Karin Müller mit ihrem selbst entworfenen Liebling, dem blauen Oktopus. Foto: /Marion Brucker

Die Oberboihinger Künstlerin Karin Müller hat das Filzen für sich entdeckt und erschafft damit märchenhafte und magische Figuren – darunter Trolle, Eulen und Hochlandrind.

Auf dem Kamin steht eine Vase mit einem Strauß roter und weißer Amaryllis, daneben sitzt ein Troll auf einer Bank, aus dem Fenster schaut ein Feuerfisch auf die Straße, zu seinen Füßen rekelt sich auf einem Schemel ein Oktopus und gegenüber blickt ein Hochlandrind in den Raum. Es sind alles Werke aus Filz, die Karin Müller aus Oberboihingen geschaffen hat und die in ihrem Wohnzimmer ein Blickfang sind.

Besonders der Troll zieht die Aufmerksamkeit der Gäste auf sich. Unter seinen gekreuzten Beinen verbirgt er ein wie echt aussehendes Gemächt. Doch ihre Lieblingsfiguren sind Feuerfisch, Oktopus und Highlander. Vor mehr als zehn Jahren hat die gelernte Industriekauffrau für sich das Filzen als Hobby entdeckt. „Wolle ist ein so schönes Material, aber Stricken liegt mir nicht“, sagt die 51-Jährige. Deshalb hat sie sich nach einem Filzkurs umgesehen. Bei Andrea Baumann in Unterensingen wurde sie fündig.

Im gefilzten Tintenfisch steckt jede Menge Arbeit

Ihr erstes Werk war ein kleines Monster mit einem Loch, um Gegenstände aufzubewahren, erinnert sie sich. Müller hat es neulich ihrer Nichte für deren Arbeitsplatz in einer Kinderkrippe geschenkt. Sie ist eine der wenigen, die ein Kunstwerk aus Filz von ihr besitzen. Ihr Mann habe ihr auch schon empfohlen, sie zu verkaufen. Aber: „Es fällt mir schwer, mich von meinen Figuren zu trennen“, sagt sie. Unzählige hat sie schon gefertigt, darunter Ammoniten, Eulen, Hunde, Drachen und Trolle mit bunten Haaren. „Manche finden sie kitschig, manche sind total begeistert“, sagt die Hobbykünstlerin, die sich auf Figuren spezialisiert hat. Sie nimmt den kobaltblauen Oktopus von seinem Stammplatz. Auf ihn ist sie sehr stolz: Neulich ist er in einer Fachzeitschrift für Filzen abgebildet worden, erzählt sie. Doch das ist nicht der einzige Grund: Sie hat im Gegensatz zu vielen ihrer anderen Werke nicht nach fremder Vorlage gearbeitet, sondern ihrer Kreativität freien Lauf gelassen.

„Den Tintenfisch habe ich mir selbst überlegt und mir Gedanken gemacht, wie was umzusetzen ist“, sagt sie. Besonders die Saugnäpfe an den Tentakeln seien eine Herausforderung gewesen. Müller experimentierte, wie sie diese fertigen könnte. Am Schluss hat sie Trinkhalme als Schablone genommen und sie mit einer Filzplatte überzogen. Drei bis vier Stunden sei sie pro Tentakel – insgesamt sind es acht – allein für die Saugnäpfe beschäftigt gewesen. Hinzu kam die Zeit für den Körper des Tintenfisches. Er ist eine Arbeit aus nassem Filz, erklärt Müller die unterschiedlichen Herstellungsmethoden. Sie greift zum Kopf des Highlanders, dem schottischen Hochlandrind. Ihn hat sie unter Anleitung aus Alpakawolle trocken mit speziellen Nadeln gefilzt, die kleine Widerhaken haben. Einmal jährlich besucht sie einen mehrtägigen Kurs, um ihre Technik zu verfeinern und sich weiterzuentwickeln. Müller streicht durch die langen Haare des Kuhkopfes, sodass das Tier den Betrachter aus braunen Augen anblickt, die – mit Wimpern eingerahmt – geradezu echt wirken. Die Details machen es aus, sie verleihen den Figuren einen besonderen Ausdruck, meint sie.In den Kursen erhalte sie immer wieder neue Tipps und Anregungen. „Und sie haben den Vorteil, dass ich an einem Stück an einer Arbeit bleiben kann“, sagt Müller.

Ein Giraffenkopf aus Filz ist in Planung

Ansonsten widmet sich die berufstätige 51-Jährige, die seit mehr als 20 Jahren in der Buchhaltung eines großen Autozulieferers arbeitet, immer wieder abends oder am Wochenende ihrem Hobby. „Das Filzen ist ein Ausgleich zum Alltag. Ich habe Freude daran“, sagt sie. Als nächstes Projekt schwebt ihr ein Giraffenkopf aus Filz vor. Bis wann dieser im Wohnzimmer bei den anderen sein wird, das ist offen.