBR“, die Gründung der GBR sei deshalb auch nicht genehmigungspflichtig gewesen.

Darüber hinaus müsse Recht immer mit Rücksicht auf die andere Partei ausgeübt werden, so der Richter. Deshalb müsse der Kläger deutlich machen, welcher Nachteil ihm entstehe durch die Gründung der GBR. „Dass man wissen muss, wer Herr im Haus ist“, hält der Richter für einen berechtigten Einwand des Anwalts, aber darüber hinaus gebe es keine weiteren Kündigungsgründe.

Richter empfiehlt Vergleich

Der Richter des Landgerichts hält es für sehr wahrscheinlich, dass das Oberlandesgericht eine Revision zulassen würde, sollten die Kläger in Berufung gehen. Dieses Verfahren könnte mehrere Jahre dauern, weshalb er als Vergleich vorschlage, den Pachtvertrag der Kioskefür ein paar Jahre zu verlängern.

Kläger und Beklagter wollen sich nun außergerichtlich verständigen. „Ich hoffe, ich bekomme ein Angebot bis zu meinem Rentenalter“, sagt Berner.