70 Radler, darunter viele Kinder, sind am Wochenende bei der Kidical Mass in Renningen dabei. Foto: Jürgen Bach/Jürgen Bach

Klare Regeln und Sicherheit im Straßenverkehr sind für Kinder besonders wichtig – nicht zuletzt, wenn sie auf dem Fahrrad unterwegs sind. Für ihre Belange haben sich Teilnehmer der „Kidical Mass“ eingesetzt.

Klarere Verkehrsregeln und breitere Gehwege für die jüngsten Verkehrsteilnehmer auf dem Fahrrad – das sind zwei Forderungen von „Kinder aufs Rad“, der deutschen Version einer weltweiten Aktion für Kinder im Straßenverkehr. Dafür haben am Wochenende zahlreiche Menschen in und außerhalb von Deutschland mit Fahrraddemos protestiert. Auch in Renningen haben sich um die 70 Radler an der sogenannten „Kidical Mass“ beteiligt.

Organisiert hat die Aktion in Renningen Martin Endmann von der ADFC-Gruppe in Renningen. „In Dresden, wo ich studiert habe, habe ich das zum ersten Mal erlebt und habe vergangenes Jahr selbst eine Critical Mass organisiert“, erzählt er. Die Critical Mass ist ebenfalls eine Fahrraddemo, bei der es darum geht, dass das Thema Radverkehr von der Bevölkerung und der Politik stärker wahrgenommen wird. In Renningen findet immer am letzten Donnerstag im Monat eine Raddemo statt (Start um 18.30 Uhr am Ernst-Bauer-Platz).

Verkehrsrecht an vielen Stellen unklar

Die „Kidical Mass“ legt den Fokus auf die kleinsten unter den Radfahrern. Kinder unter acht Jahren dürfen zum Beispiel nicht auf der Straße fahren, sie müssen auf den Gehweg. Die rechtliche Lage sowie die Gegebenheiten vielerorts sind dafür nicht ideal, bedauern Martin Erdmann und die anderen Mitstreiter von „Kinder aufs Rad“.

Die Forderung an den Bund lautet, in mehreren Punkten endlich Rechtssicherheit zu schaffen. „Zum Beispiel, wenn ein siebenjähriges Kind vom Gehweg auf einen Zebrastreifen fährt, muss das Auto dann anhalten? Das ist nicht geklärt“, bedauert Martin Endmann. Denn eigentlich müssen Autofahrer nur für Fußgänger anhalten. Den Wunsch nach breiteren Gehwegen in der Stadt richtet er ganz konkret an die Renninger Stadtverwaltung und den Gemeinderat.

Breitere Gehwege statt Parkplätze?

„Ein bisschen was hat sich in der Vergangenheit getan“, sagt er. „Aber wenn man sich die neuen Baugebiete anschaut, gerade Schnallenäcker II, da haben wir gerade mal Regelmaß für die Gehwege – und die zum Teil nur auf einer Straßenseite.“ Für breitere Gehwege müsste man an anderer Stelle natürlich etwas abknapsen. Hier könnte man bei den Parkplätzen ansetzen, schlägt Martin Endmann vor. „Man könnte sich zum Beispiel fragen, ob man Parkplätze an jedem Straßenrand braucht, oder ob man die nicht besser irgendwo bündeln kann.“

Die erwachsenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Fahrraddemo – viele davon sind nicht vom ADFC, sondern Eltern, Kinder oder andere begeisterte Radler – betrachten die Lage in Renningen für Radfahrer ähnlich. „Ich finde die Situation bei uns nicht schlecht“, sagt eine Mutter. Gerade die Geschwindigkeitsbegrenzungen im Ort hebt sie hervor. „Aber mehr kann man immer machen.“ Eine problematische Stelle in der Hindenburgstraße hebt Judith Schmiedeberg hervor, Ehefrau des FDP-Ratsherrn Oliver Schmiedeberg. Dort gibt es eine Stelle ganz ohne Gehweg. „Mir ist klar, dass es dort schwer ist, etwas zu machen, weil dort viele Häuser stehen.“ Ihren Sohn würde sie dort aber nicht alleine herumfahren lassen.

Ein Wunsch: Mehr Radschnellwege

Mehr Radschnellwege wünscht sich Anita Praefke. Von Böblingen aus ist ein solcher Richtung Leonberg bereits in Planung, die endgültige Streckenführung noch nicht zu 100 Prozent fest. „Eine Verbindung zwischen Renningen und Malmsheim wäre sinnvoll“, findet sie. Die bisherige Verbindung sei bereits ganz gut ausgebaut, doch die Mischnutzung zwischen Fußgängern und Radlern mache die Situation oft schwierig.

Während die Erwachsenen also eine sehr klare Vorstellungen davon haben, wofür sie an diesem Tag aufs Rad steigen, verstehen es die Jüngeren eher als eine nette Radtour mit der Familie, mit Musik – und ein bisschen Polizeibegleitung. „Klar, dass die Kinder diese Forderungen noch gar nicht so wahrnehmen, da fehlt das politische Verständnis“, weiß Martin Endmann. Umso wichtiger sei es, dass man sich für ihre Belange einsetzt und Sicherheit schafft, „weil Kinder ihre Umwelt ganz anders wahrnehmen“.

Mit der Teilnehmerzahl ist er sehr zufrieden. „Mehr könnten es natürlich immer sein“, so Endmann. „Aber das war schließlich die erste Kidical Mass hier, mit den 70 Teilnehmern bin ich daher richtig glücklich.“ Ob die Forderungen später Gehör finden, das wird sich noch zeigen. Nach Erfahrung des ADFC im Kreis Böblingen, zuletzt belegt durch den Fahrrad-Klimatest, nimmt die Stadt Rutesheim in Sachen Fahrrad-Freundlichkeit einen Modellcharakter ein. „Renningen bewegt sich im Mittelfeld“, sagt Jörg Stenner, stellvertretender Vorsitzender des Kreis-ADFC. In Weil der Stadt und vor allem in Leonberg sieht er noch „erhebliches Potenzial“.