Am Ferdinand-Porsche-Gymnasium in Stuttgart gibt es seit diesem Sommer Spender für Hygieneartikel. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko

Nicht jede Frau hat genug Geld für Periodenartikel wie Binden. Warum gibt kein flächendeckendes kostenloses Angebot?

Bis zu 20 000 Euro – das geben Frauen verschiedenen Berechnungen zufolge im Laufe ihres Lebens für Binden, Tampons oder Menstruationstassen aus. In einer Umfrage der Hilfsorganisation Plan International gab 2021 fast jede vierte Befragte in Deutschland an, die Ausgaben für die Periode seien eine finanzielle Belastung. Etwa jede zweite könnte sich besser versorgen, wären die Produkte günstiger. Periodenarmut nennt es sich, wenn Mädchen und Frauen sich nicht genug Hygieneartikel leisten können und deshalb zum Beispiel zu Hause bleiben müssen, während sie bluten.

Die Politik hat dagegen 2020 einen ersten Schritt unternommen und senkte die Mehrwertsteuer auf sieben Prozent. Anderswo geht man weiter. Schottland hat diesen Sommer nach eigenen Angaben als erste nationale Regierung den kostenlosen Zugang zu Tampons und Binden in ein Gesetz gegossen.

In Baden-Württemberg sind es bislang nur einzelne Kommunen, in denen sich Frauen und Mädchen mit Gratisprodukten versorgen können. So gibt es in Heidelberg und Karlsruhe seit diesem Herbst probeweise kostenlose Menstruationsartikel, unter anderem an einzelnen Schulen, in Jugendhäusern und städtischen Gebäuden. Seit Anfang des Jahres stehen in Tübingen 23 Binden- und Tamponspender in Schulen, öffentlichen Gebäuden und Toiletten. 10 000 Euro kostet das die Stadt. In Stuttgart sind es die Uni und einzelne Schulen, die Binden und Tampons zur Verfügung stellen. Die Stadt ermittelt, inwieweit sie Toiletten der Rathäuser und Bürgerbüros so ausstattet.

Dass der Kampf gegen Periodenarmut vom Wohnort abhängt, gefällt dem Landesfrauenrat nicht. „Menstruationsartikel sollten in allen öffentlichen Einrichtungen, insbesondere Schulen und Universitäten, kostenlos zur Verfügung stehen“, sagt die zweite Vorsitzende Verena Hahn unserer Zeitung. Zuständig in der Finanzierung sieht sie den Bund. „Das sollte nicht an den knappen Kassen einzelner Kommunen scheitern.“ Eine bundesweite Kampagne würde zugleich helfen, das Thema Menstruation zu enttabuisieren. Auch Frauenpolitikerinnen im Land wie die Landtagsabgeordneten Stefanie Seemann (Grüne) und Alena Trauschel (FDP) fordern, dass Hygieneprodukte auf öffentlichen Toiletten zur Verfügung stehen sollten.

Land sieht Verantwortung bei Kommunen

Aber könnte nicht das Land selbst dafür sorgen? „Eine pauschale Antwort gibt es nicht, da die öffentlichen Gebäude in unterschiedlicher Zuständigkeit sind. Wichtig ist, dass das Problembewusstsein überall wächst“, sagt Stefanie Seemann. Das Sozial- und Gesundheitsministerium sieht die Verantwortung klar bei den Kommunen: „Für die Ausstattung öffentlicher Einrichtungen mit Gütern des täglichen Bedarfs, wozu auch Menstruationsprodukte gehören, sind grundsätzlich die lokal Verantwortlichen zuständig“, so ein Sprecher.

Auch was die Schulen anbelangt, verweist das zuständige Kultusministerium an die Kommunen. Diese seien für die Ausstattung von Schulen, also auch von Schultoiletten, zuständig. Da dürfe das Land gar nicht eingreifen. „Wir begrüßen und sehen es sehr positiv, wenn Schulen oder Schulträger kostenlose Menstruationsartikel anbieten“, sagte eine Sprecherin. Gleichberechtigung und gegenseitige Rücksichtnahme seien auch Kernbestandteile des Bildungsplans.

Gratisproben vom Hersteller

Zur Finanzierung der Gratisbinden und -tampons verweist das Ministerium darauf, dass die Schulen auf kostenlose Proben der Hersteller zurückgreifen könnten oder Gelder von Fördervereinen. Außerdem könnten die Kommunen solche Angebote über die Gelder finanzieren, die das Land den Kommunen als Schullastenausgleich überweist. Grundsätzlich stellt das Land den Schulträgern einen sogenannten Schullastenausgleich im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zur Verfügung, über den die Kommunen jährlich mehr als eine Milliarde Euro erhalten. Die Mittel sind nicht zweckgebunden und können daher von den Kommunen für verschiedene Zwecke verwendet werden.

Dass ein kostenloses Angebot nicht nur bei denen gut ankommt, die knapp bei Kasse sind, hat die Studierendenvertretung der Universität Stuttgart (Stuvus) erfahren. In einem Pilotprojekt legte Stuvus fünf Monate lang Gratisbinden und -tampons auf 13 stark frequentierten Toilettenräumen der Uni aus. „Endlich muss ich nicht mehr nach Hause, wenn ich in der Uni überraschend meine Periode bekomme.“ – „Ich habe sonst Mühe, mir Hygieneprodukte zu finanzieren.“ – „Tolles Projekt.“ Rückmeldungen dieser Art hätten sie viele bekommen, erzählte Felicitas Leese von Stuvus. Mittlerweile finanziert die Uni das Projekt selbst weiter. Aber auch das hatte das Pilotprojekt ergeben: Die Nachfrage war weniger hoch als gedacht.