Die ARD-Dokumentation „Wie Gott uns schuf“ schlug Wellen. Foto: EyeOpeningMedia/rbb/dpa

Der katholische Marbacher Pfarrer Stefan Spitznagel outete sich Anfang des Jahres. Die Bewegung „#OutinChurch“ hat Zulauf, doch konkrete Beschlüsse blieben bisher aus.

Nach wie vor unzufrieden ist der katholische Marbacher Pfarrer Stefan Spitznagel mit der Haltung des Bistums Rottenburg-Stuttgart gegenüber Homosexuellen. Spitznagel, der sich an der am 24. Januar von der ARD ausgestrahlten Dokumentation „Wie Gott uns schuf“ im Rahmen der Kampagne „#OutinChurch“ für die Rechte gleichgeschlechtlich orientierter Menschen in der römisch-katholischen Kirche beteiligte, äußerte sich frustriert über den bisherigen Fortschritt.

Eine arbeitsrechtliche Gleichberechtigung von Homosexuellen hatten im März der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke und sein Limburger Kollege Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, in Aussicht gestellt. Getan habe sich seitdem aber nichts, beklagt Stefan Spitznagel, der sich auch von einem bevorstehenden Gespräch einer „#OutinChurch“-Delegation mit dem Rottenburger Bischof Gebhard Fürst am 8. Dezember wenig erhofft. „Ich habe den Eindruck, man will zeigen, dass man mit uns redet – wir wollen aber nicht seelsorglich betüddelt werden, wir haben Forderungen.“

Der Pfarrer hat von Mobbing in anderen Bistümern gehört

Der Zuspruch seit Erscheinen des Films, in dem sich bundesweit 125 katholische Mitarbeiter zu ihrer Homosexualität bekannten, sei groß gewesen, erzählt Spitznagel. Inzwischen sei die Zahl derer, die sich ebenfalls mit einem Kurzvideo als queer zeigten, auf rund 500 angestiegen. „Wir haben in jedem Bistum ein eigenes Netzwerk gebildet.“ Ihm sei im Bistum Rottenburg/Stuttgart niemand bekannt, der seinen Arbeitsplatz verloren habe, doch er habe von Mobbing in anderen Diözesen gehört.

In den Vorträgen, die er halte, wolle er zeigen, dass die seiner Meinung nach verfälscht angewandte katholische Sexualmoral jede Kirchengemeinde angehe, sagt Spitznagel. „Als schwule Priester haben wir mit unserem Beamtenstatus ein besseres Standing als eine lesbische Gemeindereferentin.“ Doch selbst der Pflichtzölibat gehe nicht nur die Pfarrer an: „Laut Arbeitsrecht ist ein unverheirateter Pastoralreferent verpflichtet, keine Sexualität zu leben.“ Wenn kirchliche Mitarbeiter wegen solcher Gründe entlassen werden könnten, sei das nicht nur die Sache der Betroffenen, sondern präge die Gemeinde. „Jemanden nur zu dulden ist etwas anderes als ihm Respekt entgegenzubringen und in seiner geschlechtlichen Ausrichtung wertzuschätzen.“

Über einen Entwurf für das kirchliche Arbeitsrecht wird abgestimmt

Grundsätzlich ist auch das Bistum Rottenburg-Stuttgart dieser Meinung, versichert Clemens Stroppel. Der Generalvikar ist Spezialist für Kirchenrecht und wirkt im Verband der Diözesen an einer Neufassung des kirchlichen Arbeitsrechts mit. „Die in der Gottebenbildlichkeit des Menschen gründende Würde kommt uneingeschränkt allen Menschen zu“, sagt er. Der Kernbereich privater Lebensgestaltung, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre, müsse rechtlichen Bewertungen entzogen bleiben. Der Verband der Diözesen stimme noch in diesem Monat über den neuen Entwurf ab.