Dietmar Enderlein und die Helferin Sophia geben Auskunft über die Geschichten zu diesem Schlauchboot. Foto: vv

Vom gestrandeten Schlauchboot bis zum Bubble-Fußball: bedrückende und beglückende Eindrücke am Rande des großen Christentreffens in Stuttgart.

Es ist elf Meter lang und aus kaputtem Plastik – auf ein besonders beeindruckendes Objekt des 102. Katholikentags stößt man eher zufällig. Es liegt versteckt am Rande des Karlsplatzes. Vor dem ehemaligen Café Planie hat die Organisation Sea Eye in Kooperation mit dem Bistum Münster ein Schlauchboot aufgeblasen, mit dem Menschen 2016 übers Mittelmeer geflüchtet sind. Das Boot hat einen Riss. „Die 80 Menschen, die hier drinsaßen, hatten Glück“, sie seien gerettet worden, erzählt Dietmar Enderlein, einer der Ehrenamtlichen von der Organisation. Sonst hätten sie das Schlauchboot gar nicht, das noch ein „qualitativ hochwertiges“ sei, inzwischen sei das Plastik noch dünner. Es lohnt, den Helfer anzusprechen, er kann viel von den Schicksalen der Geflüchteten erzählen, die selbst bei ruhiger See bei der Überfahrt Drei-Meter-Wellen ausgesetzt gewesen seien. Ein Gemisch aus Treibstoff und Salzwasser verätze vielen die Füße. „Knapp zwei Tage sind sie unterwegs, wenn wir sie auffischen“, erzählt Enderlein, der sich „einen prominenteren Platz“ gewünscht hätte, aber es machten trotzdem immer wieder Menschen davor halt.

Wie sich Blindsein anfühlt

Augen öffnen – das wollen viele Initiativen auf dem Katholikentag, die sich verteilt über die Innenstadt präsentieren. Die Caritas Stuttgart zum Beispiel, indem sie am Schlossplatz das Lager eines Obdachlosen aufgebaut hat. Die Christoffel-Blindenmission macht das, indem sie Interessierten an ihrem Stand beim Alten Schloss vor Augen führt, wie es eigentlich ist, blind beziehungsweise fast blind zu sein. Das interessiert ziemlich viele, es gibt eine Schlange. Franzi aus Hamburg hat es bereits ausprobiert und sich eine Brille aufgesetzt, die den grauen Star im Endstadium simuliert. Mit dem Blindenstock in der Hand hat sie einen Hindernisparcours bewältigt. „Wie krass man eingeschränkt ist, das ist schon sehr erstaunlich“, meint die 20-Jährige anschließend. Ihr hat das Erlebnis vor Augen geführt, wie wenig man Barrieren im Alltag wahrnehme. „So etwas sollte jeder mal erlebt haben“, findet die Katholikentagsbesucherin.

Der Fahrer des Bundespräsidenten

Auch der elfjährige Tom hat sein persönliches Aha-Erlebnis auf dem Katholikentag in Stuttgart. Er hat nämlich mit dem Fahrer des Bundespräsidenten gesprochen, der hinterm Neuen Schloss in der auffälligen schwarzen Limousine gewartet hat. Da habe er erfahren, dass der zwar „kein Karate“ könne, aber das auch gar nicht müsse, weil er in einem vier Tonnen schweren Auto sitze. Ein Höhepunkt für den Jungen, der sogar sehen durfte, wie dick die Fensterscheibe ist – „sehr dick“. Jetzt ist Tom mit seinem Vater im Stadtgarten, wo die Salesianer Don Boscos ein Zirkuszelt aufgebaut haben. Dort will er am Mitmachzirkus teilnehmen und schnappt sich gleich mal ein Diabolo.

Auch draußen auf der Wiese ist für Familien viel geboten. „Das hat mega Spaß gemacht“, ruft der 13-jährige Jan-Niklas, als er auf seine Mutter Sabine zurennt. Die Familie ist aus Würzburg angereist und schläft in der Jugendherberge. Gerade waren sie beim Eröffnungsgottesdienst auf dem Schlossplatz, nun konnte Jan-Niklas beim Bubble-Fußball mitmachen. Dabei schlüpft man in aufgeblasene Riesenkugeln. Foulen tut also in den allermeisten Fällen nicht weh, weil man gut gepolstert ist. Das wollten ziemlich viele Kinder erleben, nicht nur Jan-Niklas. Der Andrang ist groß, größer als erwartet, wie auch einer der Helfer erzählt. Aber der Katholikentag dauert ja noch bis Sonntag.